Radwegsicherheit XVI: Jedes Münchner Kind lernt Fahrradfahren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 17.5.2018
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitlieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine Beantwortung auf diesem Weg erfolgt.
Ihrem Antrag haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, Bildungseinrichtungen, Familienorganisationen und Eltern zu unterstützen, damit jedes Kind in München frühzeitig und sicher Fahrradfahren lernt. Die Fahrradprüfung in der dritten oder vierten Klasse stellt dann nur eine Vertiefung der bereits erworbenen Kenntnisse dar.“
Als Begründung führen Sie auf:
„Radfahren erhöht den IQ von Kindern: Radfahren regt Hirnstoffwechsel und -entwicklung an. Stress wird abgebaut. Die Konzentrationsfähigkeit wird durch das Radfahren erhöht.1 Weitere positive Ergebnisse des Fahrradfahrens sind das Erwerben einer eigenständigen und auch nachhaltigen Mobilität. Gleichgewicht und Motorik werden geschult. Kinder sollten unabhängig von ihren Eltern in Kontakt mit dem Fahrradfahren kommen, denn es gibt auch Eltern, die nicht radfahren können. Für die Verkehrssicherheit der Kinder ist es wichtig, frühzeitig mit dem Radfahren anzufangen. Darüber hinaus sollte geprüft werden, wie auch Kinder ohne eigene Fahrräder, das Fahrradfahren erlernen können.“
Zu Ihrem Antrag teile ich Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Kreisverwaltungsreferat Folgendes mit:
Anfang der 70er-Jahre erreichte die Zahl der Verkehrsopfer in Deutschland ihren Höhepunkt. Auch die Zahl der Radfahrunfälle stieg bis zu diesem Zeitpunkt stark an. Analog dazu nahm die Zahl der Kinder, die immer öfter am Straßenverkehr teilnahmen, zu, was ein erhöhtes Risiko darstellte. Dies veranlasste den damaligen Geschäftsführer der Verkehrswacht München, den Arbeitskreis „Radfahren“ ins Leben zu rufen, mit dem Ziel, Kinder im Umgang mit dem Fahrrad vertraut zu machen.Daraus entstand das erste Radfahrprogramm, das ab 1962 an fünf
Münchner Grundschulen unter dem Namen „Vorbereitung auf die Radfahrprüfung“ (ab 1964 „Zweiradpraxis“) durchgeführt wurde. Die positiven Erfahrungen führten dazu, dass das Programm schnell auf fast alle Grundschulen ausgeweitet wurde.
Im Jahr 1972 veranlasste das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus unter dem Namen „Schonraumübung“ die Ausweitung dieses Programms auf alle bayerischen Grundschulen. Anschließend wurde in einer gemeinsamen Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren und des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus im Mai 2003 die Radfahrprüfung im Schonraum für die 2. und 3. Jahrgangsstufe der Grundschule im Lehrplan als verbindlich aufgenommen, was sich im neuen LehrplanPlus widerspiegelt.
Erfahrungen, die in der Kindheit und Jugend gemacht werden, sind prägend für das ganze Leben. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) verfolgt daher im Rahmen seines Mobilitätsmanagementprogramms „Gscheid mobil“ das Ziel, durch eine frühzeitige Bewusstseinsbildung die Einstellung zur Mobilität nachhaltig zu prägen und eine situations- und stadtgerechte Verkehrsmittelwahl zu fördern. Im Sinne einer Mobilitätsbiografie wurden daher verschiedene Projekte und Angebote entwickelt, um Kinder und Jugendliche frühzeitig und altersgerecht in ihren unterschiedlichen Entwicklungsphasen anzusprechen.
Mit dem Projekt „BAMBINI“ unterstützt das KVR Münchner Kindergärten bei der nachhaltigen Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung. In verschiedenen, aufeinander aufbauenden Bewegungseinheiten trainieren die Kinder z. B. mit Rollbrettern und Pedalos ihre motorischen Fähigkeiten (Reaktionsfähigkeit, Balance…) und werden so auf die sichere Teilnahme, beispielsweise mit dem Fahrrad, am Straßenverkehr vorbereitet.
Das Projekt „Auf die Räder – fertig – los!“ ergänzt die Jugendverkehrsschule der Polizei und unterstützt Schülerinnen und Schüler der 4. Jahrgangsstufe, ihren neuen, meist längeren Schulweg nach dem Übertritt auf die weiterführende Schule, eigenständig und sicher mit dem Fahrrad zurückzulegen. Am Aktionstag lernen die Kinder, unter Anleitung von erfahrenen Fahrradmechanikern, was alles zu einem verkehrssicheren Fahrrad gehört und wie sie einfache Reparaturen selbstständig durchführen können.
In einem Fahrradparcours trainieren sie außerdem ihre motorischen und kognitiven Fähigkeiten wie Balance, Koordination und Geschicklichkeit.Darüber hinaus gibt es für die Schulen die Möglichkeit, die sog. „Radl-Box“ mit verschiedenen Materialien und zahlreichen Übungsanleitungen kostenfrei für ca. drei Wochen auszuleihen.
Die Radl-Box kann während des Sportunterrichtes ganzjährig und flexibel eingesetzt werden, um die Kinder auf das sichere Radfahren spielerisch vorzubereiten.
Testweise möchte das KVR, in Zusammenarbeit mit der Jugendverkehrsschule und der Verkehrswacht, auch ein Angebot zur Fahrradfrühförderung entwickeln, welches sich speziell an Schülerinnen und Schüler der 3. Jahrgangsstufe richtet. Ziel ist es, mit intensiven Radfahrübungseinheiten die Sicherheit auf dem Fahrrad und im Straßenverkehr zu verbessern. Darüber hinaus soll auch ein kompaktes Angebot für Zweitklässlerinnen und Zweitklässler getestet werden. Mit intensiven Trainingsübungen beispielsweise mit dem Tretroller, kann so die Einführung in den Fahrradverkehr erleichtert und zu einem sichereren Umgang mit dem Rad beigetragen werden.
Das Referat für Bildung und Sport schreibt zudem regelmäßig das Projekt der Zweiradpraxis für alle staatlichen Grund- und Förderschulen aus. Der Schule werden im Zuge dessen praktische Arbeitsmaterialien sowie der dazugehörige Sachaufwand (Fahrräder, Roller, Pylonen etc.) zur Verfügung gestellt, mit dem die Kinder Erfahrungen im Schonraum und Sicherheit bei der Fahrzeugbeherrschung erlangen können. Da die Fahrräder und Roller gestellt werden, ist ein eigenes Rad hier nicht nötig.
Seit Beginn des Projektes ist die Verkehrswacht der Partner der Landeshauptstadt München und führt dieses Projekt an den Münchner Schulen durch.
Durch die zahlreichen Projekte wird daher sichergestellt, dass Münchner Kinder frühzeitig Fahrradfahren lernen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten.
Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.
1 http://old.nationaler-radverkehrsplan.de/neuigkeiten/news.php?id=2739