Mehr Sicherheit im Radverkehr IV – Haltebuchten für Paketzusteller
Antrag Stadtrats-Mitglieder Kristina Frank, Sabine Bär und Thomas Schmid (CSU-Fraktion) vom 21.6.2017
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Mit Ihrem Antrag vom 21.06.2017 wurde die Verwaltung gebeten, auf stark frequentierten Straßen mit Radfahrstreifen zum Schutz der Radfahrer Haltebuchten für Paketzusteller einzurichten, um Behinderungen und Gefährdungen des Radverkehrs zu verringern und abzustellen.
Nach § 60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für die der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages zur Regelung des Parkens im öffentlichen Straßenraum gemäß den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs.1 Gemeindeordnung (GO) und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Herrn Oberbürgermeister auf dem Schriftweg zu behandeln.
Das Kreisverwaltungsreferat hat in Abstimmung mit dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung, dem Baureferat, dem Referat für Arbeit und Wirtschaft sowie dem Bezirksausschuss des 17. Stadtbezirkes eine Möglichkeit ausgearbeitet, die nach umfangreicher Prüfung verschiedener Standorte die beantragte Regelung in einem Abschnitt der Tegernseer Landstraße vorsieht.
In einer Testphase soll mit Hilfe einer Evaluation ausgewertet werden, inwiefern sich die Einrichtung von Ladebuchten auf die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss auswirkt.
1. Grundsätzliches
Grundsätzlich ist das Freihalten von Radfahrstreifen sowie möglichst auch von Schutzstreifen für Radfahrer sicherzustellen. Behinderungen des Fußgänger- und Radverkehrs durch Lieferdienste sind zu vermeiden. Dies kann durch die Einrichtung von Lieferbuchten in bereits vorhandenen Parkbereichen ermöglicht werden.
Bei der Gestaltung der Ladezonen am Straßenrand bzw. auf dem Seitenstreifen ist zu berücksichtigen, dass für Lieferfahrzeuge ausreichend Raum in Länge und Breite des Parkstandes vorhanden sein muss. Für Längsparker ist die Länge von mindestens 2 Pkw-Parkplätzen vorzusehen. Fallsnotwendig, sind Ladezonen baulich umzugestalten (z.B. abgeschrägte Gehwegkanten zur Erleichterung des Liefervorganges).
Um die Parkflächen optisch hervorzuheben, wäre zusätzlich zur Beschilderung nach der StVO eine Kennzeichnung mit Hilfe eines farbigen Piktogrammes (analog Altstadt München) von Vorteil. Die Kennzeichnung der Parkstände sowie die Einrichtung von eingeschränkten Haltverbotszonen zum Be- und Entladen stellen jedoch keine Verpflichtung für die Zusteller dar, nur diese Parkmöglichkeiten zu nutzen.
2. Einschätzung des Referates für Arbeit und Wirtschaft sowie von Zustellunternehmen
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München befürwortet die Schaffung von Ladezonen für Lieferdienste.
Anfragen bei verschiedenen Zustelldiensten lieferten interessante und zweckdienliche Aussagen zu den Bedürfnissen der Zusteller bei der Ausübung ihrer Tätigkeit.
Schwer zu definieren ist die von den Zustellern akzeptierte Distanz vom Fahrzeug zum Zustellort, da die Akzeptanz hier von mehreren Faktoren abhängt:
-Größe des Liefergutes
-Anzahl der zu liefernden Teile
-Zeitdruck
-Witterung
Bei einer „klassischen“ Lieferung mit Transportfahrzeug und Zustellung zu Fuß ohne Hilfsmittel ist die akzeptierte Distanz geringer als z.B. mit Ladekarre. Laut Aussage eines Zustelldienstes beträgt die durchschnittliche maximale zumutbare Distanz ca. 80 m. Günstiger als viele einzelne Ladezonen können für die Zusteller weniger und dafür größere Ladebereiche sein.
Probleme der Zustelldienste:
-Häufig finden Zusteller bereits vorhandene Ladebuchten beparkt vor (von anderen Zustellern oder Kfz ohne Lieferfunktion).
-Kostengünstige Zustellbetriebe arbeiten unter einem hohen Zeitdruck, wodurch die Zusteller größere Distanzen zur Lieferadresse nicht immer akzeptieren.
-Sehr positiv bewerten Zustelldienste die Einrichtung von Micro-Depots (siehe Punkt 5) mit Zustellung auf der „letzten Meile“ durch Lasten-Fahrräder. Schwierig ist diesbezüglich die große Konkurrenz zwischen den einzelnen Zustellunternehmen. Zumindest im Augenblick ist eine gemeinsame Einrichtung von Depots nicht möglich.
3. Einrichtung von Lieferbuchten im Bereich der Tegernseer Landstraße als Verkehrsversuch
Die Tegernseer Landstraße ist in ihrem Verlauf zwischen der Kreuzung mit der Martin-Luther-Straße und der St.-Bonifatius-Straße geprägt durch ein hohes Angebot an gewerblichen Anwesen, Einzelhandel und Dienstleistungen, aber auch einer Vielzahl von Wohnungen.
Die Standortsicherung der angesiedelten Gewerbebetriebe ist ein wichtiger Baustein zur Verkehrsverringerung, ein Großteil der Geschäfte trägt zur Versorgung des Stadtviertels bei.
Viele Kunden können hier notwendige Erledigungen zu Fuß oder mit dem Fahrrad machen.
Die Einrichtung von Lieferbuchten für Paketzusteller ist hier sowohl für die Belieferung von Privathaushalten als auch für die Belieferung des Einzelhandels von großer Bedeutung.
Nicht in allen Straßenabschnitten verläuft ein Radfahrstreifen oder Fahrrad-Schutzstreifen. Radfahrer erfahren Behinderungen durch Lieferfahrzeuge nicht nur durch blockierte Radfahrstreifen oder Schutzstreifen, sondern auch durch Parken in zweiter Reihe in Straßenabschnitten ohne Radfahreinrichtungen.
In der Tegernseer Landstraße kommt im nördlichen Abschnitt ab der St.Martin-Straße bis zur St.-Bonifatius-Straße noch hinzu, dass Radfahrer im Falle von Parken in zweiter Reihe in den Gleisbereich der Straßenbahn ausweichen müssen.
Um hier für eine Regelung des Lieferverkehrs eine gewisse Kontinuität einzuhalten, ist beabsichtigt, in allen Abschnitten der Tegernseer Landstraße (ab Martin-Luther-Straße) entsprechende Haltebuchten als (temporäre) Ladezonen zu markieren.
Ihr Antrag wurde gemeinsam mit einem Antrag des Bezirksausschusses, der die Einrichtung einer Lieferzone vor der Tegernseer Landstr. 119 (zwischen den Einfahrten zu Hs.Nr. 117 und 121) vorsieht, geprüft.
Diese Lieferzone könnte von allen Lieferdiensten genutzt werden.Es ist geplant, neben dieser Lieferzone weitere Ladezonen einzurichten, und zwar vor Hs.Nr. 75 (auf einer Länge von ca.10m), vor Hs.Nr. 47 (auf einer Länge von ca.10m, beginnend direkt nach Ende des bestehenden Haltverbotes Z. 283 nördlich) und vor Hs.Nr. 25 (auf einer Länge von ca.10m direkt im Anschluss an die Hofeinfahrt).
Der Vorschlag sieht eine testweise für 1 Jahr eingerichtete Regelung vor, die täglich von 7 – 19h Be- und Entladen zulässt. Ab 19h bis 23h gilt wieder die bisherige Regelung des Mischparkens, d.h. Besucher parken kostenpflichtig und Bewohner mit Parkausweis unentgeltlich. Von 23h bis 7h ist das Parken für jedermann kostenfrei möglich.
Der Bezirksausschuss des 17. Stadtbezirkes hat dem Vorschlag der Verwaltung zugestimmt.
4. Evaluierung
Die unter Punkt 3 geschilderten versuchsweise geplanten Maßnahmen erfordern eine Evaluierung. Es ist zu untersuchen, in welchem Umfang im Testgebiet Behinderungen und Gefährdungen vor und nach Umsetzung der Maßnahmen vorlagen bzw. vorliegen.
Diesbezügliche Informationen können im „Testgebiet Tegernseer Landstraße“ von der Kommunalen Verkehrsüberwachung im Rahmen ihres Aufgabenspektrums erhoben werden.
Das Kreisverwaltungsreferat wird nach einer angemessenen Testphase entsprechende Ergebnisse auswerten und Sie anschließend umgehend davon in Kenntnis setzen.
Sollte die Auswertung ergeben, dass die Einrichtung von markierten Ladebuchten die Behinderungen und Gefährdungen von Fahrradfahrern erheblich reduziert, so wird das Kreisverwaltungsreferat solche Maßnahmen sukzessive auf weitere Bereiche im Stadtgebiet München ausweiten.
5. Alternativen
Neben der Umsetzung Ihres Antrages zur Einrichtung von Lieferbuchten für Zustelldienste ist in jedem Fall noch auf das Pilotprojekt City2Share in der Isarvorstadt und in Sendling hinzuweisen, wo Paketsendungen eines Zustellbetriebes in einem Micro-Depot eines einmal täglich gelieferten Containers gesammelt angeliefert werden und dann zur Zustellung beim Empfänger mit Elektro-Lastenrädern kommen. Auf diese Weise werden zahlreiche Einzelfahrten und -halte von motorisierten Kurierfahrzeugeneingespart und damit Verkehr, Lärm, Abgase, Platzbedarf und Rohstoffverbrauch verringert.
Eine weitere Möglichkeit der Verringerung des Verkehrs ist die Einrichtung von Paket-Stationen im Wohnviertel – wie z.B. der „Conciergedienst“ im Münchner Domagkpark –, wo alle Zustelldienste ihre Lieferungen zustellen. Die Empfänger holen dann – in möglichst fußläufiger Entfernung zur Wohnung – an dieser Stelle ihre Pakete ab. Auch das verringert Verkehr im Wohnviertel und erspart Einzelfahrten zu Postdepots oder Packstationen, z.B. wenn der Empfänger beim Zustellversuch nicht angetroffen wurde.
Das Kreisverwaltungsreferat wird über das Ergebnis der Auswertung in geeigneter Weise informieren.
Ich gehe davon aus, dass Ihr Antrag vom 21.06.2017 mit den vorstehenden Ausführungen erledigt ist.