Nachgehakt: Wird der Olympiapark verramscht?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 20.6.2016
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 20.06.2016 führten Sie als Begründung aus:
„In der Antwort vom 10. März 2016 zu unserer gleichnamigen Anfrage vom Januar 2016 stellt der zweite Bürgermeister Josef Schmid die Haltung des Kreisverwaltungsreferats dar, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach der Grünanlagensatzung ein ‚Geschäft der laufenden Verwaltung‘ sei. Deshalb sei der Stadtrat bei der Genehmigung der Veranstaltung ‚Red Bull – crashed ice‘ nicht beteiligt worden.“
Die aufgrund der stadtinternen Abstimmung nicht eingehaltene Frist für die Beantwortung der Anfrage bitte ich zu entschuldigen.
Für die Beantwortung Ihrer Anfrage haben wir das Bau- und das Kreisverwaltungsreferat sowie die Olympiapark München GmbH um Stellungnahme gebeten.
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können nun wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Ist der Oberbürgermeister der Ansicht, dass es sich bei der Erlaubnis, die öffentlich gewidmete Grünanlage Olympiapark (Grünanlage incl. Olympiasee südlich des Coubertainplatzes) für eine hochkommerzielle Veranstal- tung für mehr als zwei Monate (Aufbau – Veranstaltung – Abbau) umzunutzen, um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt? Falls ja, bitten wir um Einholung eines Rechtsgutachtens.
Antwort:
Das Kreisverwaltungsreferat hat hierzu Folgendes mitgeteilt:
Bezüglich des angesprochenen Nutzungszeitraums des Olympiaparkgeländes ist festzuhalten, dass die Ausnahmegenehmigung nach der Grünanlagensatzung inkl. Auf- und Abbau für die Zeit von 07.12.2015 bis 22.01.2016 erteilt wurde. Anzumerken ist auch, dass der Olympiasee, das Willi-Gebhardt-Ufer sowie das Gelände nördlich des Olympiasees nicht der Städtischen Grünanlagensatzung unterliegen. Der Großteil der Aufbauten (Zielbereich, Tribünen, Promotionstände, Essensstände) wurde bei der Veranstaltung „Red Bull – Crashed Ice“ folglich nicht in der städtischen Grünanlage aufgebaut.
Die Ausnahmegenehmigung enthält u.a. die Auflage, dass „nur die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Veranstaltung zwingend erforderlichen Absperrungen“ errichtet werden dürfen. „Im Übrigen ist der Zugang zur Grünanlage für den allgemeinen Besucherverkehr zu gewährleisten.“ Daher kann nicht von einer Umwidmung der Grünanlagen gesprochen werden. Die Grünanlage war nicht über den gesamten Nutzungszeitraum (siehe oben) für Besucherinnen und Besucher gesperrt. Vielmehr war es auch während des Auf- und Abbaus nach wie vor möglich, die Grünanlage zu nutzen. In dieser Zeit wurden nur die zwingend, zur Erhaltung der Verkehrssicherheit erforderlichen Absperrungen errichtet. Auch ist der Nutzungsdruck auf die Grünanlage in den Wintermonaten deutlich geringer als im Sommer.
Das Baureferat hat hierzu Folgendes mitgeteilt:
Für die Genehmigung der Veranstaltung ist das Kreisverwaltungsreferat zuständig. Zu den grundsätzlich angefragten rechtlichen Grundlagen wird insoweit auf das KVR verwiesen. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens des KVR wurde das Baureferat einbezogen und vorab um Stellungnahme gebeten.
Das Baureferat (Gartenbau) ist für den Unterhalt und die Pflege des Olympiaberges im Bereich südlich der Wege des Willi-Gebhardt-Ufers zuständig. Die Basis hierfür bilden ein Konsortialvertrag sowie fachlich ein Parkpflegewerk.
Seitens des Baureferats wurden zum Schutz der Grünanlage umfangreiche Auflagen gefordert, die den Ausschluss ökologisch sensibler Bereiche von der Nutzung und eine größtmögliche Schonung der Anlagen sicherstellen sollten bzw. ebenso die Herstellung des ursprünglichen Zustands verlangten.
Voraussetzung für Sondernutzungen von Grünanlagen ist die Rücksichtnahme auf die Parkbesucher bei Auf- und Abbau. Im Übrigen ist der Zugang zur Grünanlage für den allgemeinen Besucherverkehr zu gewährleisten.
Die Übergabe der in Anspruch genommenen Flächen und Wege in der Grünanlage (Plan siehe Anlage) an den Veranstalter fand am 03.12.2015 statt. Die Rückgabe und Abnahme erfolgte vereinbarungsgemäß am 28.01.2016. Dabei waren alle Wege in verkehrssicherem Zustand und die Grünflächen wiederhergestellt. Lediglich Restarbeiten (Begrünungsmaßnahmen) erfolgten witterungsbedingt im Frühjahr.
Frage 2:
Handelt es sich bei der Veranstaltung „Red Bull – crashed ice“ (TZ Mün- chen: „Wahnsinn auf Kufen“) um eine Veranstaltung, die der Förderung des Sportgedankens dient im Sinne der Beschlussvorlage 14-20/V 01696? War dem Stadtrat bei der Beschlussfassung bekannt, dass die Veranstaltung so weitgehend in die Grünflächen am Olympiaberg und in den Olympiasee eingreifen wird?
Antwort:
Die Veranstaltung diente nach Ansicht des Referates für Bildung und Sport als Trend- und Actionsportveranstaltung der Förderung des Sportgedankens. Dem Referat für Bildung und Sport war die Inanspruchnahme der Flächen bekannt.
Frage 3:
Ist dem Oberbürgermeister bekannt, dass für die Veranstaltung ausweislich des Angebots der München Ticket Eintritte in Höhe von 21 Euro für Stehplätze und für Behinderte und bis zu 44 Euro im Tribünenbereich gezahlt werden mussten?
Antwort:
Die Olympiapark München GmbH hat hierzu Folgendes mitgeteilt:
Nachdem sich die Olympiapark München GmbH entschlossen hat, in Anbetracht der Schneesituation in München den Skiweltcup, gerade auch aus ökonomischen und ökologischen Gründen, zumindest vorerst nicht mehr durchzuführen, galten die Bemühungen einer ähnlich gearteten Veranstaltung, bei der darüber hinaus die Olympiapark München GmbH und damit auch die Landeshauptstadt München kein finanzielles Risiko tragen. So konnte im Gegenteil die Gesellschaft und damit indirekt auch die Kommune Erlöse in Höhe von 80.000 Euro verzeichnen. Dieses Ergebnis wurde auch von den Aufsichtsgremien positiv eingeschätzt.
Da diese Veranstaltung vornehmlich ein junges Publikum anspricht, wurden gerade hier sehr günstige Tickets angeboten (Stehplatzpreise für Kinder bis 14 Jahre zwischen 6 Euro und 8 Euro, Jugendliche, Studenten, etc. zwischen 12 Euro und 16 Euro). Die Eintrittspreise für Erwachsene bewegten sich an der unteren Grenze der für Sportveranstaltungen üblichen Ticketpreise.
Die gesamte Veranstaltung, inklusive der Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten wurden im engen Kontakt mit den zuständigen Behörden durchgeführt. So wurde festgelegt, dass während der gesamten Auf- und Abbauphase alle Wege des Olympiaberges frei zugänglich waren. Lediglich an den beiden Veranstaltungstagen wurden während des Trainingsund des eigentlichen Wettbewerbs kleine Teile des Olympiabergs aus Sicherheitsgründen abgesperrt. Verabredungsgemäß wurden entstandene Flurschäden, die nur sehr gering waren, in einer Höhe von 9.000 Euro vom Veranstalter Red Bull getragen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang noch, dass es zu keinen nennenswerten Beschwerden aus der Bevölkerung gekommen ist, was auch das Kreisverwaltungsreferat bestätigt hat. Abschließend weist die Olympiapark München GmbH nochmals darauf hin, dass trotz der schwierigen Witterungsverhältnisse die Veranstaltung ein großer Erfolg war, die über 23.500 Zuschauer angelockt hat. 111 Athleten, über 100 Medienvertreter, mehr als 50 Millionen Medienkontakte, u. a. in der ARD, im ZDF und bei Pro7 sowie in der gesamten Münchner Medienszene mit rund 85 Millionen Kontakten, sprechen hierbei eine deutliche Sprache.
Aus Sicht des Referats für Arbeit und Wirtschaft erscheinen die Ausführungen der Olympiapark München GmbH zur Höhe der Ticket-Preise sowie den vergünstigten Kinder- und Jugend-Tickets plausibel.
Frage 4:
Halten Sie es angesichts dieser Preisgestaltung für angemessen, dass nach der jetzt geltenden Grünanlagengebührensatzung keine Gebühren anfallen?
Antwort:
Das Kreisverwaltungsreferat hat hierzu Folgendes mitgeteilt:
Für die Nutzung der Grünanlage Olympiaberg fallen keine Benutzungsgebühren an, da diese keinen Gebührentatbestand der Grünanlagengebührensatzung (§ 2 Abs. 1) darstellt.
Das Baureferat hat hierzu Folgendes mitgeteilt:
Öffentlichen Grünanlagen kommt in einer hochverdichteten Großstadt neben ihren ökologischen und klimatischen Funktionen eine vorrangige Erholungs- und Freizeitfunktion für unterschiedliche Nutzergruppen zu; damit ist ein außerordentlicher Nutzungsdruck verbunden. Die Grünanlagensatzung dient dazu, den Erholungs- und Freizeitcharakter von Grünanlagen zu sichern und unterschiedliche, teils widerstreitende Nutzerinteressen einem gemeinwohlverträglichen Gesamtausgleich zuzuführen (vgl. Präambel der Grünanlagensatzung).
Gewerbliche Aktivitäten aller Art sind grundsätzlich untersagt, § 2 Abs. 2 Nr. 1 Grünanlagensatzung, Ausnahmen können im Einzelfall zugelassen werden, § 3 Abs. 1 Grünanlagensatzung.Neben den in der Grünanlagengebührensatzung genannten, seinerzeit eigens ausgebauten Veranstaltungsflächen (z. B. Seebühne, Theatron, Festivalgelände am Spiridon-Louis-Ring) mit historischem Bezug hinaus, sieht das Baureferat keine aktuellen Bedarf, neue bzw. zusätzliche Gebührentatbestände und damit weitere feste Veranstaltungsorte zu schaffen, die sich dann in der Regel in nicht extra ausgebauten, sondern auf „grünen“ Flächen befänden. Bei diesen sollte nicht mit neuen Gebührentatbeständen dem Ausnahmecharakter gewerblicher Aktivitäten entgegengewirkt werden.
Frage 5:
Müsste die Grünanlagengebührensatzung nicht um einen Auffangtatbe- stand für derartige Sonder-Veranstaltungen ergänzt werden – analog der Sondernutzungsgebührensatzung zum Punkt „Veranstaltungen“?
Antwort:
Siehe Antwort des Baureferats zu Frage 4.
Zu ergänzen ist, dass Erträge der OMG, die diese mit der Veranstaltung erzielt, zu einer Verringerung des Defizits und damit zu einer Verringerung der Bezuschussung der OMG führen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.