Renaissance des O-Busbetriebes – im Zeichen der Elektromobilität auch ein Modell für München?
Anfrage Stadtrat Richard Quaas (CSU-Fraktion) vom 10.11.2016
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 10.11.2016 führten Sie als Begründung aus:
„In den 50er und 60er Jahren gab es im Münchner Südwesten einen O-Busbetrieb, der 1966 aus Rentabilitätsgründen eingestellt wurde, weil der Treibstoff und die Fahrzeugbeschaffung bei Dieselfahrzeugen billiger war, als ein eigenes elektrisches System zu betreiben.“ Da es zwischenzeitlich einige Entwicklungen in anderen Städten und Ländern gibt, nach denen Fahrzeuge mit Strom aus Oberleitungen fahren beziehungsweise in Planung sind, wäre zu prüfen, ob sich der Einsatz auch in München wieder rechnen würde und ob auch darauf aufbauende fort- schrittliche Technologien eine gute Alternative zum Dieselbus auf bestimmten Strecken der Stadt wären.
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen beantwortet die SWM wie folgt:
Frage 1:
Wurde von der Stadt und der MVG in jüngerer Zeit wieder geprüft, ob sich aus dem Einsatz von O-Bussen im Münchner Bus-Netz betrieblicher und ökologischer Nutzen ziehen ließe?
Antwort Stadtwerke München GmbH (SWM):
„Die MVG beobachtet permanent alle Marktentwicklungen im ÖPNV-Bereich und prüft, ob sich daraus für die MVG/ den Bürger Vorteile oder Handlungsnotwendigkeiten ergeben. Die O-Bussysteme sind seit langem bekannt und mit punktuellen technischen Verbesserungen ausgestattet.“
Frage 2:
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Antwort SWM:
„Für die MVG ist gegenüber den bestehenden drei Systemen kein Zusatznutzen ableitbar. Ein weiteres 4. System ist nicht erforderlich.
O-Busse sind aufgrund der erforderlichen Infrastruktur deutlich weniger flexibel als der Bus. Sie sind im Netz nicht freizügig einsetzbar. In einerwachsenden Metropole wie München, die einem dynamischen Anpassungsprozess unterliegt und angesichts des hohen Schienenanteils an der Verkehrsleistung Busse in hohem Maße auch spontan und kurzfristig geplant Schienenersatzverkehre übernehmen müssen, ist diese Flexibilität von überragender Bedeutung.“
Frage 3:
Laut Angaben von österreichischen und Schweizer O-Busbetreibern rechnet sich der Einsatz der Elektrobusse, trotz Unterhalt des Fahrleitungsnetzes, gegenüber dem Einsatz von konventionellen Dieselbussen, sieht das die Stadt auch so bzw. hat die Stadt sich die aktuellen Daten der großen europäischen Netzbetreiber von modernen O-Busnetzen einmal abgesehen?
Antwort SWM:
„(siehe hierzu auch Antwort zu Frage 2)
Mit den drei MVG-Verkehrsmitteln U-Bahn, Trambahn und Bus und mit spezifischen Anpassungsmöglichkeiten der Beförderungskapazitäten speziell beim Bus ist München für den Bedarf bestens aufgestellt und in der Lage, wirtschaftlich optimiert zu handeln.“
Frage 4:
In Frankreich, China, Italien, Schweden, Saudi-Arabien, Spanien, Türkei und den USA sind erst jüngst neue O-Busnetze in Betriebe gegangen. Gibt es von dort schon neue Erkenntnisse, ob sich die betriebswirtschaftlichen und ökologischen Erwartungen erfüllt haben?
Antwort SWM:
„Da Kosten, speziell Infrastrukturkosten, sehr spezifisch vom jeweiligen Einsatzfall und den Randbedingungen (Förderung etc.) abhängen, können wirtschaftliche Ergebnisse nicht uneingeschränkt übernommen werden. Es sind für jeden Einsatzfall umfangreiche Studien durchzuführen.
Unter ökologischen Gesichtspunkten – bei Betrachtung der lokalen Emissionen – gilt im Wesentlichen für den O-Bus das Gleiche wie für die Trambahn, nämlich dass die Art der Stromerzeugung entscheidend für die ökologische Bewertung ist.“
Frage 5:
Die Fahrzeughersteller und die Elektroindustrie können zwischenzeitlich moderne Fahrzeuge herstellen, die sowohl im Oberleitungsbetrieb als auch batteriebetriebene Strecken bedienen können, die nicht durchgängig mit Oberleitungen versehen sind und so auch in städtebaulich sensiblen Ge- bieten eingesetzt werden können. Wäre so ein elektrisches Fahrzeug nicht eine gute Option auch für München, so z. B. auf der Buslinie, die den Englischen Garten quert?
Antwort SWM:
„Verkehrsmittel allgemein und Busse ganz speziell sollten aus diversen Gründen möglichst universell im Liniennetz eingesetzt werden können (vgl. Antwort Frage 2). O-Busse, auch mit Energiespeicherung für kurze Strecken, sind hierfür nicht geeignet. Im Übrigen darf hier auf die SWM-Trambahn mit Energiespeicherung in Batterien verwiesen werden, für die bereits nachgewiesen wurde, dass diese auch mit der gespeicherten Energie durch den Englischen Garten fahren könnte und dadurch die Oberleitung entfiele.“
Frage 6 und Frage 7:
Verfolgen die Stadt und Ihre Stadtwerke auch die Versuche, z. B. in Schweden, Lkw`s mit modernster Elektronik auf Fernstrecken elektrisch zu betreiben, um so den Energieverbrauch zu minimieren und einen großen Beitrag für die Luftreinhaltung zu leisten?
Antwort SWM:
„Stadtverkehre unterliegen anderen Bedingungen als Überlandverkehre. Die SWM verfolgen selbstverständlich auch die technologischen Entwicklungen im Nutzfahrzeugbereich.“
Frage 8 und Frage 9:
Wenn ja, welche Schlüsse ziehen Stadt, SWM und MVG daraus für München?
Wenn nein, warum werden neue oder wieder aktuell interessant gewordene, umweltfreundliche Technologien nicht ständig auf ihre mögliche Um- setzbarkeit für unsere Stadt geprüft?
Antwort SWM:
„Die Technologie des O-Bussystems ist nach derzeitigem Entwicklungsstand für den Münchner Busverkehr mangels Wirtschaftlichkeit nicht geeignet. Wir setzen auf den technologischen Fortschritt und erwarten aufgrund von Veröffentlichungen aus dem Pkw-Bereich eine neue Batteriegeneration mit deutlich verbesserten physikalischen Eigenschaften und Speicherkapazitäten, die ab ca. 2025 auf den Markt kommen wird. Der E-Bus wird davon profitieren und es werden dann voraussichtlich freizügige Einsätze (eine Tagesfahrleistung ohne Nachladen im Tageseinsatz) möglich sein. DerNeuaufbau eines O-Bussystems für so kurze Zeit wäre absolut unwirtschaftlich und ist auch angesichts der gegebenen Planungs- und Genehmigungsabläufe als Übergangslösung unrealistisch.
Leistungsfähige E-Busse, die zwangsläufig mit dem Batteriefortschritt für den Pkw kommen werden, vereinigen die ökologischen Vorteile eines O-Busses mit den freizügigen Einsatzmöglichkeiten des heutigen Dieselbusses. Daraus folgt eine akzeptable Wirtschaftlichkeit.“
Frage 10:
Sieht das Planungs- und Umweltreferat im Zuge des Ausbaus der Elektromobilität in München, auch um stark abgasbelastete Straßenzüge zu entlasten, einen Nutzen in O-Bussystemen?
Antwort LHM:
„Die Stadt München fördert das Thema Elektrobusse, u. a. mit einem Zuschuss zu zwei batterieelektrischen Solobussen mit Nachtladung. Darüber hinaus wurden im Zuge der Mittelumschichtung aus dem Förderprogramm Elektromobilität der LH München in das Handlungsfeld 5 des „Integrierten Handlungsprogramms zur Förderung der Elektromobilität in München (IH-FEM 2015)“ (SV Nr. 14-20/V 07497) zusätzliche Mittel in Höhe von 4 Mio. Euro für eine weitergehende Elektrifizierung der Busse im ÖPNV bereitgestellt. Aus diesem Budget wird der Umbau der Busflotte der SWM/MVG auf E-Busse unterstützt. Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 mindestens eine erste Buslinie mit batterieelektrisch betriebenen Bussen zu betreiben. Ein parallel aufzubauendes O-Bussystem steht dabei nicht im Vordergrund der Überlegungen.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.