Vier Millionen Euro für das Projekt RefuMuc – kann es sein, dass die LH München die EU-Fördermittel zurück gibt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) und Sonja Haider (ÖDP) vom 13.12.2016
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 13.12.2016 führen Sie Folgendes aus:
„Es gibt Hinweise darauf, dass die LH München die von der EU genehmigten Fördermittel in Höhe von vier Millionen Euro nicht etwa antragsgemäß verwenden möchte, sondern an die EU zurückgeben will. (...)
Begründung:
Im Oktober war in den verschiedenen öffentlichen Medien von einem großen Erfolg der Landeshauptstadt München zu lesen: ‚RefuMuc‘ ausge- zeichnet: So schreibt der Münchner Merkur: ‚das Münchner Projekt wird von der EU als einzige deutsche Stadt mit vier Millionen Euro gefördert, wie die Stadt mitteilt.‘ Warum freut sich die LH München nicht weiterhin, so eine Auszeichnung erhalten zu haben, um somit die angestrebten innovativen Integrationsprojekte finanzieren zu können? Wie kann es sein, dass das einzig geförderte deutsche Projekt nun plötzlich doch nicht durchgeführt werden soll? Ein erfolgreicher Projektantrag für EU-Projektmittel bedeutet für andere Städte, dass sie nicht gefördert werden. Eine solche EU-Zuwendung bedeutet somit auch Verantwortung für die so gebundenen Finanzmittel.“
Zu Ihrer Anfrage vom 13.12.2016 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Ist es wahr, dass die LH München vorhat, die genehmigten Mittel nicht abzurufen?
Antwort:
Ja, die Landeshauptstadt München wird das EU-Projekt „RefuMuc“ nicht umsetzen und daher die von der EU genehmigten Fördermittel nicht abrufen.
Frage 2:
Was ist der Grund für die Mittelrückgabe?
Antwort:
Sinn und Zweck des Förderprogramms der Urban Innovative Actions (UIA) war es, Städte bei der Umsetzung von neuen, innovative Maßnahmen und Projekten für die Integration von Flüchtlingen und Migranten zu unterstützen mit dem Ziel, die in den Projekten gesammelten Erfahrungen auch auf andere Städte übertragen zu können. Maßgabe der UIA war es fernab von schon existierenden Standards innovative Ideen gemeinsam mit externen Partnern zu entwickeln.
Die Bewerbung des Sozialreferats, das bei der Antragstellung durch das Referat für Arbeit und Wirtschaft unterstützt wurde, erfolgte im März 2016 mit dem Projekt „RefuMuc“.
Wesentlicher Inhalt des Antrags war die Umsetzung von innovativen Maßnahmen im Bereich des Wohnens, der sozialräumlichen Integration, der Ausbildung und Arbeit sowie im Bereich Freizeit und Kultur. Die Ideenentwicklung und Realisierung von Projekten sollte gemeinsam mit externen Partnern innerhalb der ersten drei „Wohnen für Alle“-Gebäude erfolgen. Angedacht waren auch investive Maßnahmen, wie z. B. die Gestaltung von Gemeinschaftsräumen, die Anmietung von externen Flächen, die Realisierung eines Waschcafés u.ä. Aktivitäten, um die Integration zu erleichtern und zu beschleunigen.
Innovativ an dem Projekt war der ganzheitliche Ansatz, über das Wohnhaus und die dort angebotenen Maßnahmen und Projekte eine frühestmögliche Vernetzung der neuen Mieterinnen und Mieter, der Nachbarn und Nachbarinnen und somit eine bestmögliche Integration in das Quartier zu erreichen. Zudem sollten die einzelnen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Zielerreichung evaluiert und weiter fortentwickelt werden.
Mit Zuschlagserteilung durch die EU im Oktober 2016 lag die erforderliche Zustimmung durch den Stadtrat noch nicht vor. Vielmehr wurde deutlich, dass bei der Umsetzung von „Wohnen für Alle“ (WAL) aus sozialpolitischen Gerechtigkeitsaspekten der politische Wunsch besteht, keine einzelnen WAL-Objekte besonders hervorzuheben, sondern alle WAL-Standorte
gleichwertig auszustatten. Ferner sollte nur mehr der bereits vorhandene Standard an Integrationsmaßnahmen für alle geplanten Projekte angestrebt und auf zusätzliche Module verzichtet werden.
Es wurde daher geprüft, ob eine Antragsanpassung gemäß der oben genannten Kriterien erfolgen kann. Die Abweichung vom Förderantrag ist jedoch zu gravierend, somit ist das Projekt nicht mehr förderfähig.Aus diesem Grund wird die Landeshauptstadt München das EU Projekt nicht ausführen.
Frage 3:
Welchen Imageschaden muss die LH München befürchten und können Ihr daraus bei weiteren Projektanträgen eventuell Nachteile erwachsen?
Antwort:
Zum jetzigen Zeitpunkt können die Auswirkungen hinsichtlich der Rückgabe noch nicht abgeschätzt werden. Aufgrund der bisherigen erfolgreichen Durchführung von EU-Projekten ist davon auszugehen, dass kein bleibender Imageschaden aus der Rückgabe des Projektes RefuMuc resultiert und auch zukünftig mit der Europäischen Kommission auf Projektbasis zusammengearbeitet werden kann.
Frage 4:
Wie können ohne diese Fördergelder dennoch die notwendigen (sonst hätte das Geld ja nicht beantragt werden müssen) Integrationsprojekte durchgeführt werden?
Antwort:
Die Bewerbung des Sozialreferats mit „RefuMuc“ erfolgte nicht, weil kein Geld für integrative Maßnahmen vorhanden ist.
Vielmehr war die Idee, neben den bereits vorhandenen standardmäßigen Integrationshilfen an den ersten drei Standorten mit der EU-Förderung neue Maßnahmen auszuprobieren. Im Hintergrund war stets das Ziel, anhand der Erfahrungen aus dem „RefuMuc“ Projekt neue Projekte und Maßnahmen zu finden und diese im Idealfall in die Integrationshilfen mitaufzunehmen.
Bereits geplante und ohne EU-Gelder durchzuführende Maßnahmen sind:
- eine enge Anbindung im Stadtteil und Kooperationsprojekte mit Regsam und den beteiligten Bezirksausschüssen m BA
- ein stadtteilorientiertes Nutzungskonzept der Gemeinschaftsräume mit dem Ziel, dass z.B. Ehrenamtliche dort Angebote ausführen können
- ein bewohnerorientiertes Konzept der Gemeinschaftsräume mit dem Ziel, dass Bewohner dort selbstorganisierte Angebote mit und ohne die Nachbarschaft durchführen
- der Einsatz einer sozial und ökologisch orientierten Hausverwaltung vor Ort- der Einsatz einer sozialpädagogischen Betreuung vor Ort im üblichen Maß
Richtig ist allerdings, dass auch diese Maßnahmen eine finanzielle Mindestausstattung benötigen, welche in einer noch zu erstellenden Beschlussvorlage vom Stadtrat bewilligt werden muss. Diese Ausstattung ist dann grundsätzlich für alle zu eröffnende WAL-Objekte vonnöten, um die Integrationsarbeit zu gewährleisten.
Die Ausführung der Integrationsarbeit ist mit Rücktritt aus dem EU-Projekt somit nicht grundsätzlich gefährdet. Die EU-Förderung wäre ein „Bonus“ gewesen.
Ich hoffe Ihr Anliegen zufriedenstellend beantwortet zu haben.