Wärmedämmung gegen Fassadenbegrünung – was fördert die Stadt?
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Rathaus Umschau 202 / 2017, veröffentlicht am 24.10.2017
Wärmedämmung gegen Fassadenbegrünung – was fördert die Stadt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 25.8.2017
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„In der Hörwarthstraße in Schwabing soll an einer 4-stöckigen Fassade ein Wärmedämmverbundsystem angebracht werden – an der wetterabgewandten Ostseite.
Diese 35 cm dicke Brandschutzwand schließt direkt an das Nachbargrundstück an und wurde in den letzten 45 Jahren durch Efeu komplett begrünt, ein Fachmann übernimmt die regelmäßige Pflege (s. Bild in der Anlage). Da auch Efeu gute Dämmeigenschaften hat, zudem das Mikroklima verbessert, Feinstaub bindet und Lebensräume für verschiedene Tierarten bietet, ist zumindest fraglich, ob eine solche Wärmedämmung energie- und klimapolitisch sinnvoll ist“.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Referates für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt:
Frage 1:
Wärmedämmung an Bestandsgebäuden wird ja staatlich und auch städtisch gefördert.
Wird bei dieser Förderung geprüft, ob mit der Dämmung im konkreten Fall überhaupt Energie eingespart wird?
Antwort:
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich nur auf städtische Förderungen für Wärmedämmung an Bestandsgebäuden, da nur hierfür eine sachliche und fachliche Zuständigkeit seitens der Landeshauptstadt München (LHM) gegeben ist.
Der Energiebedarf eines Gebäudes ist unter anderem abhängig von der Wärmedämmeigenschaft der Gebäudehülle. Aufgrund der historischen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen zum energiesparenden Bauen haben ältere Gebäude in der Regel schlechtere Wärmedämmeigenschaften als neuere.Das Maß für die Wärmedämmeigenschaft von Bauteilen der Gebäudehülle ist der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert). Je niedriger der U-Wert ist, desto besser ist die Wärmedämmeigenschaft.
Das Münchner Förderprogramm Energieeinsparung (FES) fördert die Dämmung der gesamten Außenwandflächen an Bestandsgebäuden, wenn die gesamten Außenwandflächen gedämmt werden. Das relevante Förderkriterium ist dabei, in Anlehnung an die Vorgaben aus der Energieeinsparverordnung, der U-Wert der gedämmten Außenwand.
Ein Nachweis der Energieeinsparung wird vom Antragsteller nicht gefordert. Bei der Antragsbearbeitung wird im Rahmen der technischen Prüfung die Energieeinsparung nach Berechnungsvorschriften der einschlägigen Normen ermittelt. Diese so ermittelte Energieeinsparung geht in die Erstellung der FES-Erfolgsstatistik ein.
Frage 2:
Spielt es bei der öffentlichen Förderung eine Rolle, ob bestehende Grünstrukturen zerstört und das lokale Mikroklima geschädigt wird?
Antwort:
Zu bestehenden Grünstrukturen und dem lokalen Mikroklima sind im FES keine Vorgaben enthalten.
Frage 3:
Falls dies nicht der Fall ist, könnte die Förderung im städtischen Klimaschutzprogramm um entsprechende Prüfungen erweitert werden?
Antwort:
Grundsätzlich liegt die Entscheidung sowie die Abwägung hinsichtlich Fassadendämmung oder Fassadengrün in der Verantwortung des Bauherren bzw. der Bauherrin. Folgende Aspekte sind dabei – in jedem Einzelfall – zu berücksichtigen:
Aus Sicht des Klimaschutzes ist die energetische Sanierung von Gebäuden – hierzu gehört auch die Wärmedämmung von Fassaden – eine wichtige Maßnahme.
Aus Sicht der Umweltvorsorge hat eine Fassadenbegrünung verschiedene positive Wirkungen. Bezogen auf das Mikroklima entstehen geringere Oberflächentemperaturen, höhere Luftfeuchtigkeit und ein Lebensraum für Vögel und Insekten.
Aus Sicht der Wartung und Instandhaltung des Gebäudes ist die Abdichtung der Wände und des Daches gegen Energieverluste und eindringende Feuchtigkeit – sowie die Zugänglichkeit dieser Bauteile – für den Eigentümer bzw. die Eigentümerin des Gebäudes wichtig. Die Einhaltung desBrandschutzes und die Einhaltung der Regeln der Technik sind dabei immer zu berücksichtigen.
Die Landeshauptstadt München bietet hierzu neutrale Beratungen und Hilfestellungen insbesondere über die Angebote des Bauzentrums an.
Frage 4:
Müssen die Nachbarn dulden, dass die Wärmedämmung in das Nachbargrundstück hinein reicht? Besteht hier ein Recht auf Entschädigung?
Antwort:
Hierzu hat das fachlich zuständige Referat für Stadtplanung und Bauordnung folgende Stellungnahme abgegeben:
„Die Wärmedämmung ist gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 11 e BayBO verfahrensfrei und hierfür ist keine Baugenehmigung notwendig. Ob die Nachbarn dulden müssen, dass die Dämmung in ihr Nachbargrundstück hineinreicht, ist rein zivilrechtlich zu regeln. Auch ein evtl. Recht auf Entschädigung der Nachbarn fällt in den Bereich des Privatrechts. Grundsätzlich wird darauf hingewiesen, dass die o. g. Genehmigungsfreiheit den Grundstückseigentümer jedoch nicht davon entbindet, andere Vorschriften einzuhalten.“
Frage 5:
Müssen die Nachbarn dulden, dass im Zuge der Bauarbeiten wie im aktuellen Beispiel auch Teile des nachbarlichen Gartens zerstört werden?
Antwort:
Hierzu hat das fachlich zuständige Referat für Stadtplanung und Bauordnung folgende Stellungnahme abgegeben:
„Bezüglich der Vernichtung von Grünflächen haben wir die Naturschutzbehörde eingeschaltet. Dort erfolgt hinsichtlich der Artenschutzbelange noch eine Überprüfung und evtl. Einleitung eines Verfahrens, über deren Ergebnis die Beteiligten noch benachrichtigt werden. Allgemein wird auch hier darauf hingewiesen, dass sofern Teile des nachbarlichen Garten zerstört werden, dies auch zivilrechtlich zu regeln ist.“