Landeshauptstadt München verzichtet auf Torf
Antrag Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) und Sonja Haider, Tobias Ruff (ÖDP) vom 19.12.2016
Antwort Baureferentin Rosemarie Hingerl:
In Ihrem Antrag vom 19.12.2016 fordern Sie:
„Die Landeshauptstadt München verzichtet in ihrem Hoheitsbereich sowie bei ihren Eigenbetrieben und Eigengesellschaften zukünftig auf den Einsatz von torfhaltiger Erde.“
Sie begründen Ihren Antrag unter anderem damit, dass die Landeshauptstadt München durch den bisherigen Einsatz von torfhaltigen Erden zu einer unnötigen Freisetzung von CO2 beitrage und zudem Hochmoore zum Zweck des Torfabbaus entwässert würden, was wiederum die Lebensräume der dort vorherrschenden Pflanzen- und Tierarten empfindlich störe.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i. S. von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Torfhaltige Erden kommen nur in wenigen untergeordneten Bereichen zum Einsatz, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 19.12.2016 teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Um einen Überblick zum Einsatz torfhaltiger Erden im Hoheitsbereich der Landeshauptstadt München sowie bei ihren Eigenbetrieben und Eigengesellschaften zu bekommen, hat das Baureferat (Gartenbau) zunächst eine Abfrage bei mehreren städtischen Referaten gestartet, die unter anderem auch als Betreuungsreferate für die in Frage kommenden Eigenbetriebe und Eigengesellschaften fungieren.
Im Einzelnen wurden folgende Referate und damit auch die betreuten Eigenbetriebe und Eigengesellschaften beteiligt.Kommunalreferat:
Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM):
„Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) setzt selbst keine torfhaltigen Erden ein.
Der Einsatz von Torf bei der Substratherstellung wurde bereits mit Schreiben des AWM vom 19.6.2015 zum Stadtratsantrag Nr. 14-20/A 00875
‚Münchner Regionalerden künftig frei von Torf anbieten‘ umfassend dargelegt.“
Stadtgüter München:
„Bei den Stadtgütern München wird kein Torf eingesetzt.“
Städtische Forstverwaltung:
„Bei uns, der Städtischen Forstverwaltung, kommen keine torfhaltigen Erden zum Einsatz.“
Referat für Arbeit und Wirtschaft:
Auf die Frage:
Wird bei Ihnen Torf oder torfhaltige Erde verwendet?
Antwort Gasteig München GmbH:
„Fehlanzeige.“
Antwort MGH-Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsge- sellschaft mbH:
„Fehlanzeige.“
Münchener Tierpark Hellabrunn AG:
Auf die gestellten Fragen hat die Münchener Tierpark Hellabrunn AG folgendermaßen geantwortet:
Frage 1:
Wird bei der Münchener Tierpark Hellabrunn AG Torf oder torfhaltige Erde verwendet?
Antwort:
„Ja, in sehr geringem Umfang.“
Frage 2:
Wenn ja, wo kommen Torf oder torfhaltige Erden zum Einsatz?
Antwort:
„Im Jahr 2016 kamen torfhaltige Erden bei einem landschaftsgärtnerischen Projekt zur Anwendung (Anpflanzung von Rhododendren).“
Frage 3:
In welchen/m Mengen/Verhältnis zu anderen Substratbestandteilen wird Torf benötigt?
Antwort:
„Torf wurde bezogen auf die Gesamtjahresmenge an Erden im Verhältnis von unter 0,5% verwendet.“
Frage 4:
Sehen Sie Möglichkeiten, auf Torf zu verzichten?
Antwort:
„Ja: Der Tierpark wird künftig auf den Einsatz von torfhaltigen Erden verzichten.“
Frage 5:
Welche Auswirkungen hätte ein Verzicht auf Torf?
Antwort:
„Keine.“
Stadtwerke München GmbH:
„Sowohl für den Bereich Bäder als auch für den Olympiapark gilt: Es besteht kein Bedarf an Torf oder torfhaltigen Substraten. Es werden Baumsubstrate für Baum- und Strauchpflanzungen benötigt oder gesiebte Oberböden (ohne Torfanteil, mit Sandanteil) bei Verlegearbeiten von Rollrasen bzw. bei Ausbesserungen von Flurschäden. Die Pflanzen der Raumbegrünung sind bis auf wenige Ausnahmen Hydrokulturen.“
Referat für Gesundheit und Umwelt:
Städtische Friedhöfe München:
„Die Städtischen Friedhöfe München verwenden auf den städtischen Friedhöfen keinen Torf bzw. keine torfhaltigen Erden. Es wird ausschließlich Substrat aus den städtischen Kompostwerken eingesetzt.
Ob und in welchem Umfang Grabnutzungsberechtigte Torf oder torfhaltige Erden zur Grabgestaltung verwenden, darüber liegen bei den Städtischen Friedhöfen München keine Erkenntnisse vor. Dies ist in der Friedhofssat-zung auch nicht reglementiert. Ein Verwendungsverbot wäre nicht zielführend, da es, wenn überhaupt, nur mit hohem Aufwand überwacht werden könnte. Dessen ungeachtet, werden die Städtischen Friedhöfe München das Thema im demnächst stattfindenden Jahresgespräch mit den Münchner Friedhofsgärtnereien ansprechen.“
Städtische Bestattung:
„Seitens der Städtischen Bestattung München können wir Ihnen bestätigen, dass wir nicht mit Torf oder torfhaltigen Produkten arbeiten.“
Referat für Stadtplanung und Bauordnung:
GEWOFAG Wohnen GmbH:
„Bei der GEWOFAG wird weder im Gartenbau noch bei Bauvorhaben oder Sanierungsarbeiten Torf beziehungsweise torfhaltige Erden verwandt.“
GWG München:
„Bei der GWG München kommt kein Torf oder torfhaltige Erden zum Einsatz.“
Stadtkämmerei:
Die Stadtkämmerei meldet Fehlanzeige, da alle gärtnerischen Arbeiten vom Baureferat (Gartenbau) durchgeführt werden.
Städtisches Klinikum München GmbH (StKM):
„Alle gärtnerischen Arbeiten in der StKM werden von externen Firmen übernommen. Nach Rücksprache mit den Dienstleistern wird momentan an keinem unserer Standorte Torf verwendet.
Nachdem es aus unserer Sicht keinen Grund gibt, nicht auf Torf zu verzichten, werden wir in den nächsten Jahresausschreibungen zum gärtnerischen Unterhalt einen Zusatz aufnehmen, dass kein Torf verwendet werden darf.“
Baureferat:
Hauptabteilung Gartenbau:
Die Hauptabteilung Gartenbau des Baureferates setzt jährlich etwa 9.500 m³ Substratmischungen und Erdgemische, z. B. Baumsubstrate, Rasensubstrate, Mischungen für Staudenpflanzungen oder Kultursubstrate, für die Anzucht von Zierpflanzen ein. Mit Ausnahme der Substrate für die Zierpflanzenproduktion und -verwendung enthalten die Erdgemische keinen Torf. Mengenmäßig sind die Zierpflanzensubstrate mit 985 m³ beziffert.Der Torfanteil liegt in der Summe bei 156 m³, was bezogen auf die Gesamtjahresmenge von Substratmischungen und Erdgemischen etwa 1,6% entspricht. Der Anteil von Torf, bezogen auf die Zierpflanzensubstrate, beträgt unter 16%. Damit halten alle verwendeten Substratmischungen im Bereich der städtischen Gärtnereien die Vorgaben nach den Bioland Richtlinien (Stand 22. November 2016) ein.
Torffreie Substrate und Pflanzenerden werden in Gartencentern und Gartenmärkten immer häufiger angeboten. Für den privaten Gebrauch, bei dem meist einzelne Blumenkästen oder Pflanzgefäße mit diesen Substraten befüllt und bepflanzt werden, ein einheitliches Erscheinungsbild nicht im Vordergrund steht und sich der Pflegeaufwand im Rahmen hält, ist die Verwendung dieser torffreien Substrate auch möglich.
Im professionellen Gartenbau haben sich die torffreien Pflanzerden jedoch nach wie vor nicht durchgesetzt. Hier müssen Tausende von Pflanzen rationell und unter gleichbleibenden Bedingungen herangezogen und gepflegt werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein gutes und homogenes Substrat. Torf mit seinen hervorragenden Eigenschaften bezüglich Wasserhaltung, Wasserverteilung, Luftführung, Mischbarkeit und Aufdüngungsverhalten ist dafür nach wie vor wichtig. Alle Alternativen zum Torf, wie z. B. Kokosfasern, Holzfasern, Rindenhumus u. v. m., haben zudem bei näherer Betrachtung auch negative Eigenschaften. Diese negativen Eigenschaften wurden bereits mit Schreiben des AWM vom 19.6.2015 zum Stadtratsantrag Nr. 14-20/A 00875 „Münchner Regionalerden künftig frei von Torf anbieten“ umfassend dargelegt.
Aus diesen genannten Gründen ist derzeit die städtische Zierpflanzenproduktion und Zierpflanzenverwendung im „Mobilen Grün“ in torffreien Substraten nicht zu befürworten.
Die städtischen Kulturgärtnereien sind jedoch stetig bestrebt, den Anteil von Torf in den Kultursubstraten im vertretbaren Bereich zu reduzieren. So ist es in den letzten Jahren gelungen, den Torf teilweise durch Holzfasern und Xylit zu ersetzen. Dadurch konnte die Torfmenge von damals ca. 300 m³ schon auf die jetzigen 156 m³ reduziert werden.
Fazit:
Abschließend betrachtet wird im Hoheitsbereich der Landeshauptstadt München sowie bei ihren Eigenbetrieben und Eigengesellschaften nur noch ganz vereinzelt Torf verwendet. Der wertvolle Rohstoff Torf wird in diesen Bereichen sehr verantwortungsbewusst eingesetzt. In Teilbereichenist laut den Rückmeldungen zukünftig ein kompletter Verzicht möglich, in anderen Bereichen, wie den städtischen Kulturgärten, wird eine weitere Reduzierung angestrebt. Ein kompletter Verzicht ist aber laut den voran geäußerten Argumenten derzeit nicht umsetzbar.
Wir bitten, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.