NO2-Belastung für Münchens Bürger*innen offenlegen – wie viele sind dem Dreck ausgesetzt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sabine Krieger und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 2.8.2017
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Am 2.8.2017 haben Sie die schriftliche Anfrage „NO2-Belastung für Münchens Bürger*innen offenlegen – wie viele sind dem Dreck ausgesetzt?“ gestellt.
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Der von der EU zugelassene NO2-Mittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter wird nicht nur auf den großen Ring- und Einfallstraßen, sondern in weiten Teilen der Stadt überschritten. Auf einer Länge von 123 Kilometern des Hauptverkehrsstraßennetzes (37% des Hauptverkehrsstraßennetzes mit Randbebauung) werden diese nach Berechnungen, basierend auf ‚geschönten‘Werte, überschritten. Vermutlich läge der Wert deutlich höher, wenn mit realistischen Emissionswerten, die auch Abgasmesswerte berücksichtigen, gerechnet worden wäre.
Das Ergebnis der Belastung ist durchaus nicht überraschend. Seit eini- gen Jahren hat es Tradition, dass eine große Mehrheit im Rathaus beim Luftreinhalteplan selbst die Prüfung von wirksamen Maßnahmen streicht. Selbst bei der Übernahme der Forderungen des Bürgerbegehrens ‚Sauber sog i‘ wurde betont, man könne dies tun, aber dann einfach so untätig weitermachen wie bisher. Die Probleme wolle man vorwiegend durch Elektromobilität und Straßenbau lösen. Dabei sagte schon Alt-OB Vogel im Jahr 1971: ‚Mit jeder Milliarde, die wir in den Straßenbau hineinstecken, bringen wir die Stadt ihrem Tode näher.‘ (Flugblatt b von 1973. In: Zeitgeschichtliche Sammlung – Bürgerinitiativen. Stadtarchiv München, 17/3). Kürzlich veröffentlichte Messergebnisse an Münchner Schulen in der Nähe von Hauptstraßen kamen zum Ergebnis, dass die 40 μg/m³ Grenzwerte für die Stickoxidbelastung meist überschritten wurden. Dies und auch die Vermutung, dass an den großen Ring- und Einfallstraßen, an denen weit mehr als 100.000 Menschen leben und arbeiten, die Werte überschritten werden, reichte noch nicht zu einem Umdenken aus. Besonders betroffen sind Radfahrende entlang der betroffenen Straßenabschnitte. Auch Autofahrende selbst haben ein Eigeninteresse an sauberer Luft,reichern sich doch die Schadstoffe im Wageninnern während der Fahrt an.“In Ihrer Anfrage nehmen Sie Bezug auf die Karte „NO2-Jahresmittelwerte an der Randbebauung für den Analysefall 2015“. Diese Karte wurde im Auftrag und unter fachlicher Betreuung des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) erstellt. Das RGU verfügt über keine detaillierteren Hintergrundinformationen oder Daten zum Berechnungsmodell. Wir haben daher das LfU um Stellungnahme zu Ihren Fragen gebeten.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des LfU wie folgt:
Frage 1:
Wie viele Menschen leben an Straßen mit NO2-Mittelwertüberschreitungen (unterteilt in die jeweiligen Überschreitungsklassen)?
Frage 2:
Wie viele Menschen arbeiten an Straßen mit NO2-Mittelwertüberschreitungen (unterteilt in die jeweiligen Überschreitungsklassen)?
Frage 3:
Wie viele Schüler*innen lernen an Straßen mit NO2- Mittelwertüberschreitungen (unterteilt in die jeweiligen Überschreitungsklassen)?
Frage 4:
Die Berechnungen basieren auf der mittlerweile überholten Version 3.2 des „Handbuch Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs“ (HBEFA ). Ist eine Neuberechnung mit der neue Version des HBEFA (3.3) vorgesehen?
Antwort:
Die einzelnen Fragen wurden wie folgt vom Bayerischen Landesamt für Umwelt zusammenfassend beantwortet:
„Für die Karte zur NO2-Belastung an Hauptverkehrsstraßen in München mit vorhandener Randbebauung sind keine Daten zur Art der Randbebauung oder zur Anzahl der dort lebenden Anwohner, berufstätigen Bevölkerung oder lernenden Schülerinnen und Schülern erhoben worden.
Hinweis: Die in der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit sind zur Beurteilung der Luftqualität unter anderem für folgende Orte nicht heranzuziehen (Anlage 3, 39. BImSchV):
-an Orten, in denen es keine festen Wohnunterkünfte gibt und
-auf dem Gelände von Arbeitsstätten, für die alle relevanten Bestimmungen über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gelten
Derzeit ist keine Neuberechnung mit der Version 3.3 des HBEFA geplant.“
Zur Frage 4 ist ergänzend festzuhalten, dass mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 26.7.2017 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 09397) das Referat für Gesundheit und Umwelt beauftragt wurde, ergänzende Luftschadstoffmessungen für Stickstoffdioxid an 20 Standorten durchführen zu lassen.
Außerdem sollen im Zeitraum 2018 bis 2021 zwei aktualisierte Berechnungsmodelle für das Stadtgebiet mit Hilfe dieser erhobenen Daten sowie der Daten der LÜB-Messstationen analog zum jetzt vorgelegten Modell beauftragt werden. Diese werden dann selbstverständlich die jeweils aktuelle Version des HBEFA verwenden.