Konzept „Ärztin/Arzt an der Schule“ flächendeckend ausbauen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 4.1.2017
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrem Antrag liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Der Stadtrat möge beschließen:
1. Die schulärztliche Versorgung vor Ort soll ab Schuljahr 2017/18 (spätes- tens ab Januar 2018) flächendeckend angeboten werden. 2.Im Rahmen des Konzeptes ‚Ärztin/Arzt an der Schule‘ soll in jedem der dreizehn Mittelschulverbünde eine Schule mit einer Schulärztin oder einem Schularzt vor Ort versorgt werden.
3.Das Referat für Gesundheit und Umwelt wird beauftragt, die notwen- digen Ressourcen (Personal- und Sachmittel) zum Haushalt 2018 (oder Nachtragshaushalt 2017) anzumelden.“
Sie begründen Ihren Antrag mit der hohen Akzeptanz des Konzeptes „Ärztin/Arzt an der Schule“ bei den Schülerinnen und Schülern, Eltern und den Lehrkräften, dem großen Spektrum an bisher unentdeckten und unbehandelten Erkrankungen, die in den schulärztlichen Sprechstunden an den Mittelschulen festgestellt werden und dem wertvollen Beitrag, der damit durch das Konzept für die gesundheitliche Chancengleichheit geleistet wird.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihren Antrag zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der vom Stadtrat hierzu bereits gefassten Beschlüsse vom 27.6.2012 (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 09354) und vom 17.12.2014 und 4.3.2015 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 01909) sowie dem Beschluss des Stadtrates vom 19.10.2016 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 06764), mit dem das Referat für Gesundheit und Umwelt mit der Anpassung des schulgesundheitlichen Angebotes an die soziodemographische Entwicklung der Landeshauptstadt München beauftragt wurde. Ihrem Anliegen, den Stadtrat mit dem Ausbau des schulärztlichen Angebotes zu befassen, wurde durch diese Beschlüsse weitgehend entsprochen.
Zunächst möchte ich mich für Ihr Interesse und Engagement für das vom Referat für Gesundheit und Umwelt entwickelte Konzept „Ärztin/Arzt an der Schule“ bedanken. Das Ziel dieses Konzeptes ist es, gesundheitlichund sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche durch ein niederschwelliges schulärztliches Angebot vor Ort in den Mittelschulen zu erreichen und dadurch zu mehr gesundheitlicher Chancengleichheit beizutragen.
Vorgeschichte und aktueller Stand des Konzeptes „Ärztin/Arzt an der Schule“:
Das Konzept Gesundheitsvorsorge an Schulen im Schwerpunkt Hauptschulen wurde im April 2008 (Sitzungsvorlage Nr. 02-08/V 11847) erstmalig in den Stadtrat eingebracht und im Herbst 2009 als Leitprojekt 4 der Leitlinie Gesundheit (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 02952) beschlossen.
Die Umsetzung des intensivierten schulärztlichen Angebotes an den mittlerweile zu Mittelschulen umbenannten Hauptschulen wurde im Juni 2012 (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 09354) dem Stadtrat vorgestellt und dort beschlossen. Das Konzept „Ärztin/Arzt an der Schule“ wurde ab dem Schuljahr 2012/13 in das schulärztliche Angebot des Referates für Gesundheit und Umwelt aufgenommen.
Für die Umsetzung wurden zunächst Mittelschulen in sozialen Brennpunkten mit guten kooperativen und räumlichen Voraussetzungen ausgesucht. An diesen Schulen erfolgte die Einrichtung einer wöchentlichen schulärztlichen Sprechstunde vor Ort in der Schule als ein freiwilliges und offenes Angebot an alle Schülerinnen und Schüler. Zudem wurden an diesen Schulen Klassenuntersuchungen (Erhebung der medizinischen Vorgeschichte, körperliche Untersuchung, Seh- und Hörtest und Überprüfung des Impfstatus) in den fünften Klassen und in den Übergangsklassen angeboten. Durch die regelmäßige und verlässliche schulärztliche Anwesenheit einer bestimmten und persönlich zugeordneten Schulärztin wurde die im Konzept vorgesehene nachhaltige und kontinuierliche fachliche Beratung und Vernetzung mit den anderen Fachkräften an der Schule ermöglicht. Nach einer Erweiterung von zunächst drei in diesem Sinn vollumfänglich betreuten Mittelschulen auf sechs Mittelschulen im Schuljahr 2013/14 und acht Mittelschulen im Schuljahr 2014/15, wurde dem Stadtrat, wie vorgesehen, im Dezember 2014 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 01909) der erste Evaluationsbericht über den Zeitraum 2012-2014 mit Schlussfolgerungen vorgelegt. Es konnte gezeigt werden, dass es an den im Konzept betreuten Mittelschulen gelingt, Schülerinnen und Schüler mit erhöhten gesundheitlichen Risiken und vorhandenen medizinischen Problemen für eine nachhaltige schulärztliche, d.h. sozialmedizinische Beratung und Unterstützung zu erreichen. Die Ergebnisse der internen Evaluation bestätigten auch die hohe Akzeptanz des Konzeptes bei den Schülerinnen und Schülern, den Lehrkräften und den Fachkräften der Schulsozialarbeit.Den Schlussfolgerungen des Referates für Gesundheit und Umwelt im Sinne einer Erweiterung des Konzeptes „Ärztin/Arzt an der Schule“ auf mindestens eine Mittelschule in allen dreizehn Mittelschulverbünden konnte der Stadtrat zum damaligen Zeitpunkt nicht folgen, beauftragte aber das Referat für Gesundheit und Umwelt, allen Schülerinnen und Schülern der Übergangsklassen eine schulärztliche Untersuchung nach ihrer Ankunft in Deutschland anzubieten. Die Grundlage für diesen Beschluss war der im Bericht des Referates für Gesundheit und Umwelt dargestellte hohe Anteil von Schülerinnen und Schülern in den Übergangsklassen mit relevanten medizinischen Problemen und ohne adäquate Anbindung an das Gesundheitsversorgungssystem.
Zum aktuellen Zeitpunkt werden weiterhin acht Mittelschulen im Konzept „Ärztin/Arzt an der Schule“ betreut. Neben den Mittelschulen werden schulärztliche Untersuchungen in den Übergangsklassen seit dem Schuljahr 2015/16 auch in Grundschulen angeboten. Der hohe medizinische Bedarf für eine schulärztliche Unterstützung der Schülerinnen und Schüler der Übergangsklassen kann weiterhin bestätigt werden.
Auswirkungen der soziodemographischen Entwicklung der Landeshauptstadt München auf die Aufgabenbereiche der Schulgesundheitspflege: Die aktuell kontinuierlich wachsende Anzahl an Schülerinnen und Schülern im Zuständigkeitsbereich des Referates für Gesundheit und Umwelt geht bei gleichzeitig steigender Migration und zunehmendem Anteil von Kindern und Jugendlichen aus sozioökonomisch schwachen Familien mit einer bedeutenden quantitativen und qualitativen Aufgabenmehrung in der Schulgesundheitspflege einher. Der Stadtrat stimmte daher am 19.10.2016 einer Zuschaltung von 11,25 VZÄ (6, 0 VZÄ Ärztinnen und Ärzte, davon 2,0 VZÄ befristet für drei Jahre und 4,25 VZÄ Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger, davon 1,0 VZÄ befristet für drei Jahre) für die Schulgesundheitspflege zu und beauftragte das Referat für Gesundheit und Umwelt mit der Besetzung dieser Stellen und damit mit der Anpassung des schulgesundheitlichen Angebotes an die aktuelle soziodemographische Entwicklung. Insbesondere bestätigte der Stadtrat hier neben dem steigenden Bedarf in der Schuleingangsuntersuchung und in der schulärztlichen Sprechstunde auch die Notwendigkeit einer Stellenmehrung zur Deckung des Bedarfs an schulärztlichen Untersuchungen in den Übergangsklassen (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 06764).
In erster Linie müssen nun die vom Stadtrat bewilligten Stellen besetzt werden.Ihre positive Bewertung des Konzeptes „Ärztin/Arzt an der Schule“ als wertvollen Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit teile ich. Eine Erweiterung des Angebots wird von mir grundsätzlich angestrebt. Das Referat für Gesundheit und Umwelt wurde mit Beschluss vom 19.10.2016 vom Stadtrat beauftragt, nach höchstens drei Jahren über die Umsetzung des Beschlusses zu berichten. In diesem Zusammenhang werden wir auf das Konzept „Ärztin/Arzt an der Schule“ und auf die Möglichkeiten der Erweiterung eingehen.
Ich bitte um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist und Ihrem Anliegen im Rahmen der Umsetzung der vorliegenden Stadtratsbeschlüsse Rechnung getragen wird.