Wenn Asylbewerber und Schutzberechtigte unberechtigt nach München übersiedeln – wer zahlt?
Anfrage Stadtrat Karl Richter (BIA) vom 9.3.2017
Antwort Sozialreferat:
In Ihrer Anfrage vom 9.3.2017 führen Sie Folgendes aus:
„Wie die Tageszeitung ‚Die Welt‘ jetzt berichtete, fordert die Stadt Gelsen- kirchen eine Summe von mehr als 500.000 Euro von den mitteldeutschen Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Hintergrund der Forderung ist der Umstand, dass rund 350 ‚Flüchtlinge‘, die ihrer Zuweisung zufolge eigentlich dort leben sollten, nach Gelsenkirchen gezogen sind. Konkret gehe es um Unterkunftskosten von 535.000 Euro für 350 anerkannte Asylbewerber und ‚Schutzberechtigte‘, die ihren Wohnsitz entgegen ihrer Zuweisung in Gelsenkirchen genommen hätten, teilte die Stadt unter Hin- weis auf ein Schreiben von SPD-Oberbürgermeister Frank Baranowksi an die Ministerpräsidenten Sachsens und Sachsen-Anhalts mit. Dort heißt es: ‚Wir erwarten, dass die beiden Länder das Geld, das sie erhalten, aber gar nicht benötigt haben, an uns weiterleiten.‘ Dies sei eine Frage der Solidari- tät zwischen Ländern und Kommunen. (Nach: https://www.welt.de/regio- nales/nrw/article162667321/Gelsenkirchen-fordert-Geld-von-ostdeutschen- Laendern.html; zuletzt aufgerufen: 8.3.2017, 18.34 Uhr; KR). – Interessanter als für Gelsenkirchen dürfte diese Konstellation für die ungleich beliebtere bayerische Landeshauptstadt München sein, die naheliegenderweise von noch viel mehr in Mitteldeutschland untergebrachten Asylbewerbern und ‚Schutzberechtigten‘ aufgesucht worden sein dürfte.“
Zu Ihrer Anfrage vom 9.3.2017 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie viele zunächst an Unterbringungseinrichtungen in Mitteldeutschland zugewiesene Asylbewerber und „Schutzberechtigte“ sind – unter Verlet- zung ihrer Residenzpflicht – in den letzten Jahren unberechtigterweise nach München gezogen?
Antwort:
Bei Zuzug wohnungsloser anerkannter Asylbewerber und sonstiger Schutzberechtigter nach München erfolgt immer die Prüfung der Zuständigkeit. Neben der Anwendung der Regelungen der Dienstanweisung „Sofortunterbringung“ werden selbstverständlich auch die Voraussetzungen und Ausnahmetatbestände des § 12 a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) hinsichtlich einer etwaigen Residenzpflicht andernorts geprüft.
Darauf basierend kann davon ausgegangen werden, dass bei der Unterbringung dieses Personenkreises durch die zentrale Wohnungslosenhilfe kein unberechtigter Zuzug erfolgt.
Frage 2:
Inwieweit hat die LHM analog zum Gelsenkirchener Beispiel eine Erstattung von angefallenen Unterkunftskosten von mitteldeutschen Ländern eingefordert? Um welche Summe geht es?
Antwort:
Erstattungen waren nicht anzumelden. Siehe hierzu auch Antwort zu Frage 1.
Frage 3:
Wenn die LHM bislang keine Erstattung eingefordert hat: warum nicht? Wann wird eine solche Forderung ergehen?
Antwort:
Siehe Antworten zu den Fragen 1 und 2.
Frage 4:
Inwieweit ist eine Erstattung angefallener Unterbringungskosten für unberechtigt nach München gezogene Asylbewerber und „Schutzberechtigte“ anderweitig geregelt, z.B. mit der Regierung von Oberbayern oder dem Freistaat Bayern? Welche Summen erhielt die bayerische Landeshauptstadt im Wege dieser Regelung ggf. seit Jahresbeginn 2015 erstattet?
Antwort:
Grundsätzlich ist die Kostenerstattung gegenüber anderen Leistungsträgern für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in § 10 b AsyblLG geregelt. Für Leistungsberechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) basiert ein Erstattungsanspruch grundsätzlich auf § 102 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Ansonsten siehe Antwort zu Frage 2.
Frage 5:
Inwieweit werden Verstöße gegen die Residenzpflicht von Asylbewerbern in München überhaupt registriert? Wie steht es um diesbezügliche Kontrollen durch das zuständige Kreisverwaltungsreferat? Wie wird mit erkannten Verstößen gegen die Residenzpflicht verfahren bzw. welche Konsequenzen haben Überführte zu gewärtigen?
Antwort:
Hierzu teilt das Kreisverwaltungsreferat folgendes mit:
Verstöße gegen die Residenzpflicht von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen bzw. anerkannten Flüchtlingen werden durch die Ausländerbehörde der Landeshauptstadt München nicht statistisch erfasst. Wird bekannt, dass ein Asylbewerber, eine Asylbewerberin oder ein anerkannter Flüchtling unberechtigter Weise in die Landeshauptstadt München zuzieht und hier den Wohnsitz anmeldet, wird er aufgefordert, sich unverzüglich an den letzten Wohnort zurück zu begeben und mit der dortigen Ausländerbehörde die Möglichkeit eines Umzugs (z.B. im Rahmen eines Umverteilungsantrags) abzuklären. Eine Sachbearbeitung durch die Ausländerbehörde München findet erst nach Zustimmung zum Zuzug statt.
Für Schutzberechtigte, die einer Wohnsitzregelung nach § 12a AufenthG unterliegen, gilt gemäß der Weisung der Bundesagentur für Arbeit vom 28. September 2016 und den AMS vom 11. Oktober 2016 (Az. I3/6074.04-1) zum Vollzug des SGB II; Wohnsitzzuweisung und Auswirkungen auf den SGB II-Bezug Folgendes:
Betroffene Personen können Leistungen nach dem SGB II nur bei dem Jobcenter erhalten, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person ihren Wohnsitz zu nehmen und auch genommen hat. Verstößt ein Betroffener gegen seine Wohnsitzzuweisung, ist somit kein Jobcenter zuständig. Folglich können dort lediglich Überbrückungsleistungen, keine regulären Leistungen nach dem SGB II bezogen werden.