Erschließung des künftigen Gebiets der „städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme im Münchner Nordosten – SEM“ mit schienengebundenen ÖPNV
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Lydia Dietrich, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 1.2.2017
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 1.2.2017 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie die Größe und Bedeutung der geplanten Siedlungsmaßnahme im Münchner Nordosten aus und weisen darauf hin, wie wichtig die ÖPNV-Erschließung sei. Deshalb sei es eine denkbar schlechte Voraussetzung, dass nach aktuellem Planungsstand die tiefergelegte S8 möglicherweise erst 2037 in Betrieb gehen könne.
Frage 1:
Kann die Verlängerung der U4 nach Englschalking unabhängig von der Baumaßnahme Tieferlegung der S8 geplant und gebaut werden, also vorher oder gleichzeitig?
Antwort:
Die Bauausführung der U4 nach Englschalking ist grundsätzlich unabhängig von Baumaßnahmen an der S8 möglich, wenn die beiden Projekte planerisch entsprechend aufeinander abgestimmt sind. Hierzu müssten rechtzeitig u. a. detaillierte Abstimmungen mit der DB im Bereich der Querung mit den DB-Anlagen (z.B. Bauablauf, geplante Tieferlegung, Klärung der Umsteigesituation U-Bahn zu S-Bahn), mit den SWM (z.B. erforderliche Abstellanlage) und Abstimmungen bezüglich einer möglichen weiteren Streckenerweiterung geführt werden.
Derzeit ist die Betriebliche Aufgabenstellung als Teil der Leistungsphase 1 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für den viergleisigen Ausbau der Strecke Johanneskirchen – Daglfing in Erarbeitung durch die Deutsche Bahn. In diesem Zusammenhang hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung bereits die allerdings noch durch den Stadtrat zu beauftragende Verknüpfung zwischen U- und S-Bahn in die Planungen eingebracht. Wie das Verknüpfungsbauwerk errichtet werden kann, ist bei diesem Planungsstand nicht absehbar. Erst im Rahmen der Leistungsphase2 – der Vorplanung – können weitergehende Aussagen dazu getroffen und eine detaillierte Abstimmung (vgl. oben) vorgenommen werden.
Frage 2:
Wenn ja, bis wann könnte diese verlängerte U4 unter günstigsten Umstän- den in Betrieb gehen?
Wenn nein, wie lange dauert dann die Betriebsaufnahme der verlängerten U4 über das Jahr 2037 hinaus?
Antwort:
Unter günstigsten Umständen muss für den Planungsabschnitt von der Grundlagenermittlung bis zur Genehmigungsplanung (Leistungsphasen 1 bis 4 HOAI) ein Zeitraum von mindestens 3 Jahren gerechnet werden. Für die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens muss von einem Zeitraum von 2 Jahren ausgegangen werden. Anschließend an die Plangenehmigung müssen für die Ausschreibung, Vergabe und Baudurchführung (Leistungsphase 5 bis 9 HOAI) 5 Jahre (bei überwiegend offenen Bauweisen) bis 7 Jahre (bei überwiegend geschlossenen Tunnelbauweisen) angesetzt werden. Hiermit ergibt sich also ein Gesamtzeitraum von ca. 10 - 12 Jahren bis die U4-Verlängerung unter günstigsten Umständen in Betrieb genommen werden könnte.
Frage 3:
Welche Planungszeit und Bauzeit (bitte getrennt angeben) ist für den S8-Tunnel tatsächlich vorgesehen? (Es reicht ein Erfahrungswert aus früheren ÖV-Tunnelprojekten).
Kann während dieser Bauzeit der S-Bahnbetrieb uneingeschränkt, eingeschränkt oder gar nicht aufrechterhalten werden? Mit welchen Einschränkungen ist voraussichtlich zu rechnen, über welchen Zeitraum?
Antwort:
Nach aktuellen Ergebnissen der Grundlagenermittlung zur Tunnellösung im Rahmen des viergleisigen Ausbaus der Strecke Daglfing – Johanneskirchen wird mit einer Planungszeit inkl. Genehmigungsverfahren bis 2031 und einer Bauzeit bis 2038 gerechnet, wobei der Tunnel bereits im Jahre 2037 in Betrieb gehen könnte. Diese Zeitplanung ist allerdings aufgrund der bisherigen geringen Planungstiefe und der Beteiligung Dritter (Bund, Eisenbahnbundesamt, Freistaat) an Finanzierungsverhandlungen und Genehmigungsverfahren als grober Richtwert zu betrachten. Sie beruht auf den standardmäßigen Verfahren gemäß HOAI. Derzeit wird geprüft, obman ggf. unter Umgehung der Standardverfahren etwas Zeit durch Parallelarbeiten gewinnen kann.
Es ist geplant, während der gesamten Bauzeit von möglicherweise ca. sieben Jahren den S-Bahnverkehr aufrecht zu erhalten. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass sich bei bestimmten Bautätigkeiten Sperrungen an einzelnen Tagen oder Wochen nicht vermeiden lassen. Mehr Details sind zum derzeitigen Planungsstand (Baubeginn möglicherweise 2031) nicht möglich.
Frage 4:
Was bedeutet eine Bauzeit des S8-Tunnels bis 2037 für die gesamte SEM, insbesondere für den Wohnungsbau?
Antwort:
Im Rahmen des integrierten Strukturkonzepts für den Münchner Nordosten, das von einer Tunnellage der viergleisig ausgebauten Bahnstrecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen ausgeht, werden auch Entwicklungsabschnitte definiert. Diese stufenweise Entwicklung des Münchner Nordostens von einzelnen Quartieren steht in einem Zusammenhang mit den Maßnahmen entlang der S8, hat jedoch hauptsächlich in den Nahbereichen Auswirkungen auf die konkrete bauliche Umsetzung.
Der Ausbau der Querungen für Fuß- und Radverkehr sowie den MIV an der S8 wird im Rahmen der Erarbeitung des integrierten Strukturkonzepts unter anderem durch Untersuchungen und ersten planerischen Vorplanungen von temporären höhenfreien Querungsbauwerken bearbeitet. Damit ist losgelöst von dem Fortschritt der Planungen des Ausbaus und der Tieferlegung der S8 eine Erschließung des Gebiets gesichert.
Auch die mögliche Verlängerung der U4 bis zum S-Bahnhof Englschalking und ggf. darüber hinaus, könnte losgelöst von dem Fortschritt der Planungen des Tunnels erfolgen (siehe hierzu Antwort auf Frage 1).
Die Varianten geben für die spätere Umsetzung erste Entwicklungsabschnitte vor. Diese werden in der Überarbeitung zu dem integrierten Strukturkonzept für den Münchner Nordosten weiter konkretisiert. Aktuell folgen die Entwicklungsabschnitte so aufeinander, dass die Bereiche im Nahbereich der S-Bahn erst später erfolgen als in den anderen Entwicklungsabschnitten.
Frage 5:
Ist es richtig, dass die aktuellen Planungen der künftigen Express-S-Bahn zum Flughafen keinen Halt am künftigen U/S-Verknüpfungspunkt Engl- schalking vorsehen?
Antwort:
Die Planungen zur Express-S-Bahn auf der S8-Trasse als Alternative zur Magnetschwebebahn zum Flughafen wurden dem Stadtrat mit Beschluss der Vollversammlung vom 5.4.2006 (Sitzungsvorlagen-Nr. 02-08/V 07887) vorgestellt. Im damaligen Konzept war der Haltepunkt Englschalking tatsächlich nicht als Stopp für einen Flughafenexpress empfohlen worden, allerdings schon damals unter dem Vorbehalt, dass ein Halt für den möglichen künftigen Kreuzungsbahnhof Englschalking zwischen S8/U4 offen zu halten ist, um für diesen Fall die günstigen Verteilereffekte nutzen zu können.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat daher im Rahmen der Betrieblichen Aufgabenstellung diese Planungen bei der Bahn eingebracht (vgl. Frage 1) und wird in diesem Zusammenhang an den Freistaat herantreten, dies als Planer und Besteller von Regionalverkehren bei der DB einzufordern.
Frage 6:
Wenn ja, teilt der Oberbürgermeister unsere Einschätzung, dass dadurch die Attraktivität einer verlängerten U4 bis zur Messe erheblich einge- schränkt wäre, wegen zusätzlicher Umsteigebeziehungen und verlängerter Fahrzeiten?
Antwort:
Ja.