Es brennt und raucht – aber „sämtliche Anforderungen“ der Stadt sind erfüllt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 30.6.2017
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Sie haben am 30.6.2017 folgende schriftliche Anfrage gemäß § 68 GeschO gestellt:
„Wir wurden informiert, dass es in den Jahren 2017 und 2016 in Goethestraße 23 und Landwehrstraße 40 wiederholt zu Bränden in Grillanlagen und Kaminen bzw. Abluftschächten kam, die vermutlich durch dort befindliche Restaurants verursacht wurden. Feuerwehreinsätze mit Räumungen der Häuser waren zur Brandbekämpfung erforderlich. Anbei ein Foto vom Brand in der Landwehrstraße 40.
Zudem beklagen Anwohner regelmäßigen Rauchgeruch und Feinstaubausstoß durch die Grillanlagen in Goethestraße 17, 23 und Landwehrstraße 40. Die Emissionen würden bis in ihre Wohnungen gelangen. Auf Nachfrage bei der Stadt München wurde von Seiten der zuständigen Bezirksinspek- tion lapidar mitgeteilt, dass die Anlagen ‚sämtliche Anforderungen‘ entsprächen. Anbei ein Foto vom Rauchausstoß in der Landwehrstraße 40.
Auf der Suche nach einer zur Überwachung verantwortlichen Dienststelle wurde ein Bürger vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) an die Lokalbaukommission (LBK) des Referates für Stadtplanung und Bauordnung verwiesen und von der LBK wieder ans KVR. Eine Einsichtnahme in die baurechtlichen Genehmigungsbescheide verweigerte die Lokalbaukommission mit der Begründung dieses Recht stände dem Mieter nicht zu.“
Zu Ihrer Anfrage nimmt das Kreisverwaltungsreferat, in Einbindung der Stellungnahmen der Fachreferate (RGU, DIR, PLAN), wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wann und wo brannte es in den Anwesen Goethestraße 23 und Landwehrstraße 40 in den Jahren 2016 und 2017 und was waren die Brand- ursachen?
Antwort:
Im Anwesen Goethestraße 23 brannte es in den Jahren 2016 und 2017am 16.8.2016 und im Anwesen Landwehrstraße 40 am 25.6.2016 und am 29.5.2017.
Es handelte sich in allen Fällen um einen sogenannten Kaminbrand in einem Restaurant.
Das Anwesen in der Landwehrstraße 40 war circa 14 Tage vor dem Brand am 29.5.2017 durch den Bezirkskaminkehrer auf Mängelfreiheit geprüft worden. Die Brandursache sei wohl auf einen technischen Defekt im Ventilatormotor zurückzuführen.
Die Brandursache in der Goethestraße 23 ist nach augenscheinlicher Einschätzung der Branddirektion auf Verunreinigungen und Fettablagerungen im Kaminrohr zurückzuführen. Eine abschließende Bewertung der Brandursache liegt weder der Branddirektion noch der Bezirksinspektion vor.
Frage 2:
Welche baurechtlichen, brandschutzrechtlichen, gaststättenrechtlichen, gewerberechtlichen und immissionschutzrechtlichen Genehmigungen etc. sind für den Betrieb derartiger Grillrestaurants erforderlich und von welchen Behörden der Landeshauptstadt München werden diese auf Basis welcher Rechtsgrundlagen erteilt?
Antwort:
Gaststätten sind gemäß Art. 55 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) baurechtlich genehmigungspflichtig, soweit in Art. 56 bis 58, 72 und 73 BayBO nichts anderes bestimmt ist. Baugenehmigungen werden durch die Lokalbaukommission als Untere Bauaufsichtsbehörde erteilt. Die Lokalbaukommission beteiligt nach Art. 65 Abs. 1 Satz 1 BayBO im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die vom Bauantrag betroffenen Stellen, hierzu gehört auch die Branddirektion – in Ihrer Funktion als Fachbehörde – für die Belange des vorbeugenden Brandschutzes. Zudem muss bei Sonderbauten sowie Gebäuden der Gebäudeklasse 5 der Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt sein oder dieser wird unter Einbindung der Branddirektion bauaufsichtlich geprüft (Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO).
Bei Bestandsgebäuden werden in regelmäßigen Abständen im Rahmen der Feuerbeschau brandschutztechnische Risikobewertungen, gem. Feuerbeschauverordnung (FBV), durchgeführt. Die betriebliche Mängelprüfung durch die Branddirektion erfolgt auf Grundlage der Verordnung über die Verhütung von Bränden (VVB). Baulich relevante Brandschutzmängel werden der Unteren Bauaufsichtsbehörde als zuständige Behörde mitgeteilt.Sofern die Betriebe als erlaubnisfreie Gaststätten i. S. d. § 2 Abs. 2 Gaststättengesetzes (GastG) betrieben werden – Abgabe alkoholfreier Getränke und zubereiteter Speisen – bedarf es keiner weiteren gaststättenrechtlicher Erlaubnis.
Gleichwohl ist auch bei erlaubnisfreien Gastronomiebetrieben im Küchenbetrieb eine ausreichende geruchsreduzierende und insgesamt geeignete Küchenbelüftung (Zu- und Abluft) einzurichten (DIN 2052).
Bei Bekanntwerden von Mängeln an der Lüftungsanlage oder nachweisbaren Lärmbelästigungen, welche das zumutbare Maß übersteigen, können durch die Bezirksinspektion Anordnungen unter Zwangsgeldandrohung erlassen werden.
Die dem zuständigen Kaminkehrermeister vorliegenden Mängel über nicht ordnungsgemäß gereinigte Abluftanlagen, wurde durch die Betroffenen jeweils zeitnah durch Nachweis von Reinigungsnachweisen abgeholfen, so dass keine weitergehenden Maßnahmen notwendig waren.
Frage 3:
Liegen für die Betriebe in den Anwesen Goethestraße 17, 23 und Land- wehrstraße 40 alle erforderlichen Genehmigungen etc. vor und sind diese nach Kenntnis der Stadt München rechtmäßig und bestandskräftig? Wieso kam es dann trotzdem wiederholt zu Bränden mit Feuerwehreinsätzen?
Antwort:
Für die Gaststätten in der Goethestraße 23 und Landwehrstraße 40 liegen beziehungsweise lagen die erforderlichen Baugenehmigungen vor. Weitere gaststättenrechtliche oder gewerberechtliche Genehmigungen sind beziehungsweise waren nicht erforderlich (§ 2 Abs. 2 GastG).
Der Gastronomiebetrieb in der Landwehrstraße 40 wurde, laut der zuständigen Bezirksinspektion Mitte, mittlerweile geschlossen.
Sofern es trotz aller vorliegenden Genehmigungen zu Bränden kommt, ist dies üblicherweise auf eine fehlerhafte Handhabung von Geräten oder menschliches Versagen zurückzuführen. Diese Betriebsrisiken können trotz entsprechender Prüfungen durch die zuständigen Referate nicht vollumfänglich ausgeschlossen werden.
Frage 4:
Tragen die Grillrestaurants, sofern Verursacher der Brände, die Kosten der Feuerwehreinsätze? Falls nein, warum nicht?Antwort:
Gemäß Art. 28 Bayerisches Feuerwehrgesetz (BayFwG), sind derartige Einsätze in der Regel nicht kostenpflichtig. Im Falle einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Handlung ist jedoch eine Kostenübernahme durch den Verursacher zu prüfen. Die Frage der Schuldform wird jedoch durch die zuständigen Ermittlungsbehörden geklärt (in der Regel Polizei).
Frage 5:
Welche Stellen der Landeshauptstadt München überwachen bei derartigen Anlagen die Emissionen von Rauch und Feinstaub und in welchem Turnus? Welche Messergebnisse liegen zu den Anlagen in Goethestraße 17, 23 und Landwehrstraße 40 vor?
Antwort:
Die Überwachung von Feuerstätten und Dunstabzugsanlagen obliegt dem bevollmächtigen Bezirksschornsteinfeger (BBS) als beliehenem Unternehmer (§ 13 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) und §§ 9 i. V. m. 23 Abs. 2 Satz 1 VVB. Dieser wird durch das Referat für Gesundheit und Umwelt in seiner Funktion als untere Aufsichtsbehörde für das Schornsteinfegerwesen überwacht. Sofern hierbei Mängel baulicher Art festgestellt werden sollten, die auch auf eine Mahnung nicht behoben werden, sind diese gemäß § 5 SchfHwG der Lokalbaukommission zur weiteren Verfolgung auf Grundlage des Art. 54 Abs. 2 BayBO vorzulegen.
Der für die fraglichen Anwesen zuständige BBS kontrollierte die Dunstabzugsanlagen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zweimal im Jahr (§§ 9 i. V. m. 23 Abs. 2 Satz 1 VVB). Für die genannten Anwesen sind keine Mängelmitteilungen aktenkundig. Es ist daher anzunehmen, dass diese mängelfrei sind bzw. auftretende Mängel unmittelbar nach der Feststellung behoben wurden.
Emissionsmessungen sind an Grillanlagen nicht durchzuführen, da es sich hierbei nicht um Feuerungsanlagen i. S. d. § 2 Nr. 5 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. Bundesemissionsschutzgesetz) handelt und diese daher dem Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht unterliegen. Anderweitige gesetzliche Regelungen, die eine Messpflicht für Grillanlagen begründen würden, existieren nicht. Daher liegen auch keine Messergebnisse vor.
Frage 6:
Wie viele derartige Grillanlagen werden im Stadtgebiet betrieben?Antwort:
Über die Anzahl von Grillanlagen werden bei der Gaststättenbehörde keinerlei Statistiken geführt.
Frage 7:
Warum werden nicht im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes Elektrogrills verwendet, um eine Feinstaubreduzierung in der Stadt zu er- reichen?
Antwort:
Die Verwendung von Elektrogrills basiert auf der freiwilligen Entscheidung der einzelnen Gastronomiebetriebe und kann nicht verpflichtend angeordnet werden. Da weder bei herkömmlichen Grillanlagen, noch bei Elektrogrills Emissionsmessungen durchgeführt werden, kann hinsichtlich einer möglichen Feinstaubreduzierung auch keine Aussage getroffen werden.
Frage 8:
Kann einem betroffenen Mieter, sofern nicht schon eine Einsichtnahme in die Genehmigungen etc. aufgrund fachrechtlicher Vorschriften möglich ist, eine (zumindest teilweise) Einsichtnahme aufgrund des allgemeinen Infor- mationsanspruchs aus Art. 36 BayDSG oder der städtischen Informations- freiheitssatzung gewährt werden? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Besteht aufgrund fachrechtlicher Bestimmungen des Bau- und Planungsrechtes kein Anspruch des Mieters auf Einsichtnahme in die baurechtlichen Genehmigungsbescheide, dann besteht auch kein Anspruch auf Einsichtnahme beziehungsweise Auskunft aufgrund von Art. 36 BayDSG bzw. der Informationsfreiheitssatzung, weil schützenswerte Daten eines Dritten (im konkreten Fall die schutzwürdigen Belange der Eigentümer) der Einsichtnahme/Auskunft entgegenstehen.
Einem Verfahrensbeteiligten kann zur Geltendmachung oder Verteidigung seiner rechtlichen Interessen eine teilweise Akteneinsicht von der Behörde gewährt werden, wenn dies erforderlich ist. Ein Anspruch auf Akteneinsicht durch möglicherweise betroffene Mieterinnen/Mieter besteht grundsätzlich nicht, sofern diese nicht Beteiligte des Baugenehmigungsverfahrens sind.