Kein Sonnenschutz auf Balkonen wegen Brandschutzauflagen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 23.2.2017
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Sie haben am 23.02.2017 folgende schriftliche Anfrage gemäß § 68 GeschO gestellt:
„In einem 12-stöckigen Wohnhaus in München mit etwa einhundert Wohneinheiten wurde den Bewohnern von Seiten des Vermieters mitge- teilt, dass nach der anstehenden Sanierung die Markisen ab dem 4. Stock nicht mehr angebracht werden dürfen. Hintergrund sei, dass dies von ei- nem Brandgutachter festgestellt wurde.“
Für die gewährte Fristverlängerung zur Beantwortung Ihrer Anfrage möchten wir uns bedanken.
Zu Ihrer Anfrage nimmt das Kreisverwaltungsreferat in folgender Weise Stellung:
Allgemein darf vorausgeschickt werden, dass dem Kreisverwaltungsreferat, Branddirektion, das in der Stadtratsanfrage erwähnte Sanierungsvorhaben nicht bekannt ist.
Frage 1:
Welche Vorschriften gibt es hierzu von Seiten der Branddirektion?
Antwort:
Die gesetzlichen Vorgaben für Hochhäuser in Bayern ergeben sich aus der Bayerischen Bauordnung (BayBO) und der Richtlinie über die bauaufsichtliche Behandlung von Hochhäusern (HHR). Mit Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (BayStMI) vom 21.04.2015 trat die Richtlinie in Ihrer derzeitigen Fassung März 2015 zum 01.10.2015 in Kraft. Bei der Bewertung der brandschutztechnischen Risiken eines Gebäudes zieht die Branddirektion diese Vorschriften heran. Eigene Vorschriften hierzu wurden von der Branddirektion mangels Befugnis nicht aufgestellt.
Frage 2:
Was ist aus Sicht der Branddirektion bei der Verwendung von Markisen vom Erdgeschoss bis zum 4. Stockwerk anders als in höheren Stockwer- ken?
Antwort:
Die Richtlinie fordert in Ziffer 3.4 Satz 1 HHR, dass nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Außenwände in allen ihren Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
Zu den Teilen der Außenwände im Sinne dieser Vorschrift zählen unter anderem auch Außenwandbekleidungen, einschließlich der Unterkonstruktion sowie Blenden, Fensterläden, Jalousien, Fensterrahmen, Sonnenschutzblenden (vgl. Erläuterung zur HHR Nr. 3.4 Abs. 4 Sätze 3 und 4). Hierbei wird keinerlei Differenzierung vorgenommen, in welchem Stockwerk sich die Bauteile befinden.
Bei Anfragen an die Branddirektion zu den Brandschutzanforderungen finden die eben genannten Vorschriften Anwendung.
Bei allen Prüfungen der Brandschutzanforderungen ist immer der Grundsatz zu beachten, dass sich mit steigender Gebäudehöhe auch die Rettungsmaßnahmen und Brandbekämpfungen schwieriger und aufwendiger gestalten. Übliche Sonnenschutzmarkisen spielen aber nach den Einsatzerfahrungen der Branddirektion für Brandübertragungen auf höhergelegene Geschosse in der Regel keine bzw. eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grunde werden im Rahmen der Feuerbeschau bei Bestandsbewertungen keine Auflagen erteilt, welche brennbare Markisen verbieten würden. Dieses Vorgehen sehen wir nicht im Widerstreit zu den bauaufsichtlichen Vorgaben, da die Betriebsvorschriften der HHR keine Anforderungen zu nichtbrennbaren Markisen treffen. Die HHR in der alten Fassung – Fassung Oktober 1982 – enthielt dahingehend keine Angaben. Für bestehende Hochhäuser findet die aktuelle Fassung der HHR keine Anwendung, die Bauten genießen daher Bestandsschutz.
Frage 3:
Werden diese Regelungen neuerdings im gesamten Stadtgebiet angewendet?
Antwort:
Die oben dargestellten gesetzlichen Reglungen gelten bayernweit und werden von der Branddirektion im gesamten Stadtgebiet einheitlich angewendet.
Frage 4:
Gelten hierzu in München andere Auflagen als in Umlandgemeinden?
Antwort:
Bei der HHR handelt es sich um eine allgemeingültige Brandschutzregelung für Bayern. Die Anforderungen sind daher in allen Städten und Gemeinden gleich. Wie andere Gemeinden im Rahmen der Feuerbeschau mit brennbaren Markisen an bestehenden Hochhäusern umgehen ist nicht bekannt.
Frage 5:
Ist es sinnvoll, dass die Bewohner dazu gezwungen werden Sonnenschirme aufzustellen, welche bei Wind herunter geweht werden können und somit eine erhebliche Gefahr darstellen?
Antwort:
Dies ist sicherlich nicht sinnvoll.