Kleingedrucktes in der „Bilanz zum Ende der Kälteschutzperiode“
Anfrage Stadtrat Karl Richter (BIA) vom 8.6.2017
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 8.6.2017 führen Sie Folgendes aus:
„In seiner ‚Bilanz zum Ende der Kälteschutzperiode‘ vom 3.5.2017 weist das Münchner Netzwerk Wohnungslosenhilfe aus, dass im Rahmen des Münchner Kälteschutzprogramms 2016/2017 rund 3.000 Personen Schutz geboten werden konnte. Konkret heißt es auf der Internetseite des Netzwerks Wohnungslosenhilfe: ‚In 181 Nächten haben 3.111 volljährige Personen genau 60.346 Nächte in Haus 12 auf dem Gelände der ehemaligen Bayern-Kaserne verbracht‘. Die LHM finanziere das Programm mit rund 2,5 Millionen Euro pro Jahr. – Was die Zusammensetzung des beherbergten Personenkreises angeht, führt die Bilanz aus: ‚Rund die Hälfte der Perso- nen kam aus Rumänien und Bulgarien, fünf Prozent aus Italien(,) und 11 Prozent waren deutsche Staatsangehörige‘ (alles wiedergegeben nach: https://www.wohnungslosenhilfe-muenchen.net/53-wer-dort-hilfe-sucht-bekommt-auch-hilfe.html; zul. aufgerufen: 8.6.2017, 2.32 Uhr; fehlerhafte Interpunktion im Original; KR). – Es stellen sich Fragen. Ich frage den Oberbürgermeister:
1. Woraus ergeben sich die vergleichsweise hohen Kosten von rund 41,42 Euro pro Übernachtung (= 2.500.000 Euro: 60.346 Übernachtungen)? Nota bene: eine Übernachtung in einer Jugendherberge oder Pension mit Frühstück ist preiswerter.
2. ‚Rund die Hälfte der Personen kam aus Rumänien und Bulgarien, fünf Prozent aus Italien(,)und 11 Prozent waren deutsche Staatsangehörige‘ – welche Nationalität(en) hatte(n) die restlichen rund 34 Prozent der Untergebrachten?
3. Warum erhielten die rund 342 Bedürftigen mit deutscher Staatsbürgerschaft (= 11% von 3.111) keine reguläre Einweisung durch das Amt für Wohnen in eine städtische Notunterkunft und/oder eine schnelle Zuweisung einer Wohnung über SOWON?“
Zu Ihrer Anfrage vom 8.6.2017 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Woraus ergeben sich die vergleichsweise hohen Kosten von rund 41,42 Euro pro Übernachtung (= 2.500.000 Euro: 60.346 Übernachtungen)? Notabene: eine Übernachtung in einer Jugendherberge oder Pension mit Frühstück ist preiswerter.
Antwort:
Der von Ihnen angestellte Vergleich mit einer Frühstückspension stellt sich nicht. Beim Kälteschutzprogramm handelt es sich nicht nur um ein Übernachtungsprojekt, sondern um ein ganzjähriges Beratungsangebot. Zudem besteht während der Kälteschutzperiode ein erheblicher logistischer Aufwand für das Zuweisungsmanagement und die Hausbewirtschaftung. Außerhalb der Kälteschutzperiode finden unter anderem Rückkehrberatungen, Beratungen über mögliche Hilfsangebote und Perspektiven, sowie aufsuchende Sozialarbeit an verschiedenen Standorten im Stadtbezirk statt. Diese Projektkosten können demnach nicht mit einer einzelnen Übernachtung verrechnet werden.
Frage 2:
„Rund die Hälfte der Personen kam aus Rumänien und Bulgarien, fünf Prozent aus Italien(,) und 11 Prozent waren deutsche Staatsangehörige“ – welche Nationalität(en) hatte(n) die restlichen rund 34 Prozent der Untergebrachten?
Antwort:
Die übrigen 34% der Untergebrachten verteilen sich auf folgende Nationen: Ungarn, Polen, Spanien, Griechenland, Portugal, Syrien. Genauere Angaben zu den einzelnen Nationalitäten können erst mit Erscheinen des Jahresberichts des Evangelischen Hilfswerk München gemacht werden und liegen derzeitig noch nicht vor.
Frage 3:
Warum erhielten die rund 342 Bedürftigen mit deutscher Staatsbürger- schaft (= 11% von 3.111) keine reguläre Einweisung durch das Amt für Wohnen in eine städtische Notunterkunft und/oder eine schnelle Zuweisung einer Wohnung über SOWON?
Antwort:
Bei einem Teil der deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger handelt es sich um Personen, die nicht obdachlos sind, weil sie z.B. über Wohnraum in anderen Kommunen in Deutschland verfügen und von daher keinen Anspruch auf eine Unterbringung im Münchner Wohnungslosensystem haben. In der Regel ist dieser Personenkreis nicht für eine geförderte Wohnung in München registriert und kann somit auch nicht über SOWON vermittelt werden.Weiterhin gibt es Männer und Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die schon länger in München leben und auch einen Anspruch auf Unterbringung im Wohnungslosensystem haben, die aber z.B. in den Sommermonaten „auf der Straße“ oder „unter der Brücke“ nächtigen und nur im Winter das Kälteschutzangebot nutzen.
Selbstverständlich versuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beratungsstelle „Schiller 25“ alle Personen, die in den Kälteschutz kommen, dahingehend zu beraten, in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe zu wechseln oder auch in ihre Heimatorte oder Heimatländer zurückzukehren.