Änderungen bei der Qualitätssicherung zur Versorgung von Frühgebo- renen – Ist die Landeshauptstadt München vorbereitet?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 8.11.2016
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„In Deutschland kommen jährlich ca. 9.000 Frühchen mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm zu Welt. Um die Versorgung dieser Frühge- borenen sicherzustellen, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Richtlinie zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgebo- renen gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 SGB V im Jahr 2005 erlassen. Durch einen Beschluss von 2015 wird in dieser Richtlinie der derzeitige Betreuungsschlüssel ab 1.1.2017 für die Versorgungsstufe I (Perinatalzentrum Level 1) und Versorgungsstufe II (Perinatalzentrum Level 2) erhöht. Dabei muss dann bei intensivthera- piepflichtigen Frühgeborenen eine Pflegekraft ein Frühchen betreuen. Bei einer Rund-um-die-Uhr-Überwachung auf der Intensivstation darf eine Pfle- gekraft höchstens zwei Kinder betreuen.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Zunächst bedanke ich mich für die Fristverlängerung und kann jetzt die einzelnen Punkte Ihrer Anfrage wie folgt beantworten:
Frage 1:
Sind in den Münchner Krankenhäusern genügend Betten für intensivthera- piepflichtige Frühgeborene in Level 1 vorhanden?
Antwort:
Der Krankenhausplan des Freistaates Bayern (Stand 1. Januar 2016, 41. Fortschreibung) weist für München insgesamt 84 neonatologische Intensivbehandlungsplätze aus. Davon sind 74 Plätze in Kliniken der höchsten Versorgungsstufe (Perinatalzentrum Level 1), 6 Plätze in Kliniken der Versorgungsstufe II (Perinatalzentrum Level 2) und 4 Plätze in Kliniken der Versorgungsstufe III (perinataler Schwerpunkt) vorgesehen. Rückmeldungen aus den Münchner Klinken zeigen jedoch, dass die im Krankenhausplan vorgegeben Plätze aufgrund der Personalknappheit auf den neonatologischen Stationen nicht in vollem Umfang betrieben werden können und es somit gegebenenfalls zu Engpässen in der Versorgung kommen kann.Frage 2:
Wie viele Betten können in München zur Verfügung gestellt werden?
Antwort:
Das Referat für Gesundheit und Umwelt hat Ende September 2016 die Leitungen der neun Münchner Kliniken mit geburtshilflichen und/oder neonatologischen Abteilungen zur Versorgungssituation befragt (darunter auch Kliniken mit mehreren Standorten in München). Bis auf zwei Kliniken, jeweils mit geburtshilflicher und neonatologischer Abteilung, haben sich alle angefragten Kliniken an der Befragung beteiligt. Insgesamt wurden dem Referat für Gesundheit und Umwelt 46 neonatologische Intensivbehandlungsplätze (alle in Kliniken der höchsten Versorgungsstufe Level 1) gemeldet, die mit Personal betrieben werden können (Stand 30.11.2016). Im Krankenhausplan des Freistaates Bayern sind für die beiden Kliniken, die keine Rückmeldung gegeben haben, insgesamt zehn Intensivbehandlungsplätze ausgewiesen.
Zusätzlich stehen in den Kliniken Intensivüberwachungsbetten (IMC, Intermediate Care) zur Verfügung, die jedoch nicht im Krankenhausplan aufgelistet sind. Vollständige Informationen über die vorhandenen Intensivüberwachungsbetten in den Münchner Kliniken liegen dem Referat für Gesundheit und Umwelt nicht vor.
Frage 3:
Was macht die Landeshauptstadt München um das Soll an Pflegebetten zu erreichen?
Antwort:
Für den Freistaat Bayern stellt das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit unter Mitwirkung des Bayerischen Kranken-
hausplanungsausschusses den Krankenhausplan auf. Es obliegt der Krankenhausplanung, die Standorte und die stationären Leistungsangebote der Krankenhäuser festzulegen und eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. Um die im Krankenhausplan bezifferte Bettenanzahl auch vorhalten zu können, haben die Krankenhäuser der Städtisches Klinikum München GmbH (StKM) – als kommunale Einrichtungen – bereits mehrere Maßnahmen zur Personalentwicklung und Personalgewinnung ergriffen. Hierzu sei auf die Beantwortung der Fragen 6 und 7 verwiesen.
Frage 4:
Wie sieht der derzeitige Versorgungsschlüssel für Frühgeborene bei den Krankenhäusern in München derzeit aus?Antwort:
Die aktualisierte Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen (Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene/ QFR-RL, Fassung vom 20.9.2005, letzte Änderung 27.11.2015, in Kraft getreten am 4.2.2016) fordert für Perinatalzentren (Level 1 und 2) einen permanenten Betreuungsschlüssel von mindestens einer Gesundheits- und Kinderkrankenpflegekraft je intensivtherapiepflichtigem Frühgeborenen unter 1.500 g. Bei intensivüberwachungspflichtigen Frühgeborenen liegt der Schlüssel bei mindestens einer Gesundheits- und Kinderkrankenpflegekraft je zwei Frühgeborenen unter 1.500 g. Dieser genannte Betreuungsschlüssel wurde erstmalig in die Richtlinien-Version vom 20.6.2013 integriert (in Kraft getreten am 1.1.2014) und besitzt seitdem Gültigkeit. Bislang konnten Krankenhäuser bis zum 1. Januar 2017 unter begründenden Umständen von diesem Schlüssel abweichen. Laut dem aktuellen GBA-Beschluss vom 15.12.2016 ist diese Frist auf den 31.12 2019 verlängert worden (dem Beschluss muss noch das Bundesministerium für Gesundheit zustimmen). Diese Verlängerung kann laut einer Pressemitteilung des GBA vom 15. Dezember 2016 nur gewährt werden, wenn das jeweilige Perinatalzentrum auf Landesebene eine konkrete Zielvereinbarung abschließt.
Rückmeldungen aus den Kliniken zeigen, dass derzeit noch nicht alle Krankenhäuser die Anforderungen der QFR-RL erfüllen können. Genauere Angaben über den derzeitigen Versorgungsschlüssel für Frühgeborene in den einzelnen Münchner Krankenhäusern liegen dem Referat für Gesundheit und Umwelt nicht vor.
Frage 5:
Welche Pläne gibt es, um die Mehrpflegebedarfe ab 2017 zu erreichen?
Antwort:
Die im September 2016 durchgeführte Klinikbefragung (siehe Antwort auf Frage 2) belegt, dass die Münchner Kliniken mit neonatologischen Abteilungen derzeit alles daran setzen, um den Pflegepersonalmangel abzufangen. Die Krankenhäuser versuchen mit Nachdruck, qualifiziertes Personal zu gewinnen und fördern zudem die Intensivfachweiterbildung ihrer vorhandenen Pflegekräfte.
Das Referat für Gesundheit und Umwelt strebt darüber hinaus an, im Jahr 2017 die von der Akademie des Städtischen Klinikums München geplante pädiatrische Weiterbildung der Pflegekräfte zu betrauen. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, dem derzeit bestehenden Pflegepersonalmangel in der Pädiatrie entgegenzuwirken.Frage 6:
Ist die Städtische Klinikum München GmbH schon tätig geworden, um das benötigte Personal zu akquirieren?
Antwort:
Wie die Geschäftsführung der Städtische Klinikum München GmbH betont, werden derzeit große Anstrengungen unternommen, um neue Pflege-
kräfte zu gewinnen. Dennoch zeigt die Praxis, dass der Arbeitsmarkt im Pflegebereich in Ballungsräumen wie München stark umkämpft ist und ein grundsätzlicher Mangel an Pflegekräften auf dem Markt besteht. Überbrückend werden daher zusätzlich Leiharbeitskräfte eingesetzt.
Frage 7:
Kann das vorhandene Personal gegebenenfalls geschult bzw. weitergebil- det werden? Wenn ja, wie und bis wann erfolgt dies?
Antwort:
Die Rückmeldungen der im September 2016 durchgeführten Klinikbefragung (siehe Antwort auf Frage 2) belegen, dass derzeit zahlreiche Pflegekräfte an Münchner Klinken eine Intensivweiterbildung durchlaufen. Auch in den beiden städtischen Kliniken mit neonatologischen Abteilungen wird diese Weiterbildung unterstützt und von den vorhandenen Pflegekräften gut angenommen. Eine der beiden städtischen Kliniken berichtet, dass die aktuell beschäftigten Pflegekräfte ihre Intensivweiterbildung größtenteils abgeschlossen haben beziehungsweise seit Langem im Intensivbereich tätig sind.
Frage 8:
Wird der neu eingerichtete „Runde Tisch für Pflege an Münchner Kranken- häusern“ dieses Thema aufgreifen und besprechen?
Antwort:
Wie im Beschluss Einrichtung des „Runden Tisch für Pflege an Münchner Krankenhäusern“ (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 06576 vom 22.9.2016) dargestellt, wird sich der Runde Tisch für Pflege umfassend mit der Situation der Pflegekräfte und Hebammen in Münchner Kliniken befassen. Es werden hierbei auch die Themen der Kranken- und Kinderkrankenpflege einschließlich der neonatologischen Intensivpflege behandelt.