Einnahmecontrolling bei der Abrechnung von Flüchtlingskosten?
sowie
Meine Anfrage vom 13.12.2016 zum Einnahmecontrolling in der Abrechnung von Flüchtlingskosten bleibt unbeantwortet
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Heike Kainz und Marian Offman (CSU-Fraktion) vom 13.12.2016, sowie
Anfrage Stadtrat Marian Offman (CSU-Fraktion) vom 7.7.2017
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 13.12.2016 führen Sie Folgendes aus:
„Ursprünglich bezifferten sich die Kosten für die von der Landeshauptstadt München betreuten 8.500 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auf etwa 240 Millionen Euro. Diese Forderungen richteten sich gegen etwa 23 zuständige Träger in ganz Deutschland. Von diesen Forderungen wurden nach Auskunft der Sozialreferentin Dorothee Schiwy knapp 148 Millionen Euro inzwischen an die Landeshauptstadt ausgezahlt. Ein Rest der Forderungen in Höhe von 46 Millionen Euro (Stand 30. November 2016) droht zum Jahresende zu verjähren. In der Sitzung erklärte die Sozialreferentin, dass dieser Betrag von 46 Millionen Euro durch Erklärung der überörtlichen Kostenträger auf Verzicht der Einwendung der Verjährung sich nunmehr auf ca. 14 Millionen Euro reduziert hat. Um diesbezüglich eine Verjährung der Forderungen zu verhindern, muss die Stadt gegen die betroffenen überörtlichen Kostenträger Klage erheben. Damit kann verhindert werden, dass die Landeshauptstadt die Betreuungskosten selbst tragen muss. Offensichtlich könnte der Anspruch von den 240 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge durch die Landeshauptstadt vollständig realisiert werden, wenn die Landeshauptstadt über ein wirksames Einnahmecontrolling verfügte. Dem Vernehmen nach soll ein solches trotz doppelter Buchführung nicht vorliegen.“
In Ihrer Anfrage vom 7.7.2017 führen Sie Folgendes aus:
„Die Beantwortung meiner Anfrage vom 13.12.2016 ist bis heute nicht erfolgt. Erfreulich ist, dass ein ganz überwiegender Großteil der Forderungen im Rahmen der wirtschaftlichen Jugendhilfe zwischenzeitlich realisiert werden konnte. Insofern ist angesichts der aktuellen Entwicklung ein Teil unserer Anfrage beantwortet.
Dennoch bleibt ein zentraler Aspekt der Anfrage offen!“
Zu Ihrer Anfrage vom 13.12.2016 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung: Aufgrund umfangreicher Abstimmungsprozesse mit anderen Referaten konnte Ihre Anfrage leider nicht innerhalb der gesetzten Frist bearbeitet werden. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Frage 1:
Besteht die Aussicht, dass nach Klageerhebung zur Unterbrechung der Verjährung der gesamte Betrag von 240 Millionen Euro für die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge durch die Landeshauptstadt von den überörtlichen Trägern vereinnahmt werden könnte?
Antwort:
Stand September 2017 sind 239 Millionen Euro den verschiedenen überörtlichen Trägern in Rechnung gestellt, wovon ein Großteil bereits vereinnahmt worden ist. Um den Zahlungseingang der noch offenen ca. 4,1 Millionen Euro sicherzustellen, hat das Stadtjugendamt zusammen mit dem Revisionsamt und der Firma Kienbaum ein umfangreiches Controllingsystem entwickelt. Jeder Einzelfall wird von einem eigens installierten Arbeitsteam laufend bis zur Erfüllung der Forderung der Landeshauptstadt München überwacht; der gesamte Prozess wird zudem von einer wöchentlich tagenden Task-Force gesteuert.
Frage 2:
Ist es richtig, dass in der Landeshauptstadt ein effektives Einnahmecontrolling nicht durchgeführt wird?
Frage 3:
Wenn ja, wie wird dann sichergestellt, dass der gesamte Betrag von 240 Millionen Euro am Ende im Stadtsäckel der Landeshauptstadt ankommt?
Frage 4:
Wenn nein, wie funktioniert das Einnahmecontrolling und in welchen konkreten Fällen wurde es erfolgreich angewandt?
Antwort zu Frage 2-4:
Mit dem zu Frage 1 beschriebenen Controllingsystem ist so weit als möglich sichergestellt, dass die getätigten Ausgaben zur Landeshauptstadt München zurückfließen. Daneben wird im Rahmen des Organisationsprojekts (städt. Beschlussvorlage vom 20.7.2016 Organisationsentwicklung Sozialreferat Nr.14-20/V 06398) zusätzlich ein neues Controllingsystem für das Sozialreferat implementiert. Sobald dieses ausgestaltet ist, wird dem Stadtrat dazu Bericht erstattet.Zu Ihrer Anfrage vom 7.7.2017 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wann kann mit der vollständigen Beantwortung unserer Anfrage gerechnet werden?
Antwort:
Das Sozialreferat bereitet augenblicklich eine umfassende Beschlussvorlage vor, in der nicht nur die Fragen aus Ihrem Schreiben vom 13.12.2016, sondern auch die aus Ihrem Schreiben vom 31.1.2017 noch offenen Fragen ausführlich gewürdigt und beantwortet werden. Die Beschlussvorlage wird im Kinder- und Jugendhilfeausschuss in zeitlicher Abstimmung mit dem Revisionsbericht voraussichtlich im ersten Quartal 2018 vorgelegt.
Frage 2:
Ist es richtig, dass in der Landeshauptstadt zum Beispiel ein effektives Einnahmecontrolling in der Abrechnung von Flüchtlingskosten nicht durchgeführt wird?
Antwort:
Für die Implementierung eines Controllingsystems waren seitens des Stadtjugendamtes umfangreiche Arbeiten notwendig, viele davon in enger Abstimmung mit verschiedenen Dienststellen des Sozialreferates und der Stadtkasse. Um einen drohenden Einnahmeverlust in dreistelliger Millionenhöhe zu vermeiden, die in den Jahren 2012 bis 2015 entstanden, wurden innerhalb weniger Wochen ab Februar 2016 u.a. von der Abteilung S-II-UM, gegründet im April 2015, neue und effektive Bearbeitungs- und Controllingsysteme geschaffen.
Die Kämmerei nimmt hierzu wie folgt Stellung:
„Die Stadtkämmerei hat u.a. die Aufgabe der Finanzierung der kommunalen Dienstleistungen sicherzustellen und den sorgfältigen und nachhaltigen Umgang mit finanziellen Ressourcen zu gewährleisten. Die rechtliche und fachliche Verantwortung für die Teilhaushalte liegt aber bei den Fachreferaten. Die Stadtkämmerei unterstützt und berät die Fachreferate in ihrer dezentralen Finanzverantwortung dabei auf Grundlage des produktorientierten Haushalts.
Auch bei dem Prozess geeignete Controllinginstrumente für das Sozialreferat/Stadtjugendamt zu entwickeln, war die Stadtkämmerei durch Teilnahme am Lenkungskreis des Projektes und durch Abklärung einzelner Schnittstellen von SOJA zu SAP durch das Kassen- und Steueramt in den Aufbau involviert und informiert. Sie lässt sich auch nach Abschluss des Nachfolgeprojekts von den Ergebnissen informieren. Außerdem controllt die Stadtkämmerei intern die Mittelabflüsse in regelmäßigen Abständen stadtweit und weist die Referate auf augenfällige Abweichungen hin. Die uns vorliegenden entwickelten Instrumente des Planungs- und Controllingsystems im Sozialreferat/Stadtjugendamt erscheinen uns sinnvoll und zweckentsprechend. Eine Implementierung muss über das Fachreferat erfolgen und auch weiterentwickelt werden. Die Stadtkämmerei wird aber den Prozess weiter begleiten.“
Es gelang der Fachabteilung S-II-UM, bisher nahezu alle Ansprüche zu sichern. Zum Stand 18.9.2017 wurden 239 Millionen Euro in Rechnung gestellt, wovon nur noch 4,1 Millionen Euro offen sind. Entsprechend konnten bereits 98,3% der Forderungen erfolgreich gesichert werden. Zum weiteren Vorgehen bezüglich offener Forderungen wird auch auf die Antwort zu Frage 1 (Anfrage vom 13.12.2016) verwiesen.
Die Controllingsinstrumentarien der Abteilung S-II-UM umfassen Ziel-, Planungs- und Kontrollsysteme sowie Informationssysteme. Im Folgenden werden die wesentlichen Instrumente dargestellt und anhand einzelner Beispiele konkretisiert:
Der Ausbau der Zielsysteme umfasst das wöchentliche und teils tägliche Reporting der Zahlungseingänge und Fortschritte der Klageerhebung mit dem Ziel die maximale Erfolgsquote, ausgedrückt durch die Höhe der Zahlungseingänge, zu erreichen.
Innerhalb der Planungs- und Kontrollsysteme wurde die gesamte Prozesskette dargestellt und in einzelne Prozessschritte unterteilt. Jeder Prozessschritt wurde detailliert betrachtet, ausgewertet und wiederum in kleinste Prozessschritte gegliedert. Die Überprüfung und Lösung möglicher Reibungsverluste wird permanent überprüft und implementiert.
Unter anderem gehört dazu ein umfangreiches tägliches Fallreporting, welches den Fortschritt der Bearbeitung von Anfragen der überörtlichen Träger dokumentiert.
Daneben wurde im Sachgebiet der Pädagogik analog zu den Liquidationsstraßen der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Abteilung S-II-UM, im Frühjahr 2016, die Bearbeitung klar definiert und auch der Personaleinsatz und die teils erhebliche Bindung von Personal der Abteilung S-II-UM überprüft. Zudem werden in sogenannten Stammlisten, diese umfassen sämtlicheDaten zu ca. 8.500 Fällen, vor allem die Höhe der Forderungen erfasst und teils minütlich von zwei Personen aktualisiert.
Im Falle von Klageerhebungen werden ebenfalls festgelegte Prozesse angetrieben. Dieser Prozessablauf wurde in enger Zusammenarbeit zwischen dem Amtscontrolling, S-II-L/R und dem Controlling der Abteilung S-II-UM erarbeitet.
Im Rahmen von Informationssystemen werden in der wöchentlich stattfindenden Task Force, die aus dem Vertreter des Amtscontrolling S-II-L/C, der Rechtsabteilung S-II-L/R, der Abteilung der Erziehungsangebote S-II-E, dem Personalrat S-II-GP, dem Revisionsamt REV-PG1 und den Vertretern der Abteilung S-II-UM besteht, die wesentlichen aggregierten Kennziffern und Probleme des aktuellen Fortschritts besprochen.
Frage 3:
Wie steht die Stadtkämmerei zu dieser Praxis?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 2.