Das Sozialreferat sieht die Forderung der Justizminister aus Bayern und Baden-Württemberg, 18- bis 20-Jährige häufiger nach Erwachsenenstrafrecht behandeln, äußerst kritisch.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Es ist unverzichtbar, beim Umgang mit Heranwachsenden im Strafrecht die Verhältnismäßigkeit zu wahren und die Verantwortungsreife zu berücksichtigen. Die Reifezeit eines jungen Menschen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verlängert, insbesondere die emotionale und soziale Reifung. Die Möglichkeit zur Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende greift diese Entwicklung auf und versucht, mit pädagogischen Maßnahmen einer erneuten Straffälligkeit entgegen zu wirken. Dem entgegen haben gerade härtere Strafen des Erwachsenenstrafrechts wie Gefängnisaufenthalte grundsätzlich keine positiven Auswirkungen auf den Lebensweg der Verurteilten.“
Um eine erneute Straffälligkeit zu verhindern, seien die Rechtsfolgen und, unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts, auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten. Das Jugendrecht bietet einen Vielzahl an pädagogischen Weisungen und Auflagen, um erzieherisch auf einen jungen Menschen einzuwirken und erneute Straffälligkeit zu verhindern. Die bisherige gesetzliche Möglichkeit, die zentralen Normen des Jugendstrafrechts auch für Heranwachsende zu nutzen, hängt immer an der Prüfung des individuellen charakterlichen Reifezustandes der Betroffenen. Diese sinnvolle Möglichkeit sollte der Gesetzgeber nicht verschließen. Viele Heranwachsende befinden sich noch in Ausbildung und können eine Geldauflage nicht begleichen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe steht oft nicht im Verhältnis zur Tat. Darüber hinaus belegen zahlreiche Studien, dass der Aufenthalt im Gefängnis eine hohe Rückfallwahrscheinlichkeit birgt und nicht zur Resozialisierung beiträgt.
Wenn Heranwachsende nicht mehr dem Jugendstrafrecht unterstellt werden könnten, würde auch nicht mehr die gesetzliche Aufgabe der Jugendgerichtshilfe greifen. Dadurch würden Gefährdungslagen und Unterstützungsbedarfe nicht sichtbar und könnten auch nicht mehr entsprechend begegnet werden. Vielen jungen Menschen sei beispielsweise mit einer Schuldnerberatung, einem Betreuungshelfer oder einem sozialen Trainingskurs so sehr geholfen, dass ihr Leben im Anschluss in ganz normalen Bahnen verläuft.