Zum Thema „Machtergreifung an den deutschen Opern und Theatern. Modelle von gewalttätigem Eingriff und struktureller Gewalt“ referiert Hannes Heer am 15. Februar, ab 19 Uhr im NS-Dokumentationszentrum, Brienner Straße 34. Der Eintritt ist frei.
Die deutschen Bühnen wurden im März und April 1933 nicht gleichgeschaltet, sondern „erobert“. Diese Machtergreifung wurde durch einen 1919 einsetzenden Kulturkampf gegen die Kunstmoderne vorbereitet, dessen Träger christliche und deutschnational-nazistische Parteien waren. Die NSDAP übernahm ab 1929 die Führung in diesem Kampf.
1933 lassen sich zwei Modelle der „Eroberung“ ausmachen. Bei dem einen wurde die Politik der Gewalt der 1920er-Jahre fortgesetzt, indem in speziellen NS-Formationen organisierte Teile des Ensembles die jüdischen Theaterleitungen absetzten oder vertrieben. Das andere Modell setzte auf den allmählichen Umbau, der je nach regionalen Machtverhältnissen auch schon vor 1933 begonnen hatte. Die Nazifizierung der Münchner Staatstheater wie der Kammerspiele zeigt ein drittes Aktionsmuster, das beide Vorgehensweisen kombiniert hat.
Hannes Heer war Leiter des Ausstellungsprojekts „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ und ist seit 2006 wissenschaftlicher Leiter und Kurator der Ausstellung „Verstummte Stimmen. Die Vertreibung der ‚Juden‘ aus der Oper 1933 bis 1945“.