Bearbeitungszeiten für Stadtratsanträge und -anfragen Wie ist die Rechtslage?
Anfrage Stadträte Fritz Schmude und Andre Wächter (Liberal-Konservative Reformer) vom 22.2.2017
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Auf Ihre Anfrage vom 22.02.2017 nehme ich Bezug.
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Mit Verwunderung haben wir von dem Antrag der Bayernpartei vom 17.02.2017 Kenntnis genommen. Mit den Änderungen aus diesem Antrag würde die Handlungsfähigkeit des ehrenamtlichen Stadtrats und insbesondere die der Opposition eingeschränkt werden.
Das Antragsrecht ist ein elementarer Bestandteil des kommunalen Mandates und darf auf keinen Fall durch zu lange Fristen ausgehöhlt werden. Der ehrenamtliche Stadtrat sollte daher eher den Oberbürgermeister regelmäßig daran erinnern, die Anträge fristgerecht auf die Tagesordnung zu setzen.
Die Gemeindeordnung sehe keine Fristen für die Behandlung von Anträgen vor. Unseres Erachtens sind diese unverzüglich (spätestens auf die übernächste Tagesordnung, falls die nächste schon zu voll sein sollte oder die Vorbereitung zu weit fortgeschritten ist) vom Oberbürgermeister auf die Tagesordnung zu setzen.
Alles andere wäre eine massive Einschränkung des Antragsrechtes.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie lange kann der Oberbürgermeister damit warten Antragspunkte auf die Tagesordnung zu setzen, wenn das antragstellende Stadtratsmitglied auf schnellstmögliche Behandlung dringt?
Antwort:
Eine Frist für die Aufnahme eines Antragspunktes in die Tagesordnung ist gesetzlich nicht geregelt.
Nach Art. 46 der Bayerischen Gemeindeordnung (BayGO) ist es Aufgabe des Oberbürgermeisters, die Beratungsgegenstände vorzubereiten. DerOberbürgermeister ist dafür verantwortlich, dass die für die Beratung und Entscheidung maßgeblichen Tatsachen und Gesichtspunkte ermittelt und rechtliche Zweifelsfragen geklärt werden. Zur Sitzungsvorbereitung gehört auch die Erstellung einer schriftlichen Tagesordnung, deren Zweck es ist, die Gemeinderatsmitglieder und auch die Gemeindebürger vorab zu informieren und eine sachgerechte Beratung durch die Möglichkeit der Vorbereitung zu gewährleisten.
Mit dieser Verpflichtung des Oberbürgermeisters, für die Gemeinderatssitzungen eine schriftliche Tagesordnung zu erstellen, korrespondiert grundsätzlich ein Recht jedes einzelnen Gemeinderatsmitglieds, dass der Beratungsgegenstand eines von ihm gestellten Antrags in die Tagesordnung wenigstens stichwortartig aufgenommen wird.
Dieses Recht, die Aufnahme eines ordnungsgemäß gestellten Antrags in die Tagesordnung zu verlangen, ist jedoch unter anderem dadurch eingeschränkt, dass die Aufgabenzuweisung in Art 46 BayGO dem Oberbürgermeister bei der Sitzungsvorbereitung in organisatorischer und zeitlicher Hinsicht einen Spielraum einräumt. Dieser Spielraum wird von der Gemeindeordnung zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber als erforderlich vorausgesetzt, damit die Beratungsgegenstände unter Berücksichtigung vor allem der Thematik, ihrer Gesamtzahl, ihrer Dringlichkeit und der Funktionsfähigkeit des Gemeinderats geordnet und - wenn nötig - auf verschiedene Sitzungen verteilt werden können, etwa um die einzelnen Sitzungen nicht zu überfrachten.
(vgl. zum Ganzen: BayVGH, NVwZ 1988, 83)
Weitere Festlegungen hinsichtlich der Bearbeitungsfrist hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen. Die Streitsache bot dazu keinen Anlass.
Die in § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Stadtrats der Landeshauptstadt München getroffene Regelung orientiert sich an den ausdrücklich nur für Empfehlungen der Bürgerversammlungen und Anträge der Bezirksausschüsse geltenden gesetzlich geregelten Behandlungsfristen (Art. 18 Abs.4 BayGO und Art. 60 Abs. 4 BayGO).
Frage 2:
Welche Rechtsmeinungen gibt es und wie sind die entsprechenden Ausführungen in der Geschäftsordnung im Verhältnis dazu zu sehen?
Antwort:
Wie bei vielen gesetzlich nicht geregelten und gerichtlich (noch) nicht entschiedenen Rechtsfragen gibt es in der Literatur unterschiedliche Auffassungen, die allesamt für die Landeshauptstadt München nicht verbindlich sind.