Park & Ride-Anlagen mit Toiletten ausrüsten
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 19.1.2017
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Ihr an das Kreisverwaltungsreferat gerichteter Antrag vom 19.1.2017 bezieht sich auf die Ausrüstung mit Toiletten bei zu errichtenden P+R-Anlagen mit mehr als 500 Stellplätzen.
Das Kreisverwaltungsreferat als Straßenverkehrsbehörde trifft Maßnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung.
Zudem ist das Kreisverwaltungsreferat das Betreuungsreferat der P+R Park & Ride GmbH und in diesem Zusammenhang auch für Maßnahmen der Gesellschaft im Rahmen deren Betreiberkonzepts zuständig. Der Vollzug der Straßenverkehrsordnung, sowie die Durchführung des Betreiberkonzepts sind laufende Angelegenheiten, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegen.
Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist rechtlich nicht möglich.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftweg zu beantworten.
Das Kreisverwaltungsreferat nimmt als Betreuungsreferat der P+R Park & Ride GmbH in Abstimmung mit der Gesellschaft, dem Kommunalreferat, dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung und dem Referat für Arbeit und Wirtschaft wie folgt dazu Stellung:
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft weist grundsätzlich darauf hin, dass die Münchner Toiletten Gesellschaft mbH (MTG), eine 100%-ige Tochter der Stadtwerke München GmbH, für Betrieb und Sanierung der öffentlichen Toiletten im Stadtgebiet zuständig ist, die einen direkten Zusammenhang mit Bauwerken des ÖPNV der Stadtwerke München GmbH/MVG (SWM/MVG) aufweisen. Der Münchner Stadtrat hat zuletzt mit Beschluss vom 11./19.10.2016 festgelegt, welche diesbezüglichen Toiletten im Stadtge-biet – abhängig von der jeweiligen Priorität – saniert und weiterbetrieben bzw. geschlossen werden und das hiermit ein externer Anbieter beauftragt werden soll. Grundlage dieser Entscheidung waren Untersuchungen aller zu sanierenden Toiletten in Hinblick auf Lage, Frequenz, prognostizierter Sanierungskosten etc.. Auf dieser Basis erfolgte dann aus fachlicher Sicht eine entsprechende Priorisierung.
Mit Verweis auf die künftig zu sanierenden und weiterbetriebenen WC-Anlagen der MTG sollte allerdings vermieden werden, an U-Bahnhöfen mit bereits vorhandener Toilette noch zusätzlich eine Anlage im P+R-Gebäude zu errichten (z.B. Aidenbachstraße oder Fürstenried West).
Dahingehend zielt auch die Stellungnahme der P+R GmbH ab, die es nicht als zielführend ansieht, bei der Festlegung einer abstrakten zahlenmäßigen Größe der P+R-Anlage dort Toilettenanlagen einzuplanen. Vielmehr sollte auf die Funktion der Anlage abgestellt werden.
Das Park-and-Ride-System ist Teil des öffentlichen Personennahverkehrs. P+R-Anlagen werden an leistungsfähigen Knoten des Schnellbahnnetzes errichtet; hier sind meist Kioske und sanitäre Ausstattungen in den Bahnhöfen für alle Kunden, wie beispielsweise in Neuperlach Süd regelmäßig vorhanden. Klassische P+R-Anlagen mit reiner Umsteigefunktion werden immer ohne Toilettenanlagen betrieben. Auf Grund der geringen Nutzerfrequenzen ist bei derartigen Anlagen zum einen ein wirtschaftlicher Betrieb auch mit Entgeltsystemen nicht darstellbar. Zum anderen ist soziale Sicherheit (Schutz vor Übergriffen durch Übersichtlichkeit, Einsehbarkeit und soziale Kontrolle) nicht gegeben.
Anders stellt sich die Situation dar, wenn wie beispielsweise im P+R-Parkhaus Fröttmaning, ein Terminal als Fußgänger- und Aufenthaltsbereich mit Serviceeinrichtungen und zusätzliche Einrichtungen mit Verweilfunktion, wie Busverkehr und Cafeteria, hinzukommen. In derartigen Großterminals mit mehr als 1.000 Stellplätzen ist ein eigenständiger Betrieb sanitärer Anlagen im Rahmen des Parkhausbetriebs verkehrlich sinnvoll und angemessen, allerdings auch dort wirtschaftlich defizitär.
Die Stellungnahme des Referates für Stadtplanung und Bauordnung bestätigt im Wesentlichen die Aussagen des Referates für Arbeit und Wirtschaft. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich nach den derzeitigen Planungen für die Weiterentwicklung des Münchner P+R-Systems auf absehbare Zeit nur die Erweiterung der P+R-Anlage Neuperlach Süd in Form einer kombinierten Tiefgarage und Parkhaus mit geplant ca. 780 Pkw-Stellplätzen abzeichnet. Allerdings ist der Bahnhof Neuperlach Süd bereits heute mit einer Toilettenanlage ausgestattet, so dass aus Sicht der Verkehrsplanung keine zusätzliche Notwendigkeit der weiteren Ausstattung mit einer WC-Anlage der dortigen P+R-Anlage abzuleiten ist.
Des Weiteren merkt das Planungsreferat kritisch an, dass der Zweck der P+R-Anlagen darin besteht, den Umstieg vom privaten Kfz auf den öffentlichen Verkehr für Pendlerinnen und Pendler zu ermöglichen. Warum diese allerdings gegenüber den anderen Nutzerinnen und Nutzern, die die Haltepunkte des öffentlichen Verkehrs anders als mit dem Pkw erreichen, durch die Ausstattung der P+R-Anlagen mit Toiletten privilegiert werden sollten, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr sollte an den Haltepunkten mit entsprechender Größe und baulicher Eignung für alle Nutzerinnen und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel ein solches Angebot bestehen.
Hinsichtlich der Finanzierbarkeit von Toilettenanlagen in P+R-Anlagen aus der Finanzreserve „Stellplatzablösemittel“ teilt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung außerdem Folgendes mit:
„Grundsätzlich kann eine Toilettenanlage als zeitgemäße Ausstattung einer an einem Umsteigknoten zum ÖPNV liegenden P+R-Anlage angesehen
und damit als aus Stellplatzablösemitteln finanzierbar bewertet werden. Sollte allerdings bereits eine Toilettenanlage im Bereich der ÖPNV-Haltestelle eingerichtet sein, wird grundsätzlich kein Bedarf einer weiteren Anlage im Rahmen des P+R-Bauwerks gesehen. Eine Finanzierung aus Stellplatzablösemitteln wäre in solchen Fällen als unwirtschaftlicher Mitteleinsatz abzulehnen.
Auch darf keine Verlagerung der Finanzierung von Toilettenanlagen auf die Finanzreserve ‚Stellplatzablösemittel‘ erfolgen, falls eine andere Zuständigkeit/Verpflichtung der Ausstattung des öffentlichen Raumes mit öffentlichen WC-Anlagen besteht.
In diesem Zusammenhang wird auf das Strategiekonzept für die öffentlichen Bedürfnisanstalten und die Gründung der Münchner Toiletten GmbH (MTG) verwiesen (u.a. Beschluss der Vollversammlung vom 5.6.2013, Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 11857).
Dies entspricht hinsichtlich der Erstellungskosten für den Bau, der Zuständigkeiten sowie der Kostenfrage für den Betrieb auch der Stellungnahme des Referates für Arbeit und Wirtschaft und der P+R Park & Ride GmbH. Im Ergebnis kann daher nur im Ausnahmefall am konkreten Fallbeispiel eine Kostenübernahme und damit verbundene Zuständigkeit der P+R Park & Ride GmbH für den Betrieb diskutiert werden.“
Der Behindertenbeirat der Landeshauptstadt München wiederum begrüßt in seiner Stellungnahme die Ausrüstung von P+R-Anlagen mit Toiletten. Weiter führt er aus, dass gerade in Stadtrandlagen, an denen bevorzugt P+R-Anlagen errichtet werden, barrierefreie Toiletten fehlen.Das Kreisverwaltungsreferat als Betreuungsreferat stimmt mit dem oben geschilderten Betreiberkonzept der P+R GmbH überein, in dem Toilettenanlagen in den neu zu errichtenden P+R-Anlagen funktionsabhängig eingeplant werden. Dies ist u.E. verkehrlich sinnvoll und vor allem aber auch wirtschaftlicher und wurde bisher bei den Großanlagen (Fröttmaning und Messestadt Ost) bereits praktiziert.
In der Gesamtschau der Stellungnahmen und Abwägung aller Umstände können wir mitteilen, dass bei Großanlagen mit besonderer verkehrlicher Funktion bereits jetzt Toilettenanlagen eingeplant wurden und in den MVG/ SWM-Bauwerken in der Regel bereits WC-Anlagen vorhanden sind, so dass eine zusätzliche Ausstattung in den jeweils anhängenden P+R-Bauwerken auf Grund des oben aufgeführten Stadtratsauftrages vermieden werden soll.
Wir bitten um Kenntnisnahme der Ausführungen und gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.