Zur Neuauflage des Buchs „Kafka geht ins Kino“ von Hanns Zischler hat das Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, die im Buch erwähnten Filme zusammengetragen und in Zusammenarbeit mit internationalen Filmarchiven aufwändig restauriert. Vom 20. bis 23. April sind ausgewählte frühe Melodramen, Komödien und Dokumente im Filmmuseum zu sehen, musikalisch begleitet werden die Stummfilme von Richard Siedhoff und Günter A. Buchwald. Zur Eröffnung am Donnerstag, 20. April, um 19 Uhr liest Hanns Zischler aus seinem Buch. Die Lesung wird ergänzt durch Filmausschnitte und Erläuterungen zur Restaurierung von Stefan Drößler.
Viele kennen Franz Kafkas Tagebuchnotiz „Im Kino gewesen. Geweint“, aber nur wenige wissen von den Film-Obsessionen des Autors. Eine wichtige Empfängerin seiner Briefe ist seine Verlobte Felice, der er in wechselnden Stimmungen während seiner Reisen Erlebnisse und Impressionen vermittelt, wozu auch Kinobesuche gehören. Hanns Zischler hat sich für sein Buch auf Spurensuche begeben, um speziell die Kinobesuche von Franz Kafka in Prag, Paris, München, Verona und bei anderen Reisen aus Briefen und Tagebüchern zu rekonstruieren. Oft war Kafka damals in Begleitung seines Freundes, des Autors Max Brod. Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Film „Die weiße Sklavin“ (1910) von August Blom. So notierte Kafka am 26. August 1911 in sein Tagebuch: „Ich erinnere mich noch genau an das Kinematographenstück ‚Die Weiße Sklavin‘, in dem die unschuldige Heldin gleich am Bahnhofsausgang im Dunkel von fremden Männern in ein Automobil gedrängt und weggeführt wird.“ Die Vorführung des Films am Freitag, 21. April, wird allerdings zeigen, dass die Filmsequenz in dieser Form nicht existiert und die erwähnten Männer lediglich von rechts nach links das Bild passieren.
Im Programm sind außerdem „Theodor Körner“ (1912), ein „vaterländischer Großfilm“ zum 100. Geburtstag des Freiheitsdichters, „Die Herzensbrecherin“ (1913), ein „herrlich koloriertes“ Melodram, das Kafkas Schwester empfahl, „Daddy-Long-Legs“ (1919), eine typische Komödie mit Mary Pickford, die Kafka außerordentlich begeisterte, der erste deutsche Künstlerfilm „Der Andere“ (1913) mit Albert Bassermann sowie „Rückkehr nach Zion“ (1921) aus Palästina, ein zionistischer Dokumentarfilm über den Aufbau eines „jüdischen Palästina“, den Stewart Tryster, der ehemalige Leiter des Steven Spielberg Jewish Film Archives in Jerusalem, vorstellt (Sonntag, 23. April, um 18.30 Uhr).
Umrahmt wird die Reihe mit Steven Soderberghs collagehaftem Spielfilm „Kafka“ (1991), einer Mischung aus Historie, Realfiktion und Kafkas Personal (21. April).
Weitere Infos sowie alle Filme und Termine finden sich im Programmheft des Filmmuseums und unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film. Der Eintritt kostet 6, ermäßigt 5 Euro. Telefonische Kartenreservierungen sind unter der Telefonnummer 233 – 964 50 möglich.