Wie gut ist die Landeshauptstadt mit Blutkonserven versorgt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 5.10.2016
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Im März dieses Jahres wurde der Blutspendedienst (BSD), bislang Bestandteil der Städtisches Klinikum GmbH (StKM), privatisiert und an das Bayerische Rote Kreuz (BRK) verkauft. In den Räumen des BSD sitzt nun der Haema Blutspendedienst.
Sowohl das BRK als auch Haema schlugen Mitte September Alarm (Abendzeitung vom 13.9.2016, Süddeutsche Zeitung vom 15.9.2016), da der Bestand an Blutkonserven stetig schrumpfe. Es war sogar von einer ‚akuten Notlage‘ in Bayern die Rede, da inzwischen mehr Blut verbraucht als neu gespendet werde. Im Finanzausschuss am 27. September 2016 – zuständig auch für die StKM – versicherte hingegen StKM-Geschäftsführer Fischer, dass die StKM über einen ausreichenden Bestand an Blutkonserven verfüge.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Zunächst bedanke ich mich für die Fristverlängerung und kann jetzt die einzelnen Punkte Ihrer Anfrage unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der StKM und der Einrichtungen, die eine Blutspendeeinrichtung in München betreiben, dies sind der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes (BSD BRK), der Haema Blutspendedienst sowie die Abteilung für Transfusionsmedizin, Zelltherapeutika und Hämostaseologie des Klinikums der Universität München (ATMZH LMU) wie folgt beantworten:
Frage 1:
Nach dem schrecklichen Zugunglück auf der Strecke Bad Aibling – Holzkirchen im Sommer erfolgte wegen der zu geringen Blutkonserven-Reserven ein Aufruf zu Blutspenden auch an die Münchner Bevölkerung, dem Hunderte im BSD an der Dachauer Straße Folge leisteten. Wie gut ist die Stadt auf solche Ereignisse ohne den städtischen BSD vorbereitet?
Antwort RGU:
Die Versorgung mit Blut war nach dem Zugunglück für die Münchner Bevölkerung zu jeder Zeit gesichert, es gab keine Engpässe.Die Spendeneinrichtungen sind nach § 3 Transfusionsgesetz (1) beauftragt, die bundesweite Versorgung des Gesundheitssystems mit Blut und Blutprodukten abzusichern und hier zusammenzuarbeiten. Die Versorgung mit Blutprodukten folgt damit keinem regionalen Prinzip. Falls aufgrund eines lokalen Ereignisses nicht ausreichend Blut oder Blutprodukte zur Verfügung stehen, dann muss diese Region unterstützt werden. Wie ATMZH LMU mitteilte, werden zudem vor Großereignissen (zum Beispiel Oktoberfest) die Vorräte angepasst. Damit ist die Versorgung der Münchner Bevölkerung auch ohne den BSD der StKM als gesichert anzusehen.
Blutprodukte müssen nach einer Spende umfangreich aufbereitet und zum Schutze des Empfängers labormedizinisch untersucht werden. Dies kann bis zu drei Tagen in Anspruch nehmen. Von daher stehen Blutspenden, die an einem Katastrophentag gemacht werden, der Patientenversorgung erst einige Tage später zur Verfügung. Öffentliche Aufrufe zum Blutspenden sind nach einer Katastrophe dennoch hilfreich: Die Depots könnten rasch aufgefüllt werden und die starke emotionale Betroffenheit erhöhe nach Auskunft des Haema Blutspendedienstes die Motivation der Bevölkerung zum Blutspenden.
Frage 2:
Die Blutspendedienste des BRK und Haema meldeten, dass im Sommer erste Operationen mangels geeigneter Blutpräparate ausfallen mussten. Woher beziehen die städtischen Kliniken ausreichende Mengen an Blutkonserven?
Antwort RGU:
Im September 2016 kam es zu einem nationalen Konservenengpass, der jedoch rasch durch Spendenaufrufe, die eine hohe Spendenbereitschaft nach sich zogen, behoben werden konnte. Trotz des bundesweiten Engpasses war nach übereinstimmender Auskunft der befragten Münchner Blutspendeeinrichtungen die Versorgung der Münchner Bevölkerung mit Blut und Blutprodukten in diesem Zeitraum gewährleistet. Darüber hinaus verweisen wir auf Antwort 1.
Frage 3:
Wohin können Münchner, die Blut spenden wollen, sich nach dem Verkauf des BSD wenden, wenn Sie nicht einem kommerziellen Bluthändler spenden wollen?
Antwort RGU:
Auf dem Stadtgebiet München sind drei Blutspendedienste bzw. Einrichtungen für die Blutspende aktiv. Dies sind der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes (freigemeinnützig), Haema (privat) und die Abteilung für Transfusionsmedizin, Zelltherapeutika und Hämostaseologie des Klinikums der Universität München (öffentlich).
Für eine Vollblutspende können Münchnerinnen und Münchner entweder einen der Termine des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes (www.blutspendedienst.com/termine) wahrnehmen oder die Blutspendeeinrichtung von Haema in der Dachauer Straße 70 aufsuchen. Darüber hinaus besteht in der Blutspendeeinrichtung von Haema die Möglichkeit zur Plasmaspende, in der Einrichtung des BSD BRK in der Herzog-Heinrich-Straße 4 zur Zellspende sowie am Klinikum Großhadern Spendeeinheit – Zellseparation am Max-Lebsche-Platz 32 die Möglichkeit zur Thrombozytenspende.
In der Bundesrepublik Deutschland sind Blutkonserven Arzneimittel. Die Herstellung unterliegt dem Arzneimittelgesetz. Wie jedes andere Arzneimittel werden Blutprodukte gehandelt und haben ihren Preis.
Die Formulierung „kommerzieller Bluthändler“ wird von Haema als geringschätzend wahrgenommen. Haema weist darauf hin, dass die
Bundesregierung sich bewusst dafür entschieden habe, die Versorgung Deutschlands mit Blutprodukten auf verschiedene Säulen zu stellen und Schultern zu verteilen, weil mit einem gewissen Wettbewerb im Markt auch ein Druck auf den Preis der Produkte einhergehe.
Vor diesem Hintergrund sei es aus Sicht von Haema unangebracht, privat-organisierte Blutspendedienste zu diskreditieren.
zu (1) Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens, § 3 Versorgungsauftrag
1) Die Spendeneinrichtungen haben die Aufgabe, Blut und Blutbestandteile zur Versorgung der Bevölkerung mit Blutprodukten zu gewinnen.
2) Zur Erfüllung der Aufgabe gemäß Absatz 1 arbeiten die Spendeneinrichtungen zusammen. Sie unterstützen sich gegenseitig, insbesondere im Falle des Auftretens von Versorgungsengpässen. Sie legen die Einzelheiten der Zusammenarbeit in einer Vereinbarung fest.