Kosten und Qualität der Beherbergungsbetriebe für Wohnungslose und Flüchtlinge
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 28.5.2018
Antwort Sozialreferat:
In Ihrer Anfrage vom 28.5.2018 führen sie Folgendes aus:
„Wohnungsnot ist eine unleugbare Tatsache in unserem München. Um der akuten Not Herr zu werden, mietet die Landeshauptstadt Unterkünfte für Wohnungslose, Flüchtlinge usw. u.a. bei Privatpersonen, Hotels, Pensionen, Appartements usw. an.
Die Kosten und die Qualität dieser von der Stadt gewählten Unterbringung scheinen in nicht wenigen Fällen aus dem Ruder zu laufen. In einem uns bekannt gewordenen Beispiel ist eine Familie mit vier Personen in einer kleinen Einzimmerwohnung untergebracht. Für die Unterbringung zahlt das Sozialreferat monatlich 1.940 Euro, pro Person und Monat also 485 Euro. In einem anderen Fall wird für sieben Personen jeden Monat 3.990 Euro (pro Person 570 Euro) bezahlt. Gleichzeitig liegen Beschwerden von den in diesen Unterkünften wohnenden Menschen über verschimmelte Zimmer und hygienisch fragwürdige Sanitäranlagen usw. vor. Letztendlich müssen die Steuerzahler die Unterbringungskosten tragen, wenn die Untergebrachten nicht selbst dafür aufkommen können. Dies verlangt einen verantwortungsvollen, transparenten Umgang mit den eingesetzten Steuergeldern und nachvollziehbare Qualitätskriterien, deren Einhaltung auch regelmäßig überprüft wird.“
Zur Ihrer Anfrage vom 28.5.2018 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wer (Bund/Land/Kommunen) ist mit welchem Anteil an der Finanzierung der Unterbringungskosten beteiligt?
Antwort:
Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die im Rahmen der Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII-Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - bewilligt werden, werden zu 100% vom Bund erstattet.Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die im Rahmen der Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII – Hilfe zum Lebensunterhalt – erbracht werden, werden zu 100% von der Landeshauptstadt München getragen.
Der Prozentsatz, mit dem sich der Bund an den Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Leistungsbereich SGB II-Grundsicherung für Arbeitsuchende – beteiligt, wurde im Jahr 2018 von 48,8% auf 49,3% erhöht, um den flüchtlingsbedingten Mehraufwand der Kommunen auszugleichen. Im Prozentsatz von 49,3% sind auch die Erstattung für Leistungen aus dem Bildungspaket und dessen Verwaltung sowie Mittel zur Stärkung der Kommunalfinanzen enthalten.
Frage 2:
Wie viele Verträge sind derzeit vom Sozialreferat mit Beherbergungsbetrieben abgeschlossen und über welche Zeiträume laufen die Verträge?
Antwort:
Derzeit sind vom Sozialreferat 42 Verträge mit gewerblichen Beherbergungsbetrieben zur Unterbringung wohnungsloser Haushalte abgeschlossen. Die Verträge wurden entsprechend dem Bedarf einzeln seit den 1990er Jahren abgeschlossen. Ein Großteil der Verträge wurde für fünf Jahre mit einer Verlängerungsoption von weiteren fünf Jahren abgeschlossen. Darüber hinaus ist in vielen Belegungsvereinbarungen eine weitere stillschweigende Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr geregelt. Daher ergeben sich aktuell sehr unterschiedliche Restlaufzeiten.
Frage 3:
Wie viele Plätze stehen in diesen Unterkünften zur Verfügung und wie viele davon sind belegt?
Antwort:
Nach Stand vom 14.6.2018 stehen in den gewerblichen Beherbergungsbetrieben 4.373 Bettplätze zur Verfügung, davon sind 4.305 Bettplätze belegt.
Frage 4:
Wie groß ist die Bandbreite der Kosten pro m² zwischen der teuersten und der günstigsten Unterkunft und wie groß ist hier der maximale finanzielle Handlungsspielraum des Sozialreferats?
Antwort:
Ich bitte um Verständnis, dass im Rahmen einer öffentlichen Stadtratsanfrage diese Frage nicht beantwortet werden kann. Eine Darstellung der Bandbreite der Bettplatzentgelte pro m² würde die Position der Landeshauptstadt München bei künftigen Verhandlungen betreffen und damit auch ihr wirtschaftliches Interesse. Im Übrigen wäre ein reiner Vergleich der Kosten pro m² wenig aussagekräftig, da das jeweilige Entgelt von der Unterbringung (z. B. Einzel- oder Doppelzimmer) und der Ausstattung, insbesondere auch der Gemeinschaftsanlagen, abhängig ist und mit der Abrechnung des Entgelts pro Bettplatz alle Leistungen des Beherbergungsbetriebs abgegolten werden. Bei der Sofortunterbringung durch die Landeshauptstadt München handelt es sich um Kooperationen mit den Beherbergungsbetrieben im Rahmen von Dienstleistungsverträgen und nicht um mietvertraglichen Wohnraum.
Frage 5:
Welche Rahmenbedingungen und Qualitätskriterien existieren für einen Vertragsabschluss mit Beherbergungsbetrieben?
Antwort:
Die Belegungsvereinbarungen haben überwiegend den Charakter von Dienstleistungsverträgen und sind privatrechtlicher Natur. Die Betreiber der Beherbergungsbetriebe wurden auf ihre Eignung geprüft, ebenso die Standorte. Die Qualitätskriterien gehören als Mindeststandards zum Umfang der vertraglichen Leistung der Betreiber. Diese beziehen sich insbesondere auf Ausstattung und Beschaffenheit der baulichen Anlagen und der Einrichtung sowie auf die Anforderungen an die Führung des Betriebs. Bis 2014 haben sich die Mindeststandards an der inzwischen aufgehobenen Gaststättenbauverordnung Bayern orientiert. Seit 2014 sind die Mindeststandards mit den Richtlinien für Gemeinschaftsunterkünfte des Freistaats harmonisiert. Ab Mitte 2019 sollen die zusätzlich benötigten Bettplätze über ein Ausschreibungsverfahren gewonnen werden.
Frage 6:
Hat sich das Revisionsamt bereits mit den Vertragsabschlüssen beschäftigt und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Antwort:
Nein.
Frage 7:
Wie oft und durch wen wurden 2017 die Betriebe im Hinblick auf Qualität und Kosten geprüft und mit welchen Ergebnissen?
Antwort:
Die Qualitätsprüfung findet neben dem strukturierten Beschwerdemanagement vor allem durch regelmäßige Begehungen durch den für das Kontraktmanagement zuständigen Fachbereich statt. Bei der jährlichen Begehung des einzelnen Beherbergungsbetriebs wird in detaillierter Form ein Protokoll u.a. mit Aufnahme der festgestellten Mängel erstellt. Die Beseitigung dieser durch die Beherbergungsbetriebe unterliegt der Kontrolle durch den zuständigen Fachbereich. Aufgrund der massiven personellen Unterbesetzung konnte 2017 nur ein zirka zweijähriger Turnus eingehalten werden. Nach den derzeit erfolgenden Stellennachbesetzungen soll zum einjährigen Turnus zurückgekehrt werden.
In den privatrechtlichen Belegungsvereinbarungen werden die Konditionen für die Laufzeit der Belegungsvereinbarung festgelegt, eine Kostenprüfung erfolgt daher nicht. Parameter für die Höhe des zu verhandelnden Bettplatzentgelts auf Seite der Landeshauptstadt München sind u.a.: die Einordnung des Bettplatzentgelts in den Bewertungsrahmen eines
Gutachtens des Bewertungsamts, die Einordnung in das Preisgefüge vergleichbarer mit der Landeshauptstadt München vertraglich verbundener Beherbergungsbetriebe und des freien Beherbergungsgewerbes sowie der Bundespreisindex.