Kreislaufwirtschaft als Chance begreifen V Bessere Bundesgesetze einfordern
Antrag Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) und Sonja Haider, Tobias Ruff (ÖDP) vom 8.12.2016
Antwort Kommunalreferent Axel Markwardt:
In Ihrem Antrag Nr. 14-20/A 02715 vom 8.12.2016 fordern Sie:
„Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich im Deutschen Städtetag dafür einzusetzen, dass folgende Maßnahmen in Bundesgesetzesvorhaben ein- fließen:
1. Erhöhung der Verwertungsquoten von 40% auf mindestens 60%, 2. Erhöhung der garantierten Gewährleistungspflicht für Elektrogeräte von 24 Monate auf mindestens 48 Monate,
3. Senkung der Mehrwertsteuer (MwSt.) für Reparaturen auf den verminderten Mehrwertsteuersatz von 7%.“
Sie begründen Ihren Antrag damit, dass
zu 1. derzeit 40% der Wertstoffe wiederverwertet werden. Dank präziser Sortieranlagen ist heute bereits ein weit höherer Anteil an Aussortierung und Verwertung von Wertstoffen möglich (ca. 60% laut Aussage des Abfallverwertungsbetriebes Wurzer Umwelt). Rohmaterialien müssten in geringerem Maße zur Produktherstellung herangezogen werden. Die Sortierung und Wiederverwertung schafft Arbeitsplätze. Eine schrittweise Anhebung oder ein Übergangszeitraum können der Industrie bei der Umsetzung helfen.
Zu 2. Eine 2-jährige Gewährleistungspflicht für Elektrogeräte ermutigt viele Hersteller geplante Obsoleszenz einzubauen. Obwohl Geräte, wie z.B. Drucker, noch leistungsfähig sind, stoppen sie ihre Funktion nach einer eingestellten Blattzahl. Eine verlängerte Garantiezeit ist die erfolgversprechendste Maßnahme, um zu erreichen, dass langlebigere Geräte entwickelt werden und damit Ressourcen gespart und Müll vermieden. Insbesondere das Problem des Müllexportes von Elektrogeräten in Entwicklungsländer ist trotz Ausfuhrverboten sonst kaum in den Griff zu bekommen.
Zu 3. In Schweden wird ab dem Jahr 2017 die Mehrwertsteuer für Reparaturen halbiert. Von dieser Maßnahme erhofft sich die schwedische Regierung einen Anreiz, dass Dinge repariert statt weggeworfen werden. Reparaturen werden dadurch für die Verbraucher kostengünstiger.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Weg zu Ihrem Antrag folgendes mit:
Nicht erst seit dem Münchner Appell (Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM); Wertstoffgesetz – Münchner Appell zum Wertstoffgesetz; Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 04220) vom 15.10.2015 setzen sich sowohl der Oberbürgermeister als auch der AWM in diversen Gremien wie dem Deutschen Städtetag und dem Verband Kommunaler Unternehmen in verschiedensten Formen für eine bessere Bundesgesetzgebung im Abfallbereich ein. Diese Verbände befinden sich in einem permanenten Dialog mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem Umweltbundesamt. Darüber hinaus nehmen der Zweite Werkleiter, der Leiter des Büros der Werkleitung und Kolleginnen und Kollegen des Abfallwirtschaftsbetriebs München an Konferenzen und Tagungen zur Bundesgesetzgebung teil.
Die von Ihnen im Antrag Nr. 2715 geforderte Erhöhung der Verwertungsquoten von mindestens 40% auf 60% alleine ist für den AWM noch keine wirkliche Verbesserung. Ein technisch durchführbarer höherer Sortieranteil fördert noch kein höheres Recycling. Erst wenn aus den sortierten Materialien neue Produkte entstehen, stellt dies eine signifikante Verbesserung dar. Die Frage der Quotenberechnung ist auch ein zentraler Diskussionspunkt, nicht nur in Deutschland sondern auch in Brüssel. Bisher wird der Eingang an der Sortieranlage bereits als Punkt der Quotenberechnung gewertet. Der AWM und der VKU wie auch die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft e. V. (DGAW) fordern aber, die tatsächlich stofflich wiederverwerteten Materialien als Referenz zu verwenden. Auf diese Weise würden Scheinverwertung und Ersatzbrennstoffherstellung nicht mehr gezählt.
Die von Ihnen geforderte zweijährige Gewährleistungspflicht für Elektrogeräte kann eine von mehreren Lösungen gegen die geplante Obsoleszenz sein. Das Umweltbundesamt hat im Oktober 2016 Empfehlungen für Strategien gegen verschiedene Formen von Obsoleszenz vorgelegt. (http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/strategien_gegen_obsoleszenz_bf.pdf).
Zum Beispiel könnten über die EU-Ökodesign-Richtlinie Anforderungen an die Lebensdauer von Produkten oder zumindest von besonders defektan-fälligen Komponenten gestellt und eine Pflicht zur Angabe der garantierten Lebensdauer (Herstellergarantieaussagepflicht) eingeführt werden.
Die Rahmenbedingungen für Reparaturen könnten verbessert werden, indem – wie dies bereits für Kraftfahrzeuge geregelt ist – Ersatzteile, Reparaturanleitungen und Diagnosesoftware stets auch für nicht herstellergebundene Reparaturbetriebe, -initiativen sowie Wiederverwendungseinrichtungen verfügbar sein müssen. Der AWM unterstützt im Rahmen seiner politischen Verbandsarbeit die Ansätze des Umweltbundesamts.
Der für den AWM wichtigste Punkt in einer besseren Gesetzgebung ist die Abfallvermeidung. Hier unterstützte der AWM ein Projekt des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz zur Erarbeitung eines kommunalen Abfallvermeidungsleitfadens. Dieser wurde vom Resource Lab der Universität Augsburg sowie vom LfU erarbeitet. Der AWM war zusammen mit der Stadt Augsburg und dem Landkreis Miesbach im Projektbeirat und stellte sein know-how im Bereich kommunaler Abfallvermeidung zur Verfügung. Bayern leistet mit dem Leitfaden zudem einen wichtigen Beitrag für das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes unter Beteiligung der Länder.
Zum Fachworkshop „IST-Stand der Umsetzung des deutschen Abfallvermeidungsprogrammes” am 24. Januar 2017 im Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in Berlin wurde der AWM eingeladen, um seine Vorstellungen von Abfallvermeidung darzustellen und sich an der Weiterentwicklung des Abfallvermeidungsprogrammes zu beteiligen.
Der AWM wird sich auch in Zukunft im Rahmen seiner Verbandsarbeit für die Verbesserung der Bundesgesetzgebung einsetzen und seine Positionen in Konferenzen und wissenschaftlichen Arbeitsgruppen vertreten. Abfallvermeidung, Wiederverwendung und Recycling stehen dabei genauso im Vordergrund wie der Erhalt der Abfallwirtschaft als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge.
Abschließend teilt der AWM noch mit, dass das Bundesministerium für Finanzen einer Senkung der MwSt. auf 7% bei Reparaturen nicht zustimmt und somit auch nicht bereit sein wird, einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundestag einzubringen. Die Steuereinbußen für den Bund wären enorm. Deshalb hält es der AWM für nicht zielführend, sich in dieser Angelegenheit einzusetzen. Vielmehr sollte diese Forderung von denAntragstellern auf ministeriellem Weg an die politischen Parteien im Bundestag herangetragen werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.