Auf die Bretter auch im Münchner Westen!
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Rathaus Umschau 184 / 2017, veröffentlicht am 27.09.2017
Auf die Bretter auch im Münchner Westen!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Kristina Frank, Ulrike Grimm, Heike Kainz und Johann Sauerer (CSU-Fraktion) vom 6.12.2016
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i. S. v. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zunächst darf ich mich für die Fristverlängerung bedanken.
Zu Ihrem Antrag vom 6.12.2016, durch die Installation von Einbauten an der Würm eine geeignete Stelle für eine Flusswelle für Surfer im Münchner Westen zu schaffen, kann ich Ihnen aus der Sicht des Referates für Gesundheit und Umwelt (RGU) als Untere Wasserrechtsbehörde im Rahmen des Vollzugs der Wassergesetze Folgendes mitteilen:
Die Errichtung einer Flusswelle an der Würm stellt einen Gewässerausbau dar, der gem. § 67 i. V. m. § 68 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) einer Planfeststellung bzw. einer Plangenehmigung durch das Referat für Gesundheit und Umwelt bedarf. In dieser Eigenschaft hat das RGU das im Wasserrecht gesetzlich vorhandene breite Bewirtschaftungsermessen auszuüben und kann daher nicht, wie von Ihnen gefordert, als Vorhabensträger und damit als „Partei“ für ein Vorhaben auftreten.
Die Würm ist ein Gewässer erster Ordnung, für das dem Freistaat, vertreten durch das Wasserwirtschaftsamt München (WWA), die Unterhaltsverpflichtung und auch die Zuständigkeit für etwaige Gewässerausbaumaßnahmen obliegt. Anders als bei der Isar hat die Landeshauptstadt München hier keine Zuständigkeit. Das WWA teilte mit, dass es nicht beabsichtige, als Vorhabensträger für einen Wellenbau zur Verfügung zu stehen.
Das RGU sowie das Baureferat konnten zwischenzeitlich im Zusammenhang mit der Surfwelle im Floßkanal Erfahrungen sammeln. Es konnte dort zusammen mit der Expertise der dort aktiven Interessengemeinschaft der Surfer, durch den Einbau einer Lammellenkonstruktion eine zumindest für das Surfen brauchbare Welle geschaffen werden. Allerdings bleiben dortnoch Wünsche, insbesondere der weiteren Nutzer und Nutzerinnen aus dem Bereich des Kanusports, offen. Eine wichtige Erkenntnis ist allerdings, dass dort für eine stabile Welle eine Mindestabflussmenge von 8,9 m³/s erforderlich ist. Zudem besteht am Floßkanal die Möglichkeit, die Wassermenge im Zusammenspiel mit der Isar und dem Werkkanal zu steuern.
Der mittlere Wasserabfluss der Würm, gemessen am Pegel Obermenzing, liegt bei 3,4 m³/s, der mittlere Hochwasserabfluss der Würm bei 6,32 m³/s. Bei Betrachtung der Abflusswerte vor der Abzweigung des Pasing-Nymphenburg-Kanals kann der Pegel Leutstetten zugrunde gelegt werden. Hier liegt der mittlere Wasserabfluss bei 4,74 m³/s und der mittlere Hochwasserabfluss bei 8,07 m³/s. Demnach liegt die Abflussmenge der Würm innerhalb der Grenzen der Landeshauptstadt München deutlich unter der Wassermenge des Floßkanals und erscheint somit zunächst viel zu gering für eine stabile Surfwelle.
Um den geringen Abfluss der Würm zu kompensieren, müsste man den Abflussquerschnitt durch Einbauten einengen oder sogar aufstauen, um so möglicherweise eine Surfwelle zu generieren. Dieser erhebliche Eingriff in das Gewässer widerspricht den Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), das die ökologische Durchgängigkeit von Gewässern fordert, um das Bewirtschaftungsziel – den Erhalt bzw. das Erreichen eines guten ökologischen Zustands des Gewässers – zu erreichen. Dieses Ziel wurde bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht aufgenommen. Einbauten stehen demnach im Widerspruch zur ökologischen Durchgängigkeit eines Gewässers. Da der Zustand der Würm aufgrund der fehlenden Durchgängigkeit des Gewässers bereits jetzt als mäßig anzusehen ist, stellen weitere Einbauten eine Verschlechterung dar: Maßnahmen, die zur Verschlechterung des ökologischen Zustands eines Gewässers führen, sind allerdings unzulässig.
Darüber hinaus stellt die Umleitung des Wassers an der Würm, etwa während der Bauphase von wellengenerierenden Einbauten, bereits einen erheblichen Eingriff dar, da das Wasser nicht problemlos abgeleitet werden kann. Die Würm ist im Gegensatz zum Floßkanal, bei dem sich die Abflussmenge steuern/regulieren lässt, ein natürliches Fließgewässer mit wechselnden/unterschiedlichen Abflussmengen.
Im Bereich an der Würm zwischen der Ernsbergerstraße und dem Manzingerweg gibt es eine kleine Gefällestufe, die im Zuge der Bearbeitung des Antrags im Hinblick auf einen Wellenbau betrachtet wurde, da eine solche Gefällestufe eine weitere Grundvoraussetzung für einen Wellenbau wäre. Allerdings gelten auch hier die vorgenannten Ausführungen. Zudem befindet sich ein großer Teil der umliegenden Grundstücke im Privatbesitz, so dass eine Surfnutzung auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommen kann.
Zusammengefasst müssen wir nach unserer Prüfung feststellen, dass ein etwaiger wasserrechtlicher Antrag auf eine Installation von Einbauten nicht genehmigungsfähig sein dürfte. Erschwerend kommt hinzu, dass an der Würm seit Beginn 2010 ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt ist. Bei allen Vorhaben im Überschwemmungsgebiet sind zusätzlich die besonderen Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete zu beachten, wonach im Wesentlichen jede Verschlechterung der Abflusssituation, die eben durch Einbauten in die Würm entstehen könnte, nicht hinnehmbar ist.
Finanzielle Mittel für die Erstellung einer Machbarkeitsuntersuchung, die ohne die vorgenannte rechtliche Beurteilung nur die bautechnischen Möglichkeiten zur Generierung einer Surfwelle untersuchen könnte, sollten daher aus meiner Sicht nicht eingesetzt werden.
Das für den Gewässerunterhalt zuständige Wasserwirtschaftsamt München strebt Verbesserungsmaßnahmen für den Hochwasserschutz an der Würm an. In diesem Zusammenhang sollen auch ökologische Verbesserungen umgesetzt werden. Dazu gehören weitere Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit des Gewässers und Verbesserungen in den Wasserwechselzonen am Ufer. Bei weiteren Renaturierungsmaßnahmen könnten vermehrt Zugänge an die Würm geschaffen werden, um so die Erlebbarkeit der Würm zu verbessern und dem zunehmenden Erholungsbedürfnis einer wachsenden Stadtbevölkerung Rechnung zu tragen.
Zur Bearbeitung Ihres Antrages hatten wir das WWA München und die Untere Naturschutzbehörde der Landeshauptstadt München beteiligt.
Ich werde mich aber im Zuge der angesprochenen ökologischen Verbesserungsmaßnahmen dafür einsetzen, dass die Würm verstärkt ein Ort des „Naturerlebens“ wird und in diesem Zusammenhang auch die naturverträglichen Bademöglichkeiten in der Würm innerhalb des Stadtgebietes verbessert werden.
Ich bitte von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.