Agieren statt reagieren – Infrastruktur vorausschauend planen (Teil II) FIZ Future: Was unternimmt die Stadt, um das Wachstum zu gestalten?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 24.4.2018
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 24.4.2018 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
Die Planungen der BMW AG zum Forschungs- und Innovationszentrum
(FIZ) beinhalten die Schaffung von ca. 17.000 neuen Arbeitsplätzen am Standort in Milbertshofen. Dies hat auch den Zuzug von neuen Bürgerinnen und Bürgern nach München zur Folge. Sie äußern die Befürchtung, dass die Landeshauptstadt München zu wenig unternimmt, um auf die Auswirkungen der benannten Planungen rechtzeitig reagieren zu können.
Frage 1:
In der Stadtratsvorlage „Masterplan FIZ Future“ vom Juni 2016 (Nr. 14-20 /V 06296) wird festgestellt: „Der Münchner Norden ist insbesondere in der Hauptverkehrszeit durch ein erhebliches Verkehrsaufkommen stark belastet.“ Seit dem sind fast zwei Jahre vergangen, doch es hat sich nichts geändert. Die Schleißheimer Straße ist für BMW-Mitarbeiter die Haupteinfall- und -ausfallstraße und weist bereits jetzt täglich massive Staus auf. Wie schätzt die LHM die Situation ein, wenn in nächster Zeit tausende Arbeitsplätze auf dem FIZ-Gebiet hinzukommen?
Antwort:
Im Rahmen der Masterplanung „FIZ FUTURE“ plant die BMW AG, ihr Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) in Milbertshofen-Am Hart langfristig auszubauen.
Bis 2025 werden in einem ersten Bauabschnitt rund 1.400 neue Arbeitsplätze entstehen. Bis 2050 soll die Erweiterung des FIZ mit insgesamt 15.000 Arbeitsplätzen realisiert werden.
Im Zuge des Masterplans wurde durch die BMW AG in Zusammenarbeit mit dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung eine verkehrliche Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen der neuen Nutzungen auf das umgebende sowie das überörtliche Straßennetz dar-zustellen. Diese Studie zeigt auf, dass die Verkehrsmengen rund um das FIZ unter Berücksichtigung einiger Maßnahmen für die verschiedenen Verkehrsträger abgewickelt werden können (vgl. Vorlagen Nr. 14-20/V 06296; Vollversammlung vom 20.7.2016). Im motorisierten Individualverkehr stellt die Schleißheimer Straße die Hauptein- und -ausfallstraße für BMW-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar. Derzeit wird das Projekt zur Verlängerung der Schleißheimer Straße bis zur BAB A99 mit Untertunnelung nach Beschluss des Stadtrates vom 22.10.2014 (Vorlagen Nr. 14-20/V 01145) federführend durch das Baureferat vorangetrieben. Für die Realisierung ist ein Planfeststellungsverfahren erforderlich.
Weiterhin werden mit einem Maßnahmenpaket, das alle Verkehrsmittel beinhaltet, entsprechende Voraussetzungen geschaffen, um auf die Auswirkungen des FIZ Future adäquat reagieren zu können. Dabei werden verkehrsmittelübergreifend Maßnahmen fortentwickelt, die die Abwicklung der Verkehre im Münchner Norden optimieren. Ein wesentlicher Baustein dieses Konzeptes ist eine attraktive Anbindung an den ÖPNV, die in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken München (SWM) an den sich verändernden Bedarf angepasst wird. Neben dem bestehenden Angebot der U-Bahnlinie U2 wird es kurz- bis mittelfristig eine zusätzliche Erschließung durch ein leistungsfähiges (Express-)Bussystem geben (u.a. mit Verbindung zur Bayernkaserne). Langfristig gesehen, soll die U-Bahnlinie U26 als Verbindung zwischen den U-Bahnhaltestellen Am Hart und Kieferngarten realisiert werden. Eine weitere langfristige Maßnahme stellt die Nutzung des DB-Nordrings für Personenverkehr dar. Dazu werden derzeit von einem Gutachter die Potentiale für eine Nutzung des DB-Nordrings untersucht.
Frage 2:
Was unternimmt die LHM, um die Verkehrssituation kurz-, mittel- und langfristig zu entschärfen und die Anwohner zu entlasten?
Antwort:
Im Rahmen der Planungen zum FIZ Future werden seitens der Landeshauptstadt München verschiedene Maßnahmen ergriffen, um einer zusätzlichen Belastung der Anwohnerinnen und Anwohner und einer Verschärfung der verkehrlichen Situation entgegenzuwirken. Zum Einen wird von der BMW AG in Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt München im Rahmen des Masterplans zum FIZ Future ein Mobilitätskonzept entwickelt, das verschiedene Bausteine, wie beispielsweise Werksbusse, vergünstigte Tickets für den ÖPNV, CarSharing-Angebote, Leihfahrräder etc. beinhaltet. So kann der ModalSplit zugunsten der Verkehrsmittel im Umweltverbund beeinflusst werden. Zum Anderen werden weitere kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen wie bereits in der Beantwortung der Frage 1 dargestellt, verfolgt.
Zusätzlich zu den benannten Maßnahmen liegt die Anwesenheitsquote der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BMW AG aufgrund von Möglichkeiten zur Heimarbeit, Teilzeit sowie Arbeit an mehreren Standorten nachgewiesenermaßen bei nur 80%.
Aus dem Beschluss des Stadtrates vom 20.7.2016 (Vorlagen Nr. 14-20/V 06296) geht weiterhin hervor, dass die verträgliche Abwicklung des Verkehrsaufkommens im übergeordneten Netz ein Teil des Verkehrskonzeptes „Münchner Norden“ ist. Dieses Konzept ist ein laufender Prozess, der in einer interkommunalen Zusammenarbeit die verträgliche Abwicklung über alle Verkehrsträger hinweg anstrebt.
Frage 3:
Wie kann künftig dafür gesorgt werden, dass bei umfangreichen Wachstumsvorhaben großer Wirtschaftsunternehmen in München und im Umland die Stadt von Anfang an einbezogen wird? Wie kann die Stadt solche Wachstumsprozesse moderierend begleiten und die notwendig werdende Infrastruktur (ÖPNV-Anbindung, Verkehrswege, Wohnraum, Kinderbetreuung, Schulplätze) vorausschauend planen, anstatt erst auf vollendete Tatsachen zu reagieren?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München ist im Rahmen des Masterplans zum FIZ Future von Beginn an in die Planungen involviert, um die Realisierung dieses umfangreichen Vorhabens für alle Beteiligten verträglich zu gestalten und zu einer zukunftsfähigen Entwicklung des Münchner Nordens beizutragen. Beispielsweise wurden im Masterplan zum FIZ Future Vorgaben zu ergänzenden infrastrukturellen Angeboten (z.B. Kinderbetreuung, örtliche Nahversorgung etc.) formuliert (vgl. auch den Stadtratsbeschluss vom 20.7.2016, Vorlagen Nr. 14-20/V 06296). In direkter Zusammenarbeit mit den SWM, den beteiligten Referaten der Landeshauptstadt München und der BMW AG werden die Planungen bereits seit 2014 an den Wachstumsprozess angepasst.