In einem Schreiben an Rainer Bomba, Staatssekretär des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, fordert Oberbürgermeister Dieter Reiter Nachbesserungen bei den derzeit geplanten Zuwendungsvoraussetzungen für den Fonds „Nachhaltige Mobilität in der Stadt“, da nach derzeitigem Stand bei der Mittelverteilung hier eine Benachteiligung von Städten droht, die, wie München, bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation ergriffen haben.
„Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
nachdem mir von Frau Umweltreferentin Jacobs über die 2. Sitzung der Bund-Länder-Kommunen-AG am 23.10.2017 berichtet wurde, möchte ich Ihnen meine Haltung zum derzeitigen Verfahrensstand mitteilen. Anknüpfend an die verdeutlichte Position der Kommunen zu den Zuwendungsvoraussetzungen (Punkt 3.4 im Eckpunktepapier) möchte ich aufgrund der grundsätzlichen und politisch weitreichenden Bedeutung noch einmal insbesondere auf die Aspekte des Maßnahmenbeginns und der subsidiären Förderung hinweisen.
Beide Aspekte wirken aus Münchner Sicht hemmend und bremsend bezüglich der vielfältigen laufenden Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation.
Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum die Landeshauptstadt München und andere Kommunen wegen ihrer bisherigen Aktivitäten nun de facto benachteiligt werden sollen. Der Münchner Stadtrat hatte – schon bevor das Thema die Bundesebene erreicht hat – Maßnahmen beschlossen, finanziert und teilweise eingeleitet.
So wurde zum Beispiel schon im Januar 2017 ein Grundsatzbeschluss mit umfangreichen Maßnahmen und Zielen zur Luftreinhaltung und erst im vergangenen Juli der Grundsatzbeschluss für eine Verlängerung des Programms zur Förderung der Elektromobilität mit jeweils Laufzeiten bis 2020 gefasst.
Hier stellt sich die Frage, ob die Weiterführung eines bereits laufenden – von seinem Grundsatz und seiner Zielrichtung langfristig angelegten – Projekts mit dem Erreichen einer neuen Projektphase nicht doch gefördert werden kann. Entscheidend ist hierfür, dass quantitative und qualitative neue Projektphasen als förderunschädlich definiert werden. Zum Anderen werden nach gegenwärtigem Stand eine Vielzahl von Maßnahmen, die in der Vorbereitung und für eine Beschlussfassung im Münchner Stadtrat vorgesehen sind, ausgebremst. Denn eine Förderung durch den Bund aus dem Fonds „Nachhaltige Mobilität in der Stadt“ käme aktuell nur dann in Betracht, wenn aufgrund der Eckpunkte für die Förderung der Beginn von Projekten verschoben werden würde. Der Stopp von Projekten steht jedoch in diametralem Gegensatz zum intendierten Ziel, die NO2-Belastung so schnell wie möglich zu verringern. Ein Projektstopp würde nicht nur Verzögerungen bedeuten, die Landeshauptstadt München und auch die anderen betroffenen Kommunen hätten zudem auch keine Klarheit, ob die jeweiligen Maßnahmen nach der noch zu schaffenden Förderrichtlinie überhaupt förderfähig wären.
Wann das angekündigte neue Förderprogramm des Bundes tatsächlich in Kraft tritt, ist zudem für die Kommunen schwer absehbar. Die Hürde eines wohl notwendigen und zeitaufwändigen EU-Notifizierungsverfahren ist erfahrungsgemäß auch noch als großer zeitlicher Unsicherheitsfaktor einzukalkulieren. Vor diesem Hintergrund kommt der Regelung eines vorzeitigen Vorhabenbeginns noch einmal besondere Bedeutung zu. Eine entsprechend an dem Ziel der schnellen Verbesserung der Luftsituation in den betroffenen Kommunen orientierte Auslegung der Erlaubnis zum vorzeitigen Vorhabenbeginn durch die Bewilligungsbehörde ist dafür von elementarer Bedeutung (vgl. VV Nr. 1.3 zu § 44 BHO).
Nach derzeitigem Stand stellen sich mir die aktuellen Entwicklungen so dar, dass die Landeshauptstadt München bei der Mittelverteilung aus dem Fonds „Nachhaltige Mobilität in der Stadt“ benachteiligt sein würde, weil bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation ergriffen wurden. Eine solche Benachteiligung wäre auch unter dem Eindruck der Tatsache, dass die Grenzwertüberschreitung in München am Referenzpunkt Landshuter Allee die zweithöchste in Deutschland darstellt, weder nachvollziehbar noch vermittelbar.
Ich bitte Sie daher nachdrücklich, die Anforderungen bzgl. des Maßnahmenbeginns und der Subsidiarität der Finanzmittel noch einmal grundsätzlich zu überdenken.
Frau Bundeskanzlerin Merkel hatte im Rahmen des Dieselgipfels am 04.09.2017 durchaus den Eindruck erweckt, als sei die Bedeutung der zeitlichen Brisanz hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in den Kommunen bei der Bundesregierung angekommen. Die versprochene schnelle und unbürokratische Unterstützung durch die Bundesregierung sehe ich leider durch den jetzigen Verfahrensstand als gefährdet an.“