Solide Stickstoffdioxid-Messungen in München durchführen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Dominik Krause, Sabine Krieger, Sabine Nallinger und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 5.10.216
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Mit Schreiben vom 5.10.2016 haben Sie den folgenden Antrag gestellt, der im Auftrag des Oberbürgermeisters dem Referat für Gesundheit und Umwelt zur Bearbeitung zugeleitet worden ist:
„Das Referat für Gesundheit und Umwelt misst ergänzend zu den fünf Messstationen des bayerischen Landesamts für Umweltschutz umfassend Stickstoffdioxid in München, um aussagekräftige Werte für das gesamte Stadtgebiet zu erhalten. Die Messstationen werden so aufgestellt, dass sie aussagekräftige Werte erzielen und die gesundheitliche Belastungen für verschiedene Zielgruppen (Kinder, FahrradfahrerInnen, SportlerInnen, etc.) realitätsnah wiedergeben. Kriterien hierbei sind verschiedene Höhen- lagen (Kindergröße, Erwachsenengröße), verschiedene Aufstellungsorte (z.B. Fahrradwege) sowie mobile Messungen. Die Erfahrungen der Stickstoffdioxid-Messungen der Greenpace-Studie sowie der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Rahmen der Kampagne #MucOhneMief der Umweltorganisation Green City e.V. werden dabei berücksichtigt und durch ein stadtweites System dauerhaft installiert.“
Der Inhalt des Antrags betrifft eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt.
Eine fristgerechte Beantwortung der Anfrage war nicht möglich, da für eine fach- und sachgerechte Beantwortung umfangreiche Recherche und Vorarbeiten (siehe z.B. Grafiken in der Anlage) notwendig waren.
Eine Terminverlängerung wurde nicht beantragt, da die Antragsteller im Antrag eine fristgerechte Beantwortung gefordert hatten.
Zuständig für die Erfassung der Luftschadstoffbelastung ist in Bayern das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU). In dem o.a. Antrag werden ergänzende Messungen durch die Landeshauptstadt München gefordert. Gemäß § 22 Abs. 3a GeschO zählt die Vergabe von Gutachten zu laufenden Angelegenheiten.Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 5.10.2016 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
1. Grundlagen
Für Messungen der Luftschadstoffbelastung, deren Ergebnisse anhand der gesetzlichen Grenzwerte beurteilt werden sollen, sind grundsätzlich die Vorgaben des Gesetzgebers einzuhalten. Für Messungen verkehrsbezogener Immissionen, insbesondere für Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10), sind diese Anforderungen in den Anhängen der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (39. BImSchV) formuliert.
Bereits in § 1 dieser Verordnung „Begriffsbestimmungen“ wird dargelegt, dass die Beurteilung der Luftqualität gemäß den Grenzwerten dieser Verordnung an bestimmte Kriterien und Methoden geknüpft ist:
„Beurteilung“ ist die Ermittlung und Bewertung der Luftqualität durch Messung, Berechnung, Vorhersage oder Schätzung anhand der Methoden und Kriterien, die in dieser Verordnung genannt sind.
Die konkreten Anforderungen an die Methoden und Kriterien, wie z.B. zu den Datenqualitätszielen, an die Anforderungen für die Beurteilung der Werte oder auch für die Referenzmethoden der Messungen, werden in den Anlagen zur 39. BImSchV detailliert dargestellt.
So benötigen Messgeräte zum Einsatz im obigen Sinne eine Zulassung bzw. einen Äquivalenznachweis, also eine Bestätigung, dass diese Geräte den vorgegebenen Referenzmethoden entsprechen.
Der Messeinlass muss sich in einer Höhe zwischen 1,5 Meter (Atemzone) und 4 Meter über dem Boden befinden.
Wesentlich ist, dass bei Messungen bzw. der Bewertung von Messergebnissen die vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitbezüge bei der Grenzwertfestsetzung, also Tagesmittelwert, Jahresmittelwert und zulässige Überschreitungshäufigkeiten im Bezugszeitraum Jahr, zu beachten sind.Dies bedeutet, dass für aussagekräftige Ergebnisse und Bewertungen die Luftschadstoffkonzentrationen kontinuierlich und mit hoher zeitlicher Auflösung über einen längeren Zeitraum hin (mindestens ein Jahr) erfasst werden müssen. Aus den in der 39. BImSchV konkret formulierten Anforderungen an die Messungen resultieren erhebliche messtechnische Ansprüche, die mit hohen Kosten verbunden sind. Wesentlich ist, dass auch „orientierende Messungen“, also Messungen, die weniger strenge Datenqualitätsziele als „ortsfeste Messungen“ erfüllen müssen, gleichmäßig über ein Jahr hin verteilt sein müssen. Aus Messungen über kürzere Zeiträume, z.B. über 4 Wochen oder gar einzelne Tagesstunden, können aufgrund des starken Einflusses der jeweiligen meteorologischen Bedingungen auf die Messwerte keine belastbaren Aussagen bezüglich der o.a. Grenzwerte abgeleitet werden.
Für Stickstoffdioxid (NO2) sind als Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit unter Beachtung der relevanten Aufenthaltsdauer festgelegt:
Jahresmittelwert 40 µg/m³
1- Stunden Mittelwert 200 µg/m³ (darf 18 mal pro Kalenderjahr überschritten werden)
Für NO2 gibt es, anders als bei Feinstaub, keinen Grenzwert für den Tagesmittelwert.
2. Vorhandene Informationen zur Luftschadstoffbelastung in München
Für München liegen umfängliche Informationen zur Luftschadstoffbelastung vor, die u.a. im Luftreinhalteplan München und seinen Fortschreibungen dokumentiert sind:
2.1. Ergebnisse der fünf kontinuierlich registrierenden Messstationen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt
Zuständig für die Erfassung der Luftschadstoffbelastung ist in Bayern das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU). Dieses führt im Rahmen des bayernweiten Messnetzes LÜB (Lufthygienisches Landesüberwachungssystem Bayern) in München derzeit an fünf kontinuierlich registrierenden Stationen Messungen der Konzentrationen von Feinstaub (nur vier Stationen) und weiterer relevanter Luftschadstoffe in der für die Beurteilung gemäß der 39. BImSchV erforderlichen Datenqualität durch. Diese Messstationenbefinden sich in Johanneskirchen, an der Landshuter-Allee, an der Lothstraße, am Stachus und in Allach, also in Bereichen von sehr hoher (Landshuter Allee) bis sehr geringer Belastung (Johanneskirchen).
Die Ergebnisse des LÜB-Messnetzes bilden die „Grundlage“ von Bewertungen der lufthygienischen Situation in München. An diesen Stationen werden seit Jahren die Luftschadstoffkonzentrationen kontinuierlich und mit der den Anforderungen des Gesetzgebers erforderlichen zeitlichen Auflösung gemessen. Die Stationen werden vom LfU systematisch überwacht und gewartet.
Alle Messergebnisse werden im Internet veröffentlicht (http://www.lfu.bayern.de/luft/index.htm).
Mit Hilfe der Ergebnisse dieser Messungen können die für die Bewertung nach der 39. BImSchV erforderlichen Kenngrößen der Luftschadstoffbelastung, auch über den Zeitraum von mehreren Jahren hin, ermittelt werden (siehe dazu Übersichtstabelle in Anlage 2).
Darüber hinausgehend ist es aufgrund der kontinuierlichen Datenerfassung möglich, weitere Auswertungen, wie z.B. zu den tages- oder jahreszeitlichen Variationen der Luftschadstoffbelastung, zu ermitteln.
Diese Auswertungen zeigen für Stickstoffdioxid eine sehr hohe zeitliche Variabilität der Messwerte. Diese ist an Stationen mit verkehrsbelastetem Umfeld bedingt durch Tagesgang des Verkehrsaufkommens (Emissionen), den meteorologischen Bedingungen und bei NO2 vor allem den photochemischen Umwandlungsprozessen.
Auswertungen der Messwerte (als 1-Stunden Werte) an der Landshuter Alle zeigen bei der Darstellung der einstündigen Messwerte über einen Monat hin deutliche Tagesgänge (s. Anlage 3) mit Minima von unter 20 µg/m³ und Maximalwerte bis zu 200 µg/m³. Wesentlich ist auch, dass die Messwerte innerhalb kurzer Zeiträume stark variieren. So sind in der Anlage 4 die Tagesgänge der NO2-Konzentrationen an zwei aufeinander folgenden Tagen dieses Monats dargestellt. Während für den 3.6.2015 ein typischer Tagesgang mit Minima in den frühen Morgenstunden (geringer Verkehr) zu beobachten ist, liegen die Messwerte am darauf folgenden Tag deutlich niedriger. Grund dafür ist wahrscheinlich die Tatsache, dass der 4.6.2015 ein Feiertag mit deutlich geringerem Verkehrsaufkommen war.Diese hohe zeitliche Variabilität der Messwerte bedeutet, dass man mit kurzzeitigen Stichprobenmessungen je nach Zeitpunkt eine beliebige Situation erfasst, die aber keinesfalls den für die Bewertung anhand der Grenzwerte relevanten Jahresmittelwert repräsentiert.
2.2. Informationen aus zeitlich begrenzten Messungen mit vereinfachten Messsystemen
Ergänzend zu den kontinuierlichen Messungen können für spezifische Fragestellungen ergänzende Messungen mit vereinfachten Messsystemen, bei denen jedoch auch die o.a. Vorgaben des Gesetzgebers, insbesondere im Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit den vorgegebenen Referenzmesssystemen zu beachten sind, durchgeführt werden. Da dieser Nachweis vergleichsweise aufwändig ist, wird er bei sehr einfachen und kostengünstigen Systemen häufig nicht erbracht. Die Geräte geben zwar einen numerischen Wert aus, über dessen Datenqualität und damit Vergleichbarkeit mit anderen Messdaten oder den Grenzwerten ist keine Aussage möglich.
Ein Beispiel hierfür ist die Untersuchung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zur räumlichen Verteilung der NOx-Belastung im Umfeld von vorhandenen hochbelasteten Luftmessstationen, wie z.B. der Landshuter Allee. Bei dieser Untersuchung konnte anhand von 12 zusätzlichen Messpunkten festgestellt werden, dass in Seitenstraßen, die zur Landshuter Allee führen, wie der Schlörstraße und der Blutenburgstraße, ab einer Entfernung von etwa 50 m (und mehr) zur Einmündung in die Landshuter Allee davon ausgegangen werden kann, dass der NO2-Grenzwert für das Jahresmittel unterschritten wird. Ebenso wurde festgestellt, dass im Innenhof eines Gebäudekomplexes auf Höhe der LÜB-Station keine Überschreitungen des Grenzwertes festgestellt wurden (s. dazu 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans München).
2.3. Informationen aus Modellberechnungen der Luftschadstoffbelastung
Als Alternative zu den kostenaufwändigen Messungen bietet sich die rechnerische Erfassung der Immissionsbelastung an. Dabei ist für die Berechnung verkehrsbedingter Immissionen generell zu unterscheiden zwischen sogenannten
- Screening-Modellen und
- mikroskaligen Modellen.Mit Screeningmodellen wird die Luftschadstoffbelastung in einem gesamten Straßennetz einer Stadt, wie z.B. dem Hauptstraßennetz von München, berechnet. Die Aussagen beziehen sich auf Streckenabschnitte.
Mit mikroskaligen Modellen wird die Luftschadstoffbelastung räumlich hoch aufgelöst berechnet. Mit diesen Modellen kann die Immissionsbelastung flächenhaft mit einer Auflösung im Meter-Bereich berechnet werden. Mit diesen Modellen kann der Einfluss einzelner Gebäude etc. berücksichtigt werden. Aufgrund der Komplexität dieser Modelle können damit nur kleine Teilbereiche (z.B. 2 x 2 Km) der Stadt erfasst werden.
Modelle haben prinzipiell den Vorteil, dass damit auch Prognosen der zukünftigen Luftschadstoffbelastung, z.B. bei Neubebauung, erstellt werden können.
a) Grundlagen und Vorgehensweise bei Berechnungen
Die Vorgehensweise ist bei beiden der o.a. Modellansätze ähnlich; sie unterscheiden sich in der räumlichen und zeitlichen Auflösung der Eingangsdaten und damit auch der Berechnungsergebnisse.
Die Feinstaub- bzw. die Stickstoffdioxidbelastung setzt sich generell zusammen aus
- der Hintergrundbelastung (z.T. noch unterschieden zwischen der groß- räumigen Belastung und der städtischen Hintergrundbelastung) und
- der durch den lokalen Verkehr bestimmten Zusatzbelastung.
Bei Messungen wird die Gesamtbelastung aus diesen Beiträgen erfasst, bei Modellberechnungen sind diese Beiträge getrennt zu bestimmen.
Die Hintergrundbelastung wird üblicherweise aus Messdaten abgeleitet oder über geeignete Modellansätze ermittelt.
Die durch den Verkehr bedingte lokale Zusatzbelastung wird bestimmt von den lokalen Emissionen des Straßenverkehrs und den Ausbrei-
tungsbedingungen, also der Art und Weise, wie sich die emittierten Luftschadstoffe in der Atmosphäre verteilen und verdünnen können. Bei der Berechnung der Emissionen werden u.a. berücksichtigt:
- die Verkehrsbelastung, d.h. der durchschnittliche tägliche Verkehr (DTV) - der Anteil unterschiedlicher Fahrzeugklassen (z.B. LKW-Anteil)
- die Verkehrsdynamik
- die Verkehrszustände
- die Verkehrssituation, also z.B. der Verkehrsfluss
- die Flottenzusammensetzung (u.a. Art und Alter der Fahrzeuge)
Anhand dieser Kenngrößen werden über das Handbuch der Emissionsfaktoren (HBEFA 3.2) die verkehrsbedingten Emissionen bestimmt. Das HBEFA ist das Standardwerk zur Bestimmung von verkehrsbedingten
Emissionen im deutschsprachigen Raum.
Die konkrete Immissionsbelastung, also die für die Beurteilung relevante Größe am Beurteilungspunkt, hängt davon ab, wie sich die ausgestoßenen Emissionen im Untersuchungsgebiet verteilen können (Luftaustausch). Diese wird bestimmt von den übergeordneten Windverhältnissen, der Stabilität der Atmosphäre (Spezialfall Inversionen) und vom Einfluss der unterschiedlichen Art und Dichte der Randbebauung an Straßen.
Der Einfluss der Randbebauung wird bei Screeningmodellen in aggregierter Form und bei mikroskaligen Modellen detailliert berücksichtigt.
b) Ergebnisse von Berechnungen mit Screening-Modellen
Bei Screening-Modellen werden die Ausbreitungsbedingungen über die Straßenbreite sowie die Art und Dichte der Randbebauung ermittelt. Die Luftschadstoffbelastung wird mit diesem Modelltyp streckenabschnittsbezogen berechnet, wobei Streckenabschnitte über homogene Bebauungsmuster (Länge, Breite Höhe, Durchlässigkeit (=Art und Dichte der Randbebauung)) sowie gleicher Verkehrsbelastung definiert sind. Berechnet werden nur Abschnitte mit Randbebauung.
Im Ergebnis erhält man eine linienförmige Darstellung der Luftschadstoffbelastung im Hauptstraßennetz von München (s. Anlage 5). Bei dieser auf das Jahr 2010 bezogenen Untersuchung wurde die Immissionsbelastung als Jahresmittelwert an insgesamt 2.168 Streckenabschnitten berechnet, an 368 dieser Abschnitte wurden NO2-Werte berechnet, die über dem Grenzwert liegen.
Ergebnisse von gesamtstädtischen Screening-Studien liegen für die Jahre 2005 und 2010 vor (Ergebnisse veröffentlicht im LuftreinhalteplanMünchen, 2004 und in der 5. Fortschreibung zum Luftreinhalteplan München, s. Anlage 5), eine Berechnung für 2015 ist derzeit in Bearbeitung (bei Maßnahme 1 zur 6. Fortschreibung des LRP München).
c) Ergebnisse von Berechnungen mit hoch auflösenden, mikroskaligen Modellen
Räumlich hoch aufgelöste Modellierungen der Luftschadstoffbelastung sind über mikroskalige Modelle möglich. Bei diesen Modellen kann der Einfluss einzelner Hindernisse, wie Gebäude, detailliert ermittelt werden und die aus Windkanaluntersuchungen bekannten Effekte wie Um- oder Überströmung sowie Verwirbelungen detailliert berechnet werden. Unter Einbeziehung der ermittelten Emissionen erhält man damit räumlich hoch aufgelöste Darstellungen der Luftschadstoffbelastung.
Beispiele für den Einsatzbereich dieser Modelle sind die Machbarkeitsstudien zum Handlungsprogramm Mittlerer Ring. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind im Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 19.11.2015 „Handlungsprogramm Mittlerer Ring – fachliche Bewertung, Priorisierungsvorschlag und weiterer Untersuchungsbedarf der drei optionalen Tunnelbaumaßnahmen“ in Anlage 12 „Machbarkeitsstudie Mittlerer Ring, Abschnitt Tegernseer Landstraße, Kurzfassung“ dargestellt.
Ebenso wurde bei den Untersuchungen zur Wirksamkeit eines Tempolimits an einer Stadtautobahn in München (Landshuter Allee) ein mikroskaliges Modell angewendet (s. Anlage 3 zur 5. Fortschreibung des LRP München).
Bei einem Vergleich der Modellergebnisse dieser Studie mit den Ergebnissen der unter 2.2 aufgeführten Messungen, zeigt sich eine hohe Übereinstimmung zwischen den gemessenen und an diesen Punkten berechneten Werten (s. Anlage 6).
Mikroskalige Modelle werden häufig auch bei den Untersuchungen zu Veränderungen der Luftschadstoffbelastungen im Rahmen von Bebauungsplänen eingesetzt.
3. Greenpeace Studie und Green City Messungen
Laut dem Antrag Nr. 14-20/A 02520 sollen die Erfahrungen der Stickstoffdioxid-Messungen der Greenpeace-Studie sowie der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Rahmen der Kampagne #MucOhneMief der Umweltorganisation Green City e.V.12 berücksichtigt werden.
3.1. Greenpeace Studie
Die Anfang Oktober 2016 in den Medien diskutierten Messungen der NO2-Belastung in verschiedenen deutschen Städten wurden im Bericht „Das dreckige Dutzend, Abschlussbericht der Stickstoffdioxid- Messungen in zwölf deutschen Städten“ von Greenpeace veröffentlicht. Der Bericht liegt im RGU vor.
Die Messungen wurden vom Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg im Auftrag von Greenpeace Deutschland mit einem selbst gebauten Messgerät durchgeführt. Leider gibt es auch im Bericht keine konkreten Aussagen zur Frage, wie die o.a. Kriterien für Messgeräten von diesem Gerät erfüllt werden.
In München wurde an drei Tagen an insgesamt 22 Punkten gemessen. Dazu wurden fünf Fahrradmessungen durchgeführt. Messtage waren der 24. und 25. sowie der 29.2.2016.
Die Messungen an den 22 Punkten erfolgten über den Zeitraum von jeweils etwa einer halben Stunde: Aus diesen Messungen über eine halbe Stunde werden über eine Korrelation aus den Daten des Vorjahres Jahresmittelwerte errechnet. Es wird unterstellt, dass für den jeweils untersuchten Halbstundenwert im Jahr 2015 und 2016 die gleiche Korrelation gilt. Diese Methode ist nach Auffassung des RGU aufgrund der unterstellten Annahmen nicht belastbar.
Bei den Fahrradmessungen führte eine Route über annähernd 2 Stunden; die restlichen Routen dauerten zwischen 7 Minuten und ca. 20 Minuten. Zur zeitlichen Auflösung finden sich im Bericht leider keine Angaben; anhand der Abbildungen ist aber von einer zeitlichen Auflösung im Sekundenbereich auszugehen.
Aufgrund der unter 2.1. gezeigten sehr hohen zeitlichen Variabilität der Messergebnisse an einem festen Standort können die Ergebnisse dieser Messungen aufgrund der räumlichen und zeitlichen Variabilität weder untereinander noch mit den Grenzwerten verglichen bzw. beurteilt werden.
3.2. Messungen der Ludwig-Bölkow-Stiftung im Rahmen der Kampagne #MucOhneMief der Umweltorganisation Green City e.V.
Die Ergebnisse dieser Messungen liegen als Folienvortrag im RGU vor.
Messungen der Feinstaubbelastung erfolgten im Mai und Juni 2016. Die Messungen erfolgten nicht kontinuierlich während des gesamten Tages, sondern in Haidhausen morgens und abends (20 Minuten je Messung) und in der Flurstraße täglich von 7.15 bis 8.15 Uhr. Dem Vortrag sind keinerlei Hinweise zum eingesetzten Messgerät bzw. dem genauen Standort zu entnehmen. Aus den unter 2.1 bekannten Messergebnissen ist bekannt, dass sich zu diesem Zeitpunkt u.a. aufgrund der Verkehrsbelastung die morgendliche Tagesspitze der Feinstaubbelastung abbildet.
Messungen zur NO2-Belastung erfolgten im Juni 2016 mit Passivsammlern (ca. 14 Tage Messzeit) an 10 Messpunkten. Aus den verfügbaren Unterlagen ist leider nicht zu entnehmen, wo die Messsysteme konkret situiert waren und ob die o.a. Qualitätsansprüche an die Messgeräte erfüllt wurden.
4. Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass mit den unter Punkt 2 aufgeführten Datengrundlagen ausreichende und den Ansprüchen des Gesetzgebers konforme Daten zur Immissionssituation in München vorliegen und durch aktuelle Arbeiten fortgeschrieben werden. Diese Daten bilden die Grundlage für die Bewertung der Immissionssituation in München anhand der vorgegebenen Grenzwerte und der daraus zu folgernden Notwendigkeit für Maßnahmen in der Luftreinhalteplanung.
Im Übrigen ist aus den unter Punkt 2 vorgestellten Aussagen problemlos zu entnehmen, dass in München vor allem an stark befahrenen Hauptstraßen mit Randbebauung eine erhöhte NO2-Belastung festzustellen ist. Konsequenterweise sind dann auch Radfahrerinnen und Radfahrer, die entlang dieser Straßen fahren, einer erhöhten Belastung ausgesetzt.
Generell ist es wünschenswert, dass diese Datengrundlagen durch ergänzende Messungen verdichtet werden. Aufgrund der dargestellten hohen zeitlichen und räumlichen Variabilität ist es aber im Hinblick auf die Bewertung der Messergebnisse erforderlich, dass diese Messungen über ausreichende Zeiträume erfolgen, also zumindest die Anforderungen der 39. BImSchV an „orientierende Messungen“ erfüllen. Hier ist wesentlich, dassfür eine sachgerechte Beurteilung der Luftqualität diese Messungen über ein gesamtes Jahr hin verteilt sein müssen.
Mit kurzfristigen Stichproben, wie insbesondere bei den Greenpeace Messungen, werden letztendlich beliebige Größen, die keinerlei Relevanz zu den Grenzwerten haben, erfasst.
Die im Antrag Nr. 14-20/A 02520 geforderten weiterführenden Messungen sind nicht erforderlich bzw. zielführend, da sie keine belastbaren neuen Informationen zur Luftschadstoffbelastung liefern.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
Die Anlagen 1 - 6 zum Antrag können abgerufen werden unter:
1 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/4375985.pdf
2 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/4375987.pdf
3 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/4375989.pdf
4 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/4375991.pdf
5 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/4375993.pdf
6 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/4375995.pdf