Die Belastung von Mikroplastik in München reduzieren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Dominik Krause, Sabine Krieger, Sabine Nallinger, Hep Monatzeder und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 2.11.2016
Antwort Baureferat:
Wie in Ihrem Antrag vom 2.11.2016 bereits ausgeführt, ist Mikroplastik im globalen Wasserkörper in der Öffentlichkeit ein intensiv diskutiertes Thema. Sie weisen auf eine Studie des Alfred-Wegener-Institutes zum Rückhaltepotential eines Scheiben-Tuchfilters in der Kläranlage in Oldenburg hin und fordern die Münchner Stadtentwässerung (MSE) zur Befassung mit dem Thema sowie zur Überprüfung des Einsatzes in München auf.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit der Münchner Stadtentwässerung, da die Beobachtung der technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Abwasserreinigung eine Daueraufgabe darstellt, deren Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 GO und § 3 Abs. 2, 4 BetriebsS der Werkleitung obliegt. Es sind keine Auswirkungen auf Gebühren oder Kosten damit verbunden. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 2.11.2016 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Zukünftige Herausforderungen und Entwicklungen in der Abwasserreinigung werden bei der MSE aktiv beobachtet und bearbeitet und in die langfristigen Strategien integriert. Die Fachdiskussion zum Thema Mikroplastik und Tuchfiltrationsanlagen ist ein wichtiger Teil der Aktivitäten.
Tuchfiltrationsanlage des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV)
Bei der von Ihnen angesprochenen Tuchfiltration handelt es sich um eine Anlage aus dem Jahr 2006. Nach Informationen des Betreibers wurde die Anlage seinerzeit in Betrieb genommen, um den Austrag an abfiltrierbaren Stoffen in den Vorfluter Hunte zu verringern. Ein Mikroplastik-Rückhalt stand bei der damaligen Planung nicht im Fokus und kann eher als Nebeneffekt bezeichnet werden. Durch Stichproben wurde vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung der prozentuale Partikelrückhalt des Tuchfilters ermittelt. In dieser Momentaufnahme konnte der Filter 97% der Mikroplastikpartikel zurückhalten. Eine Differenzierung und der Vergleichder Rückhaltepotentiale einzelner Reinigungsstufen (mechanische und biologische Reinigung) wurden nicht vorgenommen.
Rückhaltepotentiale konventioneller Kläranlagen bezüglich Mikroplastik
Bezogen auf die Mikroplastiken im Rohabwasser zeigt eine Studie aus St. Petersburg alleine für die mechanische Reinigungsstufe eine Ab-
scheideeffizienz von 90% auf. Nach der biologischen Reinigung konnte sogar ein Partikelrückhalt von 96% ermittelt werden. Diese Zahlen belegen, dass bereits konventionelle Kläranlagen wirkungsvoll Mikroplastikpartikel zurückhalten können. Grundsätzlich besteht jedoch das Problem, dass eine wissenschaftlich fundierte Aufbereitung dieses Themas bis zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vollständig erfolgt ist. Es fehlen Standards bei der Probennahme, Probenaufbereitung und den Analysemethoden.
Situation in München
Die MSE reinigt das Abwasser in beiden Klärwerken durch mechanische und biologische Reinigungsstufen. Ergänzt werden diese Verfahrensschritte durch eine weitergehende Abwasserreinigung in Sandfiltrationsanlagen. Im Sinne des Gewässerschutzes betreibt die MSE, ähnlich wie der OOWV, bereits seit ca. 30 Jahren im Klärwerk Gut Marienhof eine Sandfiltra tion zum Rückhalt von abfiltrierbaren Stoffen. In der Fachwelt wird aktuell davon ausgegangen, dass sich solche Sandfilter auch positiv auf den Rückhalt von Mikroplastikpartikel auswirken. Vorläufige Analyseergebnisse der Universität Bayreuth im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt „Eintragspfade und Kontaminationen bayerischer Oberflächengewässer mit Mikroplastik und mögliche Auswirkungen auf die Biota“ bestätigen diese Vermutung. Im Rahmen des Projektes wurden im Ablauf des Sandfilters im Klärwerk Gut Großlappen Proben entnommen. Es konnten keine größeren Fraktionen an Mikroplastikpartikel nachgewiesen werden. Diese Tatsache lässt sich auf die Retensionswirkung des Sandfilters zurückführen.
Rechtliche Situation
Im Bereich Mikroplastik gibt es aktuell keine rechtlichen Anforderungen an die Abwasserreinigung. Die fehlende Rechtsgrundlage führt dazu, dass Abwasserentsorger nicht in Eigeninitiative handeln können, da beispielsweise Maßnahmen zum Rückhalt von Mikroplastik nicht gebührenfähig wären.
Fazit
Die Anzahl der Studien, die sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Mikroplastik in der Abwasserreinigung befassen, ist aktuell sehr gering. Fehlende Standards bei der Probennahme, den Analysen und der Ergeb-nisdarstellung erschweren die Vergleichbarkeit und mindern somit die Aussagekraft der Studien. Die in entsprechenden Untersuchungen nachgewiesenen Partikelanzahlen unterliegen starken Schwankungen. Zudem ist die Wirkung von Mikroplastik auf das aquatische Leben und die Relevanz von Kläranlagen als Emittent noch nicht abschließend geklärt.
Unter Berücksichtigung der oben genannten Unklarheiten, fehlender Frachtbilanzierungen der Mikropartikel im Gewässer und unter Einbeziehung von Entwicklungen in der Abwasserreinigung (u.a. Spurenstoffelimination, Keime) ist es aktuell nicht angezeigt, bauliche Maßnahmen zur expliziten Reduzierung von Mikroplastik zu ergreifen. Dies bestätigen die Aussagen von einschlägigen Fachverbänden (z.B. DWA), Forschungseinrichtungen und des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz sowie die Studie des Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung in ihrem Fazit.
Die MSE ist als assoziierter Partner an mehreren Untersuchungen beteiligt (u.a. „Plastik in der Umwelt – Quellen, Senken, Lösungsansätze“; Bundesministerium für Bildung und Forschung 2016). Zusätzlich befinden wir uns im Dialog mit Forschungseinrichtungen, anderen Kommunen und Behörden. Außerdem sind wir in einschlägigen Fachausschüssen aktiv. Wir haben das Ziel, die Maßnahmen zu ergreifen, die ein hohes Maß an Gewässerschutz bei gleichzeitig geringer Gebührenbelastung gewähr leisten. Dazu sind im Falle der Reduzierung von Mikroplastik noch die Erforschung von Grundlagen und die Untersuchung von standardisierten technischen Verfahren sowie die Ableitung definierter Anforderungen an die Abwasserreinigung erforderlich. Der aktuelle Ausbaustand der Münchner Kläranlagen sichert mit der zusätzlichen Reinigungsstufe Sandfilter schon jetzt einen Rückhalt von Mikroplastik.
Wir bitten, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehen davon aus, dass die Angelegenheit abgeschlossen ist.