Warum wird bei der „Donner-Tram“ so langsam reagiert?
Anfrage Stadträte Richard Quaas und Johann Sauerer (CSU-Fraktion) vom 1.3.2017
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 1.3.2017 führten Sie als Begründung aus:
„Anwohner und Geschäftsleute entlang der Tram-Strecken der Linie 17, aber auch auf den Zu- und Ablaufstrecken zum Betriebshof beklagen sich seit geraumer Zeit immer wieder über die Schallimmissionen, die von vorbeifahrenden Straßenbahntriebzügen ausgehen. Als ‚Sünder‘ entlarvt würden besonders die neuesten Modelle, die die MVG in Betrieb hat und, nach einem fast endlosen Zulassungsdrama vor einigen Monaten erst in den Betrieb gehen konnten, vom Typ ‚Avenio‘ des Münchner ‚Platzhirschen‘ Siemens. Dieses Trambahnmodell wurde, nachdem es mit den vor- her beschafften Zügen vom Typ ‚Variobahn‘ des Konkurrenten Adtranz technische Probleme gab, als künftiges Standardmodell der MVG ausgesucht. Dass nun gerade dieser Triebzug mit besonders lästigen, die Bevölkerung massiv störenden, technischen Fehlern auffällt, ist nur, nach der Zusiche- rung der Alltagstauglichkeit und dem Probebetrieb, schwer nachvollziehbar. Die, die Geräusche auslösenden Flachstellen an den Radreifen müssen eine konstruktive Ursache bei diesem Fahrzeugtyp haben. Die technischen Änderungen, diese störenden Fahrgeräusche abzustellen, scheinen äu- ßerst kompliziert zu sein und vermutlich nicht nur die Radreifen zu betreffen, nur so ist zu erklären, dass sich die Nachrüstung der Fahrzeuge so lange hin zieht.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen hat die hier zuständige Münchner Verkehrsgesellschaft mbH (MVG) Folgendes mitgeteilt:
Frage 1:
Wann wurde die MVG erstmals auf die störenden Geräusche beim Typ Avenio aufmerksam?
Antwort der MVG:
Im Januar 2016 wurden an mehreren Wagen auffällige Unrundheiten festgestellt und als möglicher Serienschaden identifiziert.
Frage 2:
Seit wann liegen der Stadt bzw. der MVG Anrainerbeschwerden entlang der Strecken vor, auf denen der Triebzug vom Typ Avenio eingesetzt wird?
Antwort der MVG:
Gerade in den Wintermonaten gibt es immer wieder vereinzelte Beschwerden von Anwohnern. Diese Häufung in der kalten Jahreszeit hat mehrere Ursachen, unter anderem kommt es durch Streumittel zu verunreinigten und aufgerauten Schienen und Rädern und aufgrund tiefer Temperaturen verändert sich die Körperschallübertragung im Erdreich. Da die einzelnen Linien nie sortenrein, sondern mit unterschiedlichen Fahrzeugtypen besetzt werden, ist eine eindeutige Zuordnung nicht immer möglich. Eine vermehrte Zahl von Beschwerden gab es seit Ende 2016.
Frage 3:
Wann und wie wurde von der MVG auf diese erheblichen Störgeräusche bisher gegenüber der Bevölkerung reagiert?
Antwort der MVG:
Die MVG geht allen eintretenden Beschwerden nach. Im Regelfall wird durch Pflegemaßnahmen an der Schiene eine Besserung erreicht. Falls keine Besserung eintritt, werden weitergehende Maßnahmen zur Ursachenforschung eingeleitet.
Frage 4:
Sind die technischen Ursachen für die Geräuschentwicklung, die sich zwar am Rad bemerkbar macht, der aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine konstruktive Ursache des Fahrzeug Typs zu Grunde liegt, zwischenzeitlich gefunden?
Antwort der MVG:
Die Geräuschentwicklung von Schienenfahrzeugen wird unter anderem ganz wesentlich durch den Kontakt zwischen Rad und Schiene beeinflusst. Insbesondere erhöhte Rauigkeiten oder größere Abweichungen von der geometrischen Form können zu erhöhten Geräuschwerten führen. Durch entsprechende Pflegemaßnahmen werden die Räder und Schienen innerhalb der erforderlichen Werte gehalten. Die Intervalle dieser Pflegemaßnahmen orientieren sich an Erfahrungswerten für den jeweiligen Fahrzeugtyp bzw. die Betriebsanlage, die regelmäßig überprüft und angepasstwerden. Bei der Einführung z. B. eines neuen Fahrzeugtyps orientiert man sich in der Regel an den Erfahrungen mit vorhandenen Fahrzeugen.
Das Auftreten z. B. von Radunrundheiten stellt grundsätzlich kein ungewöhnliches Verhalten dar, die Ausprägung kann sich aber von Fall zu Fall erheblich unterscheiden. Aufgrund der Vielzahl der Einflussmöglichkeiten sowie der komplexen Zusammenhänge gibt es keine allgemeingültige Erklärung für dieses Phänomen. Für den Einsatz in München wird gemeinsam mit dem Hersteller der Züge, der Fa. Siemens, nach Optimierungsmöglichkeiten gesucht. Nach den bisherigen Erkenntnissen kann durch ein verändertes Radreifenmaterial sowie ein optimiertes Radprofil eine Verbesserung erreicht werden.
Frage 5:
Ist das auch ein Fall, mit dem sich die Zulassungsbehörde beschäftigen muss und wenn ja, hat das auf die Betriebszulassung der im Betrieb ste- henden Fahrzeuge, bzw. der schon bestellten Nachbauserie irgendeine Auswirkung?
Antwort der MVG:
Die neuen Radreifen bedürfen der Zulassung. Das Genehmigungsverfahren läuft. Weitere Auswirkungen bestehen aus heutiger Sicht nicht.
Frage 6:
Sind solche Probleme in den anderen Einsatzorten des Avenio, wie Den Haag, Doha und Ulm auch schon aufgetreten oder rühren sie von einer konstruktiven Besonderheit der Münchner Fahrzeuge her, wenn ja, welcher?
Antwort der MVG:
Bislang sind ähnliche Probleme nur aus Den Haag bekannt. Im Übrigen verweisen wir auf unsere Antwort zu Frage 4.
Frage 7:
Wird der Bau der gegenwärtig bestellten Neubauserie von 18 Avenio Trieb- zügen, die bei Siemens in Wien in Arbeit sind, vorläufig gestoppt oder sind diese Fahrzeuge konstruktiv anders ausgelegt, als die bislang an die MVG gelieferten Fahrzeuge, so dass dieser Fehler nicht mehr auftreten kann?
Antwort der MVG:
In die Neubauserie werden alle als Verbesserung identifizierten Änderungen wie z. B. das geänderte Radreifenmaterial und Radprofil einfließen. Siehe hierzu auch unsere Antwort auf Frage 4.
Frage 8:
Ist bei der nachbestellten Serie sichergestellt, dass die Zulassungsproze- dur nicht wieder Monate bzw. Jahre dauert?
Antwort der MVG:
Der Zulassungsprozess läuft in enger Abstimmung mit der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Regierung von Oberbayern. Aufgrund des komplexen Ablaufes rechnen wir mit einer Verfahrensdauer von mindestens 12 Monaten.
Frage 9:
Nachdem die MVG Anliegerbeschwerden an Straßenbahnstrecken, so besonders auf den Neubau-Linien 16 und 23, wo es aber besonders um Brems- und Anfahrgeräusche des GTN 6 geht, in der Vergangenheit nicht immer zur Zufriedenheit der Anwohner behandelt hat, wird hier bei der „Betreuung“ der betroffenen Anrainer sensibler und zielgerichteter, in Richtung Beseitigung der Störungen, vorgegangen?
Antwort der MVG:
Die MVG achtet stets auf die Einhaltung der gesetzlichen Werte. Unsere Bemühungen zur Abstellung des aktuellen Serienschadens an den Avenio-Zügen haben wir breit kommuniziert. Im Übrigen verweisen wir auf unsere Antwort zu Frage 3.
Frage 10:
Ist bei dem Betrieb der Avenio-Fahrzeuge auch die Beanspruchung der Schienen und des Oberbaus von der Norm abweichend, bzw. höher, als ur- sprünglich bei der Bestellung und vom Hersteller zugesagt, berechnet?
Antwort der MVG:
Vorgaben zur Kompatibilität neuer Fahrzeuge mit der vorhandenen Infrastruktur werden bereits vor einer Ausschreibung erstellt. Der Avenio entspricht den Vorgaben.
Frage 11:
Sind auch für die MVG die Wartungskosten der Fahrzeuge durch den Fehler erhöht und wenn ja, wer kommt für den Schaden auf?
Antwort der MVG:
Soweit zusätzlicher Aufwand anfällt, wird dieser zu Beweiszwecken dokumentiert. Priorität hat derzeit die Problemlösung, die weitere Regulierung erfolgt anschließend
Frage 12:
Wann ist definitiv mit einer endgültigen technischen Lösung des Problems zu rechnen, also ggf. der Beseitigung des konstruktiven Fahrzeugfehlers und nicht nur der symptomatischen Behebung durch einen Radreifenwechsel oder lässt sich der Fehler in den fertigen Fahrzeugen nicht mehr endgültig beseitigen?
Antwort der MVG:
Die bereits vorgesehenen technischen Änderungen (Radreifenmaterial, Radprofil) befinden sich derzeit im Zulassungsprozess durch die Technische Aufsichtsbehörde. Unser Ziel ist, mit der Umrüstung noch heuer zu beginnen. Der Zeitplan liegt jedoch nicht allein in unserer Hand.
Frage 13:
Wie viele Fahrzeuge der 18 Züge umfassenden Nachbauserie sind beim Hersteller schon fertig und wann sollen die Fahrzeuge nach München geliefert werden?
Antwort der MVG:
Die Züge befinden sich derzeit in der Fertigung. Das erste Fahrzeug wird voraussichtlich im Dezember 2017 in München eintreffen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.