Weniger Anglizismen und Abkürzungen in der Landeshauptstadt
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dr. Reinhold Babor und Alexandra Gaßmann (CSU-Fraktion) vom 12.10.2017
Antwort Bürgermeister Josef Schmid:
Zunächst möchte ich mich für die gewährte Fristverlängerung zur Bearbeitung Ihres Antrages bedanken.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Deshalb ist eine beschlussmäßige Behandlung im Stadtrat rechtlich nicht möglich. Zur Amtssprache gibt es gesetzliche Vorgaben wie z.B. Art. 23 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) oder § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V.m. § 55 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Erlauben Sie mir deshalb, dass ich Ihnen in Briefform antworte. Zu Ihrem Antrag vom 12.10.2017 teile ich Ihnen Folgendes mit:
1. Antragsteil Anglizismen
Anglizismen sind in unserer Zeit Bestandteil des Alltags. Englisch ist als wichtigste Weltsprache zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Lingua franca. Laut einer im Wikipedia-Eintrag zu Anglizismen zitierten Erhebung aus dem Jahr 2004 erreichten die Anglizismen im 20. Jahrhundert 3,1 % des gesamten erhobenen Wortschatzes beziehungsweise 9,9 % der Entlehnungen. In diesem Eintrag ist auch eine Untersuchung der Universität Bamberg zitiert, derzufolge sich zwischen 1994 und 2004 die anglizistischen Substantive fast verdoppelt haben. Anglizismen sind Erscheinungsform und Bestandteil des Sprachwandels. Diese Entwicklungen wirken sich zwangsläufig auch auf die Verwaltung einer weltoffenen Großstadt wie München aus.
Dies steht in gewissem Konflikt zur Vorgabe der deutschen Sprache als Amtssprache nach den gesetzlichen Vorgaben zur Amtssprache, zum Bestimmtheitsgebot und zum Verwaltungsverfahren. Dies schränkt die Verwendung von Anglizismen und Abkürzungen ein, die den Bürgerinnen und Bürgern nicht verständlich sind. Andererseits sind Anglizismen angebracht, wenn eine Übersetzung ins Deutsche mehr Verwirrung als Erkenntnisgewinn bringen würde. Für viele Fachbegriffe gibt es keine deutsche Entsprechung. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine gesetzliche Regelung wie das „Loi Toubon“ in Frankreich.
Nr. 5.10.4 der Allgemeinen Geschäftsanweisung der Landeshauptstadt München (AGAM) gibt vor, dass die städtischen Veröffentlichungen in klarer, allgemeinverständlicher Sprache kurz und übersichtlich abzufassen sind. Schwer verständliche Fremdwörter, nicht allgemein geläufige Fachausdrücke und Abkürzungen sind möglichst zu vermeiden.
3. Antragsteil Abkürzungen
Abkürzungen erleichtern das effiziente Arbeiten. Sie können andererseits die Kommunikation erschweren. Die Stadtverwaltung ist bemüht, Abkürzungen nur dann zu verwenden, wenn sie diese vor ihrer erstmaligen Verwendung klar, deutlich und am üblichen Sprachgebrauch orientiert erklärt hat. Der Klassiker ist das Zitieren von Gesetzestexten wie z.B. die Angabe „Kommunalabgabengesetz (KAG)“. Bei Immobilienausschreibungen gelten bestimmte Fachbegriffe, wie beispielsweise „WR“ für reines Wohngebiet oder „WGF“ für wertrelevante Geschossfläche. Abkürzungen dieser Art sind branchenüblich und für die Erstellung von Leistungsbeschreibungen unerlässlich. In den Ausschreibungs-Exposés werden die Abkürzungen zusätzlich in Klammern auch ausgeschrieben.
4. Zusammenfassung
Die Verwaltung der Großstadt München kann sich der Verwendung von Anglizismen und Abkürzungen nicht verschließen. Sie geht damit angemessen um und wird auch künftig, soweit möglich, auf Anglizismen und Abkürzungen verzichten.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.