Etwa 550 Zwangsarbeiterinnen waren in Giesing von 1944 bis 1945 im Giesinger Außenlager der Agfa-Kamerawerke des KZ-Dachau interniert. Heute findet sich dort der Wohnkomplex Weißenseestraße 7-15. Mit seinem Kunstprojekt „KAMERA“ macht Alexander Steig mittels einer Skulptur und einer Veranstaltungsreihe auf die historische und wenig bekannte Besonderheit der Wohnanlage sowie auf das Thema Zwangsarbeit in Giesing aufmerksam.
Das Gedenkprojekt „KAMERA“ wird am Sonntag, 24. September, 11 Uhr, an der Weißenseestraße 7 eröffnet. Nach einer Begrüßung durch Kerstin Möller vom Kulturreferat hält der Filmwissenschaftler Dr. Simon Frisch von der Bauhaus-Universität Weimar eine Einführung.
Vom Sonntag, 24. September, bis Sonntag, 22. Oktober, ist auf dem Grünstreifen Weißenseestraße 7 ein dunkler, rechteckiger Baukörper zu sehen, der an ein Kameragehäuse erinnert. Die Platzierung der Installation orientiert sich an der ehemaligen Lagerumgrenzung. Das Lager war mit einer Stacheldrahtumzäunung und vier Wachhäusern an den Außenseiten versehen. Agfa, ein Unternehmen der chemischen Industrie damals mit Sitz an der Tegernseer Landstraße, produzierte neben dem Rollfilm auch Fotoapparate und Filmkameras. Der Titel des Projektes „KAMERA“ nimmt darauf Bezug.
Neben der Intervention findet in Kooperation mit dem Kulturzentrum Giesinger Bahnhof von Montag bis Donnerstag, 25. bis 28. September, ein Begleitprogramm im Giesinger Bahnhof statt. Ein Vortrag informiert über das Thema Zwangsarbeit bei Afga, historische Hintergründe und aktuelle Wahrnehmung. Eine Podiumsdiskussion thematisiert Gedenk- und Erinnerungskunst. Ein umfänglicher Erinnerungsbericht der Niederländerin Hendrika Jacoba (Kiky) Gerritsen-Heinsius schildert eindringlich und ausführlich die schweren Arbeitsbedingungen im Werk und das Leben im KZ-Außenlager in der Weißenseestraße. Der Bericht wird am Mittwoch, 27. September, 19 Uhr, bei der Lesung vorgestellt. Zusätzlich informiert eine Info-Box der Stadt München vor Ort über das Projekt. Informationen dazu gibt es unter www.kamera-projekt.de und www.muenchen.de/kunst. „KAMERA“ von Alexander Steig ist das sechste und letzte Projekt der diesjährigen Reihe „München rechts der Isar“ der Kunst im öffentlichen Raum des Kulturreferats der Landeshauptstadt München. Münchner Künstlerinnen und Künstler standen dabei zwischen Juli und Oktober mit ausgewählten Orten und Plätzen in Giesing, Haidhausen und Harlaching in einem temporären Kunstdialog.
Der Maler und Bildhauer Alexander Steig (geboren 1968 in Hannover) hat sich seit Mitte der 1990-er Jahre den Neuen Medien zugewendet. Seine künstlerische Arbeit stellt Fragen nach gesellschaftlichen Kontrollmechanis- men, dem damit einhergehenden Intimitätsverlust und der ambivalenten Rolle der Massen- und Kommunikationsmedien.