Lastenrad I – Städtischer Lieferverkehr mit Lastenrädern statt LKW und PKW
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff (ÖDP) und Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) vom 14.5.2018
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrem Antrag vom 14.5.2018 fordern Sie die Vorbildfunktion der Landeshauptstadt München ein, in dem die stadteigenen Lieferdienste wie z. B. Botendienste und Catering für städtische Veranstaltungen nach Möglichkeit emissionsarm durch Liefer-Lastenräder erfolgen sollen.
Die Funktion und Zuständigkeit des städtischen Botendienstes und die Organisation und Durchführung von städtischen Empfängen, Ehrungen und stadtweiten Veranstaltungen obliegt weitgehend dem Direktorium. Dies ist niedergelegt im Aufgabengliederungsplan der Landeshauptstadt München. Anforderungen in Catering-Ausschreibungen in Bezug auf die Anlieferung begründen sich durch die städtische Beschaffungsordnung, die den Dienststellen vorgibt, bei der Beschaffung auf Umweltaspekte zu achten. Aufgabengliederungsplan und Beschaffungsordnung verfügt der Oberbürgermeister. Bei dem Antragsgegenstand vom 14.5.2018 handelt es sich daher um eine laufende Angelegenheit des Oberbürgermeisters.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich ist.
Zu Ihrem Antrag vom 14.5.2018 teile ich Ihnen Folgendes mit:
1. Städtische Botendienste
Nach dem Aufgabengliederungsplan ist die zuständige Dienststelle für Botendienste die Stadtkanzlei im Direktorium.
Bei der Stadtkanzlei handelt es sich um einen internen Dienstleister, der u. a. regelmäßige Touren für den Transport von einer Vielzahl von Schreiben, Akten, Ordner usw. für sämtliche Referate und Dienststellen übernimmt. Die Touren beinhalten Fahrstrecken von bis zu 40 km und bis zu 10 verschiedenen Stationen, die innerhalb eines Zeitlimits, aufgrund von Öff-nungszeiten bei den Auftraggebern, aber auch aufgrund von Abholzeiten durch den Postdienstleiter bei der Stadtkanzlei, erledigt werden müssen. Transportiert wird sowohl sperriges (Pakete, Großformate) und schweres Transportgut (je Station ca. 10 Kilogramm).
Einzelzustellungen, die von einer Person zu leisten sind, werden bei der Stadtkanzlei unter ökologischen und ökonomischen Aspekten mit öffentlichen Transportmitteln zugestellt.
Eine Änderung der Toureneinteilung ist aufgrund von personalwirtschaftlichen Gründen derzeit nicht durchzuführen.
Im Ergebnis einer Prüfung ist festzuhalten, dass die Zustelltouren wegen der Menge des Transportguts (Gewicht, oft sperrig und groß), der Anzahl der Anlieferstellen und der Länge der Streckenkilometer nicht mit Liefer-Lastenrädern durchgeführt werden können.
2. Catering für städtische Empfänge, Ehrungen und stadtweite Veranstaltungen
Nach dem Aufgabengliederungsplan ist die zuständige Dienststelle für Empfänge, Ehrungen und stadtweite Veranstaltungen die Protokollabteilung im Direktorium. Fachliche Veranstaltungen der Referate werden von den Referaten in eigener Zuständigkeit organisiert und durchgeführt.
Das Direktorium vergibt überwiegend Cateringaufträge für relativ große Veranstaltungen mit 250 – 450 Gästen. Das bedeutet, dass es sich um eine große Menge an Speisen und Geräten handelt, die zum Rathaus geliefert werden müssen.
Caterings in dieser Größenordnung unterliegen bestimmten vergaberechtlichen Kriterien. Um überregionale Chancengleichheit bei der Vergabe des Caterings sicherzustellen, werden auch Caterer außerhalb der Landeshauptstadt München zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Für Caterer mit längerer Anfahrtsstrecke ist die Verwendung von Liefer-Lastenrädern auf Grund der Entfernung nicht umsetzbar.
Neben den Speisen und Getränken muss weiteres Equipment wie z. B. Wärmeplatten, Tischwäsche, etc. transportiert werden. Die Lebensmittel müssen bei längerer Anfahrt gekühlt werden. Dies hat zur Folge, dass das zu transportierende Gewicht für Liefer-Lastenräder zu hoch bzw. das Volumen für die Ladefläche der Räder zu groß ist.Bei der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots wird trotzdem darauf geachtet, dass Caterer mit kurzen Wegen eine Anfrage erhalten.
Regionalität und damit kürzere Anfahrtswege spielen bereits jetzt eine Rolle bei der Vergabe eines Caterings. Derzeit wird bei den Ausschreibungen ein 3-Stufen-Bewertungssystem für Fleisch- und Fischprodukte angewandt, wobei die oberste Stufe der Nachweis des Bio-Siegels des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit dem Herkunftsnachweis Bayern ist. In der zweiten Stufe wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschaffung hinsichtlich der gesamten Produktionskette und hinsichtlich der Lieferwege geringere CO2-Emissionen aufgrund kurzer Transportwege aufweisen muss. Das bedeutet, dass nicht nur nach Preis entschieden wird, sondern kurze Anfahrtswege in die Bewertung einfließen.
Die Protokollabteilung vertritt derzeit das Direktorium in einem referatsübergreifenden Arbeitskreis, bei dem Themen wie die Steigerung des Einsatzes von Biolebensmitteln bei Caterings und das Einbeziehen von artgerechter Tierhaltung eine Rolle spielen. In diesem Zusammenhang soll eine Musterausschreibung für alle Referate erarbeitet werden. Die Berücksichtigung von kurzen Anfahrtswegen wird auf Grund des Bewertungssystems künftig besser möglich sein.
3. Projekt „LHMobil – bringt die Verwaltung aufs Rad“
Ziel des Projektes ist es, eine nachhaltige Mobilität der Beschäftigten in der Stadtverwaltung zu fördern und zusätzlich einen Multiplikatoreffekt im privaten Bereich zu bewirken.
Die Beschäftigten nehmen je nach Tätigkeitsbereich unterschiedlich häufig Außendiensttermine im Stadtgebiet wahr. Die dadurch anfallenden Wegstrecken sollen so umwelt- und klimafreundlich wie möglich zurückgelegt werden. In dem Projekt wurden zwei Trends kombiniert: Das Rad als Fortbewegungsmittel und die Elektromobilität (Pedelec1). Unterstützend kommt hinzu, dass die Stadtwerke München (SWM) eine Versorgung mit Ökostrom garantieren können.
Insgesamt umfasst der städtische Fuhrpark über 100 Pedelecs, die innerhalb der Referate und Eigenbetriebe verteilt sind. Wegen der vermehrten Nachfrage der Referate nach Pedelecs besteht seit Oktober 2017 ein Rahmenvertrag.Eine Evaluation im Projekt hat ergeben, dass Lastenpedelecs nur für spezielle Anwendungen notwendig sind. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass bedingt durch die größeren Dimensionen der Lastenpedelecs (Breite, Länge, Wendekreis) Radwege nur eingeschränkt befahrbar sind. In der Regel sind Kompaktpedelecs mit konventionellen, ggf. etwas größeren Transportmöglichkeiten (z. B. Gepäckträger, Boxen oder Fahrradkorb) für die gängigen Außendiensttermine ausreichend.
Auch eine Vertretung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements ist im Projekt involviert. Die Steigerung der Anzahl an Dienstfahrten, die mit konventionellen und elektrisch unterstützten Fahrrädern zurückgelegt werden, leistet einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag zur Fitness und Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unterstützt damit die Ziele des Betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1Pedelec = Pedal Electric Cycle
Das Pedelec ist ein Elektrofahrrad, bei dem die Fahrerin oder der Fahrer während des Tretens mit einem Elektromotor bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h unterstützt wird. Das Pedelec ist dem Fahrrad rechtlich gleichgestellt.