Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Familiengerechter Wohnungsbau in Waldperlach
Antrag Stadträtin Anja Burkhardt (CSU-Fraktion) vom 20.6.2017
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 20.6.2017 an Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter fordern Sie, das Referat für Stadtplanung und Bauordnung möge darauf achten, dass bei Nachverdichtungsvorhaben nach § 34 BauGB in Waldperlach familiengerechter Wohnraum entsteht. Insbesondere sei das Instrument der Rahmenplanung entsprechend anzuwenden, um eine Fehlentwicklung wie z.B. in der Ulfilasstraße 31 zu vermeiden.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, da es sich um den Vollzug des Baugesetzbuches handelt und das Gesetz selbst dabei keine Beschlussfassung durch die Vollversammlung vorschreibt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zur Ihrem Antrag teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Ihre Forderung nach familiengerechtem Wohnraum im angespannten Wohnungsmarkt der Landeshauptstadt München ist verständlich. Im Baugenehmigungsverfahren ist die Wohnungsgröße allerdings kein Kriterium, das die Ablehnung eines Antrags begründen könnte. Bauherrinnen und Bauherren haben einen Anspruch auf ihre Genehmigung, wenn keine zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt werden (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung).
Ein Großteil der Bauvorhaben innerhalb von Waldperlach beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 3 BauGB in Verbindung mit § 34 BauGB. Die übergeleiteten einfachen Bebauungspläne nach § 30 BauGB setzen in der Regel Baulinien und Baugrenzen fest. Im Übrigen gilt dann § 34 BauGB. Danach sind Vorhaben zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche sowie der Bauweise in die nähere Umgebung einfügen. Ferner müssen die Erschließung gesichert und die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt sein. Dabei darf das Ortsbild nicht beeinträchtigt werden.
Die für das Gebot des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien sind abschließend. Weitere bauplanungsrechtliche Zulassungshürden können nicht aufgestellt werden. Insbesondere ist die Anzahl der in Wohngebäuden vorhandenen Wohnungen im Zusammenhang mit der Anwendung des § 34 BauGB kein bodenrechtlich relevanter Gesichtspunkt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.4.1989, Az. 4 B 72/89).
Auch mit dem in § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 - 3 BauGB den Gemeinden an die Hand gegebenen Instrument, sogenannte Klarstellungs-, Entwicklungs- und Ergänzungssatzungen zu erlassen, kann das Ziel, in erster Linie familiengerechte Wohnungen zu ermöglichen, nicht erreicht werden. Mit diesen Satzungen könnte lediglich die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereichen geregelt werden.
Es ist bekannt, dass in München Bauherrinnen und Bauherren aufgrund des hohen Nutzungsdrucks und der stark gestiegenen Grundstückspreise regelmäßig das maximale Maß der baulichen Nutzung mit den am besten zu vermarktenden Wohnungsgrundrissen verwirklichen möchten. Ziel des Referats für Stadtplanung und Bauordnung ist es, den in § 34 BauGB vorgegebenen Rahmen nicht überschreiten zu lassen und darüber hinaus für eine angemessene Begrünung der Baugrundstücke zu sorgen.
Um den Charakter der Gebiete mit Gartenstadtcharakter zu erhalten und gleichzeitig die Nachverdichtung maßvoll zu steuern, hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung sämtliche Gevierte innerhalb des Geltungsbereichs der ehemaligen Gartenstadtsatzung und im Geltungsbereich der Besondere Siedlungsgebietevordnung (GVO) unter rechtlichen Gesichtspunkten voruntersucht und in Kategorien eingeteilt. Darunter fallen auch weite Bereiche von Waldperlach. Dabei wurden Gebiete vorgefunden, bei denen die rechtliche Beurteilung eindeutig ist. Dies sind einerseits Quartiere, bei denen die rückwärtigen Bereiche in der Regel vollständig von Bebauung freigehalten sind, und zum anderen Gevierte, bei denen die rückwärtige Bebauung bereits fortgeschritten, aber dennoch qualitativ hochwertiger Grünbestand vorhanden ist. Daneben gibt es Gebiete als Mischform, bei denen erst durch eine nähere Untersuchung festgestellt werden muss, ob vorhandene Bezugsfälle für eine weitere Bebauung wirken. Ziel ist es, den Erhalt des typischen Charakters der Gebiete mit aufgelockerter Bebauung und deutlich sichtbarer Durchgrünung zu erhalten. Gleichzeitig soll eine Steuerung maßvoller Nachverdichtung ermöglichtwerden. Diese von Referat für Stadtplanung und Bauordnung durchgeführte Voruntersuchung löst als Rahmenplan keine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen aus, da die Bauherrinnen und Bauherren an diese Einwertung nicht gebunden sind. Für sie gilt die von den Verwaltungsgerichten nachprüfbare Anwendung des § 34 BauGB. Wie oben dargelegt, kann in diesem Rahmen kein Einfluss auf Wohnungsgrößen genommen werden.
Baurechtlich konkret kommt Familien die Regelung des Art. 7 Abs. 2 Bayerische Bauordnung zugute. Diese Vorschrift schreibt bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen die Anlage eines ausreichend großen Kinderspielplatzes auf dem Baugrundstück vor. Die Gestaltungs- und Begrünungssatzung der Landeshauptstadt München konkretisiert dies, indem sie je 25 m² Wohnfläche 1,5 m² Kinderspielplatzfläche, mindestens jedoch 60 m², einfordert.
Weiter kann im Baugenehmigungsverfahren auf die Wohnungstypologie allenfalls indirekt Einfluss genommen werden. Planen Bauherren beispielsweise viele kleine Wohnungen, haben sie gemäß der städtischen Stellplatzsatzung auch in entsprechender Anzahl Kfz-Stellplätze auf dem Grundstück zu errichten. Auf diese Weise wird bei beengten Grundstücksverhältnissen der Bau größerer Wohnungen im Vergleich zu kleinen Apartments erleichtert.
Das von Ihnen speziell angesprochene Areal an der Ulfilasstraße beurteilt sich nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 BauGB. Der Baulinienplan setzt eine vordere Baugrenze mit einem 5m tiefen Vorgarten fest. Die bauliche Entwicklung in der näheren Umgebung ist bereits fortgeschritten. So sind in dem Geviert bereits mehrfach rückwärtige Wohngebäude vorhanden. Eine Freihaltung der Grün- und Freibereiche ist damit aufgrund der vorhandenen Bezugsfälle nach § 34 BauGB nicht mehr möglich.
Daher wurde in dem rückwärtigen Grundstücksbereich im Januar 2016 der Neubau von vier Doppelhäusern und einem Dreispänner mit insgesamt 11 Wohneinheiten mit 12 Tiefgaragenstellplätzen genehmigt.
Unter Einbeziehung des straßenseitigen Grundstückes wurde im Frühjahr 2017 ein zweiter Bauantrag mit sieben Mehrfamilienhäusern samt Tiefgarage eingereicht. Nach eingehender Überprüfung des in der Umgebung verwirklichten Nutzungsmaßes wird das Referat für Stadtplanung und Bauordnung den vorgelegten Antrag in Kürze genehmigen. Insgesamt sollen hier nun 36 Wohneinheiten mit 36 Tiefgaragenstellplätzen entstehen. Die Wohnungsgrößen reichen dabei von 47 m² (2-Zimmer-Wohnung) bis zu 121m² (5-Zimmer-Wohnung). Es ist davon auszugehen, dass damit auch Familien mit Kindern in die Mehrfamilienhäuser einziehen werden.
Unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage kann festgestellt werden, dass die geplante Bebauung mit den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Einklang steht.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass familiengerechter Wohnraum im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nach § 34 BauGB nur eingeschränkt gefordert werden kann. Die dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel werden selbstverständlich weiter angewandt. Dennoch werden Investoren im frei finanzierten Wohnungsbau auch kleine Wohnungsgrößen realisieren können. Da auf dem Wohnungsmarkt die Nachfrage an Doppel- und Reihenhäusern sowie an größeren Wohnungen besteht, ist davon auszugehen, dass ebenfalls familiengerechte Wohnungen errichtet werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.