Stipendien für Bildende Kunst und Gedächtnispreis vergeben Archiv
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Rathaus Umschau 150 / 2018, veröffentlicht am 08.08.2018
Mit den Stipendien der Landeshauptstadt München im Bereich Bildende Kunst in Höhe von jeweils 6.000 Euro werden in diesem Jahr Elke Dreier, Stefan Fuchs, Lee JiYoun und Lena Policzka ausgezeichnet. Der mit 2.500 Euro dotierte Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst geht an Sophia Mainka. Dies hat der Feriensenat des Stadtrats der Landeshauptstadt München auf Vorschlag einer Jury in seiner heutigen Sitzung entschieden.
Die jährlich vergebenen Stipendien für Bildende Kunst dienen der Förderung herausragender künstlerischer Vorhaben am Beginn der Professionalität. Zusätzlich wird der Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst, dotiert nach der jeweiligen Stiftungsertragslage, zur Förderung junger Kunstschaffender vergeben.
Elke Dreier, geboren 1984, erhält das Stipendium für ihr Film-Projekt „Betrachtungen des Waldes“. In einer Dreikanal-Videoinstallation wird eine Waldlichtung zeitgleich aus drei unterschiedlichen Perspektiven inszeniert und diskutiert: als natürlicher Lebensraum, künstlerisch nachbereitet, und unter verschiedenen wissenschaftlichen und kulturellen Aspekten. Das Filmprojekt führt Dreiers künstlerische Untersuchungen von Wahrnehmungsabläufen und der Gleichzeitigkeit verschiedener Wahrnehmungsebenen fort und überzeugte die Jury durch seine konzeptionelle Stringenz.
Stefan Fuchs, geboren 1988, reflektiert in seinem Projekt „Der Gerümpelträger“ auf kritische Weise den Wandel des Münchner Stadtbildes in Zusammenhang mit geänderten Bedingungen für den Einzelhandel im 21. Jahrhundert. Das „Gerümpel“ wird von Fuchs in verschiedenen auf Traditionen beruhenden Ladengeschäften Münchens erstanden. Als Mitbetreiber des Projektraums „Loggia“ wird er in dem Kunstraum die gesammelten Objekte und ihre Geschichten in einer Displaysituation zusammenführen, und so eine Art heterogenes Spiegelbild der Stadtgesellschaft darstellen. Fuchs – dessen malerische und bildhauerische Arbeiten immer wieder auch durch fein eingeflochtene Ironie überzeugen – thematisiert mit dem Projekt auch das künstlerische Prekariat, dem es als eine kleine Geste der Großzügigkeit möglich ist, durch das Stipendium auch den von seiner Existenz bedrohten Einzelhandel zu subventionieren.
Lee JiYoun, 1978 geboren, erhält das Stipendium für ihr Projekt mit dem Titel „Etwas Raum im Alltag“, das sie bewusst in der Vorweihnachtszeit zwischen den reich dekorierten Fenstern der Innenstadt und in temporär angemieteten Ladenräumen realisieren möchte. Die Künstlerin sammelt bei Spaziergängen durch die Stadt Dinge, die andere Leute weggeworfen haben. In der künstlerischen Installation und durch konkrete Titel erhalten die scheinbar nutzlos gewordenen Objekte eine neue Identität. Die Jury fand die Idee unterstützenswert, dass sie einen, im Idealfall sogar mehrere Ladenlokale oder Räume in München temporär in Kunsträume verwandelt und durch ihre spezielle Arbeitsweise eine Gegenposition zur Konsum- und Warenwelt installiert, mit der sie erweiterte Wahrnehmungsräume für das Unscheinbare, Alltägliche schafft.
Lena Policzkas Arbeiten, die sich in den Bereichen Skulptur, kinetische Installation, Fotografie und Video bewegen, setzen sich mit Sachverhalten aus Natur und Wissenschaften sowie gesellschaftlichen Konventionen einer (post-)industriellen Welt auseinander. Mit dem Projektstipendium plant sie eine Videoarbeit, die sich in einen Werk-Zyklus einreiht, der sinnbildlich vom Menschen als Umwelt gestaltende Kraft handelt. Der Handlungsort ist ein Ameisenbau in einem Wald, auf dem eine mit rosafarbenen Zuckerkristallen überzogene Skulptur wie auf einem riesigen Sockel thront. Dokumentiert wird die Vergänglichkeit der einer Raumsonde ähnelnden Skulptur. Die Zuckerkristalle werden nach und von den Ameisen abgetragen, bis nur das Skelett aus Edelstahl übrigbleibt.
Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst 2018 Sophia Mainka studiert an der Akademie der Bildenden Künste München und war zuletzt unter anderem an der Ausstellung „Cannibals with feelings“ in den städtischen Kunstarkaden beteiligt. Für ihre Arbeiten verwendet sie auf den ersten Blick eher disparate Dinge aus den Mittelschichts-Haushalten, wie Gardinenreiniger oder Hamsterräder. Sie verarbeitet sie weiter, seziert und verändert sie und entzieht sie so ihrem natürlichen Kontext. Die Titel der Arbeiten, wie zum Beispiel „Wenn man ein Rollo hat, kann man sich wenigstens einen Wal an die Decke projizieren“, zeigen ihren subtilen Humor, aber reflektieren auch die stetige Verunsicherungen unserer komplexen, modernen Welt gegenüber. Die Arbeiten von Sophia Mainka überzeugten die Jury durch die Präzision der Ausführung, die inhaltliche Poesie und die gleichzeitige Offenheit, immer wieder Neues zu wagen. Sie machen neugierig auf ihre nächsten Serien, Präsentationen und Ausstellungen.
Der Jury unter Sitzungsleitung des Kulturreferates gehörten an: Dr. Patricia Drück, Akademieverein München, Wolfgang Ellenrieder, Verein für Original- radierung München, Ines Wiskemann, Kunstverein München, Konstantin Lannert, Münchner Stadtmuseum, Katharina Vossenkuhl, Sammlung Goetz, Sabine Ruchlinski, Galerie der Künstler BBK, sowie aus dem ehrenamtlichen Stadtrat Kathrin Abele und Dr. Constanze Söllner-Schaar (beide SPD-Fraktion), Ulrike Grimm und Beatrix Burkhardt (beide CSU-Fraktion) sowie Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen – rosa liste). Die Stipendien für Bildende Kunst werden gemeinsam mit den Stipendien für Musik und den Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreisen für Bildende Kunst und Musik im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung am Dienstag, 23. Oktober, vergeben.
Informationen und ausführliche Jurybegründungen sind im Internet unter www.muenchen.de/kulturfoerderung unter „Preise“ abrufbar.