Nach der Weihnachtspause beginnen im Filmmuseum 2018 gleich drei neue Filmreihen: die große Retrospektive mit Filmen von Georg Wilhelm Pabst (5. Januar bis 28. Februar), die thematische Reihe über das Verhältnis von Hollywood und Politik, „American Politics“ (5. Januar bis 25. Februar), sowie die Filmreihe „Das andere Kino“ (10. Januar bis 28. Februar) mit vielen Kurzfilmen über die experimentelle Ader der Filmemacher der 1968er-Jahre.
„Retrospektive Georg Wilhelm Pabst“
Als „Regisseur der neuen Sachlichkeit“ ist er bekannt: Der Österreicher Georg Wilhelm Pabst (1885 - 1967) erregte mit sozialkritischen Stummfilmen wie „Die freudlose Gasse“ (1925) Aufsehen, ein groß angelegtes Sittengemälde über Wien in der Inflationszeit, besetzt mit den späteren Diven Greta Garbo und Asta Nielsen. Legendär wurde auch die Stil-Ikone Louise Brooks, die Pabst für den deutschen Film entdeckte. Die Amerikanerin war die „Lulu“ in seiner Wedekind-Adaption „Die Büchse der Pandora“ (1929) und spielte die Kindfrau Thymian in dem Melodram „Tagebuch einer Verlorenen“ (1929). Mit seinem frühen Tonfilm „Die 3-Groschen-Oper“ (1931) schuf Pabst eine atmosphärische Dichte, die noch der Stummfilm-Ästhetik verpflichtet war. Das Bergarbeiterdrama „Kameradschaft“ (1931) basiert auf einem authentischen Vorfall, einem Grubenunglück in Courbières nahe der deutsch-französischen Grenze zwischen den beiden Weltkriegen, in dem die Menschlichkeit gegen die „Erbfeindschaft“ siegt. Das aus 24 Filmen bestehende Programm endet mit dem 1949 in Österreich gedrehten Film „Geheimnisvolle Tiefe“, einem Drama um einen Neureichen und einen konservativen Chemiker, die beide um die gleiche Frau buhlen. Alle Stummfilme der Retrospektive werden live am Flügel (und mit Violine) von Joachim Bärenz, Richard Siedhoff oder Sabrina Zimmermann & Mark Pogolski begleitet.
„American Politics“
Das Thema Amerika und Politik hat das vergangene Jahr durch die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten wesentlich bestimmt. Die Filmreihe „American Politics“ greift mit 23 Filmen und einem Vortrag die amerikanische Politik und ihre Verstrickungen mit Hollywood und den Medien thematisch auf. 23 Filme aus den Jahren 1933 bis 2011 sollen im Rahmen der Reihe einen Überblick über die Darstellung im Film schaffen. In „Mr. Smith Goes to Washington“ (1939) von Frank Capra wird James Stewart als gutmütiger Kongressabgeordneter für korrupte Machenschaften missbraucht. Der Medienmogul Charles Foster Kane glaubt in dem Klassiker „Citizen Kane“ (1941) von Orson Welles, die Welt allein seinen Vorstellungen anpassen zu können. Satirisch behandelt Stanley Kubrick das Thema Macht und Militär in „Dr. Strangelove, or How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb“ (1964), in dem Peter Sellers mehrere Rollen innehat, unter anderem die als besorgter Präsident, dessen geisteskranker General sich einer ständigen kommunistischen Infiltration ausgesetzt sieht und die Bombe zünden will. Als Genrefilm über investigative Journalisten steht „All the President‘s Men“ (1976) von Alan J. Pakula, der vom Watergate-Skandal bis zum Sturz Richard Nixons erzählt. Mehr als 30 Jahre später zieht George Clooneys Film „The Ides of March“ (2011) das ernüchternde Fazit, dass Politik mehr mit Intrigen, einem faulen Loyalitätsbegriff und Paranoia zu tun hat als mit der Regierbarkeit eines Staates. Als Special hält der Filmwissenschaftler Ulf Spörri am Sonntag, 14. Januar, um 21 Uhr den Vortrag „Donald Trump, der Schauspieler“.
„Das andere Kino 1968“
Durch die „1968er-Bewegung“ haben viele Filmemacher mit alternativen Filmformen und Filmformaten experimentiert. In acht nach Themen sortierten Kurzfilmprogrammen werden Werke vorgestellt, die auch heute noch anecken, provozieren und mit ungewöhnlichen ästhetischen Ausdrucksformen arbeiten. Sie zeigen einen Querschnitt durch die Filme, die in den Jahren 1968 und 1969 unter dem Label „Das andere Kino“ gelaufen sind. Die Filmemacher kamen dabei aus allen Teilen Westdeutschlands, meist als Autodidakten, oft auch aus dem Umfeld studentischer Filmclubs oder den ersten deutschen Filmschulen in München, Ulm und Berlin. Die Titel lauten zum Beispiel „Heinz Badewitz bildfüllend“ von Heinz Badewitz, der sich selbst eben sechs Minuten lang filmt, „Demonstrantenselbstschutz“ von Dietrich Schubert, ein experimenteller Film im Kontext der Studentenunruhen in Berlin, oder „Zipzibbelip“ von Werner Nekes, ein Kurzfilm aus fünf Szenenfragmenten, im Vor- und Rücklauf, kopfstehend und aufrecht, beschleunigt und in verschieden kurzem Schnitt wiederkehrend. Winfrid Parkinson, Rüdiger Nüchtern und Klaus Wyborny, der sein Bündel Science-Fiction-Filme „Dämonische Leinwand: Auf zu den Sternen“ präsentiert, sind zu Gast.
Das weitere Programm:
Die Retrospektive zur Erinnerung an 100 Jahre Oktoberrevolution wird 2018 noch bis zum 27. Februar fortgesetzt. Die Schwerpunkte liegen dann bei „Revolution und Bürgerkrieg“ und drehen sich um die Auswirkungen der Russischen Revolution in Deutschland.
Weitere Informationen sowie alle Filme und Termine der Reihen sind unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film zu finden.
Kartenreservierungen sind unter Telefon 2 33-9 64 50 möglich. Der Eintritt kostet 4, ermäßigt 3 Euro. Aufschlag bei Überlänge und Live-Musik.