Blühende Wildstauden statt Rasen oder teurer Topfblumen pflanzen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 14.6.2017
Antwort Baureferat:
In Ihrem Antrag „Blühende Wildstauden statt Rasen oder teurer Topfblumen pflanzen“ bitten Sie um Prüfung, auf welchen Flächen künftig verstärkt blühende Wildstauden als Gestaltungselemente eingesetzt werden können.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i. S. von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 14.6.2017 teilt das Baureferat aber Folgendes mit:
Es ist seit langem Zielsetzung des Baureferates, in München in den städtischen Grünanlagen, im Verkehrsbegleitgrün und im Bereich von ökologischen Vorrangflächen die Anzahl und Qualität der Blumenwiesen zu vermehren (siehe hierzu Beschlüsse des Bauausschusses vom 1.10.2002 zum Antrag Nr. 02-08/A 00131 „Mehr Blühende Wiesen“ der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen/RL, vom 31.3.2009 „Blühende Straßenränder“ Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 01047, vom 4.2.2014 „Darstellung und Überarbeitung der Mähkonzepte auf städtischen Grünflächen und Verkehrsbegleitgrün und Schaffung von Stellplätzen für Bienen“ Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 13354 sowie Bekanntgabe im Bauausschuss am 21.4.2015 „Überarbeitung des Mähkonzeptes auf städtischen Grünflächen und Verkehrsbegleitgrün“ Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 02645).
Im Beschluss des Bauausschusses vom 4.2.2014, Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 13354 wurde ausgeführt, dass vom Baureferat stadtweit insgesamt ca. 700 ha extensive Blumenwiesen gepflegt werden, in Grünanlagen (ca. 370 ha), im Verkehrsbegleitgrün (ca. 30 ha), auf Vorrangflächen für Naturschutz (ca. 220 ha) in Friedhöfen (ca. 30 ha) und in Ausgleichsflächen (ca. 50 ha).
In den aktuell geplanten größeren Grünanlagen und Parks beträgt der Anteil naturnah gestalteter Flächen zum Beispiel im Domagkpark – zentraler Park 30%, in den Grünflächen im Bauquartier Paul-Gerhardt-Allee 37%, inFreiham Süd – Grünzug und Parkband 45%, bis hin zu 65% in den Grünflächen im Bauquartier Schittgablerstraße.
Blumenwiesen
Bei Neubaumaßnahmen prüft das Baureferat grundsätzlich, ob und wo sich Möglichkeiten für eine Wiesenansaat oder Wildstaudenpflanzung anstelle von Rasen ergeben. In der Messestadt Riem zum Beispiel gibt es als Verkehrsbegleitgrün zweischürige Blumenwiesen zwischen der A 94 und der Straße Am Hüllgraben. Ebenso wurden auf großen Verkehrsteilern wie am Kreuzhof oder entlang der Ständlerstraße Wildblumenwiesen etabliert. Eine extensive Staudenpflanzung auf dem Verkehrskreisel Wintrichring/Allacher Straße wurde vor zwei Jahren angelegt. Eine Ansaat mit Präriestauden-Mischung gibt es in der Carl-Wery-Straße nahe der U-Bahnstation. Präriestauden blühen nach den heimischen Blumenwiesen und bis in den Herbst hinein. Die Unterhaltsabteilungen des Gartenbaus berichten jedoch von deutlich höherem Pflegeaufwand im Vergleich zu Wiesen oder Rasenflächen.
Jedoch sind nicht alle Flächen des Straßenbegleitgrüns, insbesondere der Mittelstreifen, für die Ansaat von Blumenwiesen oder Wildstauden geeignet. So ist unter anderem eine gewisse Mindestbreite notwendig, da die Ränder wegen der freien Sicht für die Verkehrsteilnehmer kurz gehalten werden müssen. Es dürfen keine Pflanzen über den Bordstein hängen und diesen verdecken.
Unter Straßenbäumen wirken sich Verschattung und Nahrungskonkurrenz negativ auf Wiesen und Wildstauden aus. Schwierig zu unterpflanzen sind beispielsweise flachwurzelnde Bäume wie Spitz-Ahorn und Birke. Sie durchwurzeln den Oberboden intensiv und graben anderen Pflanzen sprichwörtlich das Wasser ab. Auch im Wurzelbereich von Rosskastanie und Buche tun sich andere Pflanzen sehr schwer – hier allerdings wegen der ungünstigen Lichtverhältnisse. Auf nährstoffreichen Standorten würde die Umstellung von artenarmen Rasen auf Wildstauden einen Bodenaustausch mit geeignetem Substrat voraussetzen, der sehr teuer wäre und vorhandene Baumwurzeln schädigen würde.
Die Beseitigung von Verschmutzungen in hochwüchsigen Wiesen oder Stauden ist wesentlich aufwändiger als auf Rasen.
Wechselflor
Seit Jahrzehnten bepflanzt die Stadt München ausgesuchte Teile von öffentlichen Grünflächen und markante Plätze mit Frühjahrs- und Som-merflor. Diese beschränken sich im Wesentlichen auf stadthistorisch und touristisch herausgehobene Lagen. Es gibt etwa 3.600 qm Beetflächen für Wechselbepflanzung an 26 Standorten.
Die Pflanzungen werden jedes Jahr für die einzelnen Beete individuell geplant. Besonders die Farbaspekte wechseln jährlich. So bietet sich den Bürgerinnen und Bürgern und Stadtbesucherinnen und -besuchern von Ende März bis Ende September jeden Jahres zum Beispiel auf dem Promenadeplatz, dem Karolinenplatz, am Odeonsplatz, am Weißenburger Platz, am Bordeauxplatz, am Gärtnerplatz und einigen anderen Orten eine blühende Vielfalt von Frühjahrsblühern und später Sommerblumen. Die Wechselflorbeete sind bewusst gewählt, als immer blühende Punkte in der Stadt. Sozusagen eine Visitenkarte für München. In vielen Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die das Baureferat erreichen, werden die blühenden Pflanzungen gelobt.
Ein Großteil der in den Wechselflorbeeten eingesetzten Pflanzen ist insektenfreundlich. So sind zum Beispiel Dahlien, Lilien, Schmucklauch, Tagetes und Ziertabak vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als bienenfreundliche Pflanzen eingestuft. Der Bund Naturschutz stuft 19 Pflanzenarten, die Bestandteil der einjährigen Sommerflorbeete sind, als Nahrungspflanzen für Honigbienen, Wildbienen, Hummeln, Fliegen und Schmetterlinge ein. Dazu gehören beispielsweise Löwenmäulchen, Vergissmeinnicht, Topfmargerite, Fuchsie, Wandelröschen, Männertreu, Petunie, Primel, Mehliger Salbei, Verbene und Stiefmütterchen. Von circa 190.000 in München eingesetzten ein- und zweijährigen Blühpflanzen sind 115.000 insektenfreundlich. Von „ökologisch geringwertigen“ Beeten kann also nicht die Rede sein. Im Gegenteil: Mit den Wechselflorbeeten gelingt es, ästhetische und repräsentative Ansprüche mit ökologischen zu vereinen. Je größer die Blütenfülle ist, desto mehr Nektar und Pollen stehen den Insekten zur Verfügung.
Ein Aufenthalt in der Nähe eines bunten Sommerflorbeetes ist optisch wie akustisch eine Bereicherung – das Summen und Flattern um die vielen Blüten zeigt, dass Natur in der Stadt sowohl aus Wiesen- und Wildstaudenflächen, als auch aus ein- und zweijährigen Frühjahrs- und Sommerblumen bestehen sollte.
Wir bitten, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.