Lärmbelastung durch Panzerteststrecke in Allach?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Sabine Krieger und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 9.5.2018
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Deutsche Panzer sind weltweit begehrt – insbesondere in Krisengebieten. Der Münchner Panzerhersteller Krauss Maffei Wegmann (KMW) vermeldete für 2017 stolz einen Umsatzrekord. Am Herstellungsort hat der Panzer auch negative Auswirkungen: Anwohner befürchten, dass die beantragte Verlängerung der Betriebszeiten der Teststrecke von KMW zu einer deutlich höheren Lärm- und Vibrationsbelastung (insbesondere durch tieffrequenten Schall) führen wird“.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Erlauben Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen zur angesprochenen Panzerteststrecke.
Die Panzerteststrecke wurde 1964 in Betrieb genommen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es für Anlagen dieser Art noch kein gesondertes Genehmigungserfordernis. Da der Gesetzgeber erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht für Teststrecken begründete, bedurfte es für die Panzerteststrecke in Allach lediglich einer Anzeige beim RGU als der zuständigen Unteren Immissionsschutzbehörde.
Bei angezeigten Anlagen bleibt es dem Betreiber unbenommen, freiwillig eine immissionsschutzrechtliche Bestandsgenehmigung zu beantragen. Die zuständige Behörde, also hier das RGU, ist dann verpflichtet, ein entsprechendes Genehmigungsverfahren durchzuführen.
Das RGU hat im Sinne eines transparenten Verfahrens schon den örtlich betroffenen Bezirksausschuss des 23. Stadtbezirks Allach-Untermenzing informiert.
Alle Antragsunterlagen liegen noch nicht vor. Die Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) steht noch aus.
Frage 1:
Welche Betriebszeiten der Teststrecke sind derzeit genehmigt?
Antwort:
Angezeigt wurde eine Betriebszeit von 7 bis 17 Uhr.
Frage 2:
Welche Änderungen der Betriebszeiten wurden vom Hersteller beantragt?
Antwort:
Nach den derzeit vorliegenden, aber noch nicht vollständigen Unterlagen wurde eine Ausweitung auf 20 Uhr beantragt. Hier ist die endgültige Klärung mit dem Antragsteller noch nicht abgeschlossen.
Frage 3:
Welche aktiven Lärm- und Erschütterungsschutzmaßnahmen, insbesondere für den tieffrequenten Schall dieser Teststrecke gibt es?
Antwort:
Die vorgelegten Messberichte und Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen zeigen, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26.08.1998 in der betroffenen Nachbarschaft eingehalten werden, so dass weitere Maßnahmen nicht erforderlich sind.
Für tieffrequente Geräusche enthält die TA Lärm weder Grenz- noch Richtwerte. Hier bedarf es immer einer Einzelfallprüfung (vgl. Ziff. 7.3 der TA Lärm).
Für diese Einzelfallprüfung wurde im anhängigen Genehmigungsverfahren das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hinzugezogen. Die dortige Beurteilung ist noch nicht abgeschlossen.
Frage 4:
Wer kontrolliert die Einhaltung der zulässigen Lärmbelastung?
Antwort:
Die Anlagenüberwachung obliegt dem RGU als zuständiger Immissionsschutzbehörde.
Frage 5:
Wann wurden die letzten Kontrollmessungen durchgeführt, ob die Grenzwerte im aktuell genehmigten Zeitfenster auch eingehalten werden?
Antwort:
Wie vorher ausgeführt existieren für tieffrequente Geräusche keine Grenzwerte, es bedarf vielmehr einer Einzelfallprüfung. Diese erfolgt derzeit auf der Grundlage der jüngsten Messergebnisse gemeinsam mit dem LfU.
Frage 6:
Ein längeres Zeitfenster bedeutet, dass damit auch das zulässige Lärmkontingent zunimmt. Falls das genehmigte Zeitfenster ausgeweitet, aber nicht zur Gänze ausgenutzt wird: Hat dies eine höhere zulässige Lärmbelastung in den tatsächlich genutzten Zeitfenstern zur Folge?
Antwort:
Wie unter Frage 3 ausgeführt wurde, werden die zulässigen Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm eingehalten. Für tieffrequente Geräusche ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen.
Frage 7:
In unmittelbarer Nähe entstehen aktuell eine erhebliche Anzahl neuer Wohnungen. Wurde die Immissionsbelastung durch die Teststrecke im Bebauungsplanverfahren berücksichtigt? Haben verlängerte Betriebszeiten Einfluss auf die Baugenehmigungen?
Antwort:
Die Belange wurden im Bebauungsplanverfahren eingebracht. Es wurden Fenster mit hohem Schalldämmmaß im tieffrequenten Bereich in der Satzung festgeschrieben, mit denen die Anhaltswerte der DIN 45680 eingehalten werden.
Verlängerte Betriebszeiten haben keinen Einfluss auf die Baugenehmigungen, weil die Lärmbetrachtung innerhalb des gleichen Beurteilungszeitraumes erfolgt.
Frage 8:
Kürzlich hat die Mehrheit des Stadtrates beschlossen, den Oberbürger- meister aufzufordern sich dafür einzusetzen, dass die TA-Lärm novelliert wird. Ziel soll es sein, dass Anlagenlärm, wie er beispielsweise durch die Panzerteststrecke entsteht, nicht mehr vor dem Fenster bewertet wird. Ausschlaggebend soll dann nur noch der Innenraumpegel sein. Welche Konsequenzen hätte dies – sofern die TA-Lärm tatsächlich, wie gefordert novelliert wird – auf die mögliche zulässige Verlärmung des Außenbereichs (Grünflächen, Terrassen, Balkone, Dachgärten)?
Antwort:
Diese Frage ist bei den tieffrequenten Geräuschen ohne Relevanz, da diese aufgrund des anderen Übertragungsweges weitgehend über den Boden nicht mit den Messmethoden der TA Lärm ermittelt werden können.
Frage 9:
Neue Teststrecken werden üblicherweise in möglichst dünn besiedelten Gegenden errichtet. Werden am Standort Allach überhaupt noch Panzer gebaut oder wird die Teststrecke im Wesentlichen genutzt um Updates an bereits gebauten Panzern zu testen?
Antwort:
Nach Kenntnis des RGU findet sowohl eine Montage von Panzern als auch die Instandhaltung von Panzern statt. Beides erfordert nach Angaben des Antragsstellers abschließende Tests.
Frage 10:
Am Rande der Teststrecke befindet sich ein Biotop. Ist dieses von der Ausweitung des Betriebs der Teststrecke tangiert?
Antwort:
Vorbehaltlich der abschließenden Prüfung im anhängigen Genehmigungsverfahren sind Auswirkungen auf das Biotop durch die Betriebsausweitung kaum anzunehmen.