Berufsschule zur Berufsvorbereitung (BoKi): Wie kann der „produktorientierte Ansatz“ pädagogisch und umsatzsteuerrechtlich weiterentwickelt und gesichert werden?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 3.7.2018
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Auf Ihre Anfrage vom 3.7.2018 nehme ich Bezug.
Für die gewährte Fristverlängerung bedanke ich mich.
Sie haben Ihrer Anfrage folgenden Text vorausgeschickt:
„In diesen Tagen feiert der ‚produktorientierte Ansatz‘ aufgrund des Stadtratsbeschlusses von 1997 sein 20-jähriges Jubiläum. Dieser Ansatz ist für das hier vorfindliche Klientel an Schülerinnen und Schülern bestens geeignet: die meisten dieser Schülerinnen und Schüler kommen von den Mittelschulen mit dem ziemlich gefestigten Vorurteil, jetzt an eine ‚Schule der Looser‘ zu müssen. Sie haben kaum Gelegenheit gehabt, weder in der Schule noch im Elternhaus, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen aufzubauen. Auch diejenigen Schülerinnen und Schüler, die zwar eine Ausbildung angetreten haben, diese aber abgebrochen haben, haben ähnliche Erfahrungen mit Geringschätzung und eigener Abwertung verinnerlicht. Der produktorientierte Ansatz mit seinen verschiedenen Projekten von der Fahrradwerkstatt, über das Bistro im Pädagogischen Institut, die Metall- und Holzwerkstatt bis zum Catering vereint praktische Tätigkeit – bei der der Erfolg der eigenen Anstrengung auch sichtbar und spürbar wird – mit den dafür erforderlichen theoretischen Kenntnissen. Nur so lässt sich ein spannendes und motivierendes Unterrichtsgeschehen gestalten. Sowohl die Anforderungen an die Lehrkräfte als auch komplizierte umsatzsteuerliche Fragen werfen Probleme auf.“
Zu den von Ihnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1::
Wie können die Weiterbildungsangebote des PI so ausgestaltet werden, dass sie für die im Rahmen des produktorientierten Ansatzes eingesetzten Lehrkräfte eine Unterstützung darstellen?
Antwort:
Aufgrund der besonderen Herausforderungen an dieser Schule und dem hohen Engagement der Lehrkräfte besteht ein regelmäßiger Kontakt zwischen Schulleitung und Fachbereich 3 – Berufliche Schulen des PI bzgl.benötigter Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen am BoKi. In dem Zusammenhang bietet das Pädagogische Institut folgende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Unterstützung der Lehrkräfte (am BoKi) an:
a) Zentrale Fortbildungsveranstaltungen im Pädagogischen Institut Das zentrale Fortbildungsprogramm des PI bietet Veranstaltungen für größere Zielgruppen an, idealerweise für alle Lehrkräfte an beruflichen Schulen bzw. Lehrkräfte aller Schularten. Nach Aussage der Schulleitung des BoKi stellen dabei angebotenen Veranstaltungen wie beispielsweise Konfliktmanagement, Deeskalierende Gesprächstechniken, Teamteaching, Bewerbungstraining sowie Konfrontative Pädagogik für den Unterricht der Lehrkräfte am BoKi eine Unterstützung dar.
b) Schulinterne Lehrerfortbildungen (SchiLF)
Der produktorientierte Ansatz mit seinen verschiedenen Projekten wird von ausgebildeten Fachlehrkräften durchgeführt. Diese verfügen aufgrund ihrer Ausbildung über entsprechende praktische Erfahrungen und fachtheoretische Kenntnisse. Aufgrund der Vielfalt der auszubildenden Fachrichtungen und den daraus resultierenden spezifischen Fortbildungsbedarfen der einzelnen beruflichen Schulen unterstützt das Pädagogische Institut Lehrkräfteteams individuell und bedarfsgerecht auf Antrag mit maßgeschneiderten schulinternen Lehrerfortbildungen (SchiLF). Für Lehrkräfteteams, die am BoKi im Rahmen des produktorientierten Ansatzes unterrichten, besteht somit die Möglichkeit bei Bedarf einen Antrag für eine solche SchiLF zu stellen. Die Schulleitung hat jüngst eine SchiLF zur Einführung der Trainingsraum-Methode beantragt und durchgeführt. Außerdem wurde zur Unterstützung und Entlastung der Lehrkräfte die kollegiale Fallberatung durch zwei SchulentwicklungsberaterInnen des PI im Rahmen der diesjährigen Pädagogischen Konferenz am BoKi initiiert. Zusätzlich ist ein Supervisionsangebot für Lehrkräfteteams am BoKi in Planung.
c) Fortbildungen bei fremden Trägern
Den speziellen Fortbildungsbedarf einzelner Lehrkräfte unterstützt das PI durch die Abwicklung und Gewährung von Zuschüssen bei Fortbildungen von fremden Trägern. Diese werden von einzelnen Lehrkräften besucht, die einen speziellen Fortbildungsbedarf haben, der mit dem zentralen Fortbildungsprogramm des Pädagogischen Instituts oder einer SchiLF an der jeweiligen Schule nicht abgedeckt werden kann.
Beispielsweise wurde vor Kurzem von der Schulleitung ein Zuschuss für eine Lehrkraft des BoKi für eine Qualifizierungsreihe zum Anti-Aggressivitäts-/Coolness-Trainer beim Deutschen Institut für Konfrontative Pädagogik beantragt.
Frage 2:
Welche zusätzlichen Ressourcen wären dazu im PI erforderlich?
Antwort:
Es sind dazu keine zusätzlichen Ressourcen erforderlich, da der Fort- und Weiterbildungsbedarf der Berufsschule zur Berufsvorbereitung – wie bereits in der Vergangenheit – mit den vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen des Fachbereichs 3 – Berufliche Schulen am PI abgedeckt werden kann.
Frage 3:
Wie kann die Verwaltung der Landeshauptstadt die Berufsschule zur Berufsvorbereitung bei der Klärung der umsatzsteuerlichen Fragen – begrenzter Verkauf von Dienstleistungen und Produkten an Beschäftigte der Landeshauptstadt – dahin gehend unterstützen, dass dieser bewährte Ansatz nicht gefährdet wird?
Antwort:
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Referats für Bildung und Sport (Geschäftsbereich Berufliche Schulen und die Stabsstelle Recht) sowie der Stadtkämmerei stehen zu oben genannter Fragestellung in Kontakt.
Die steuerrechtlichen Sachverhalte werden – nicht zuletzt hinsichtlich wiederkehrender Änderungen und Anpassungen in der Steuergesetzgebung – von der Stadtkämmerei seit dem Start des Konzepts des produktorientierten Ansatzes erfasst und hinsichtlich der Auswirkungen auf die pädagogische Arbeit in den städtischen beruflichen Schulen gemeinsam mit den weiteren Verwaltungseinheiten bewertet.
Nach der derzeitig gültigen Rechtslage (vgl. § 4 Abs. 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 3 UStG und § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG) stellt der begrenzte Verkauf von Dienstleistungen und Produkten im Rahmen des produktorientierten Ansatzes noch keine im steuerrechtlichen Sinne wirtschaftliche Tätigkeit dar, sodass die hierbei erzielten Umsätze umsatzsteuerlich nicht dem städtischen Unternehmensbereich zuzurechnen sind und infolgedessen auch nicht der Umsatzsteuer unterliegen. An dieser Tatsache wird sich aller Voraussicht nach auch durch die Reform der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (vgl. Artikel 12 Steueränderungsgesetz 2015 – BGBl. I 2015, S. 1834) im Endergebnis keine Änderung ergeben: Das begrenzte Verkaufen von Dienstleistungen und Produkten im Rahmen des produktorientierten Ansatzes stellt rein umsatzsteuerlich betrachtet ein Hilfsgeschäft zur Unterrichtstätigkeit der Berufsschule zur Berufsvorbereitung (und damitzum im steuerrechtlichen Sinne nichtwirtschaftlichen Bereich der Landeshauptstadt München) dar (vgl. BMF – Schreiben vom 16.12.2016 betr. Umsatzbesteuerung der Leistungen der öffentlichen Hand, Textziffer 20). Die Landeshauptstadt München übt dadurch folglich keine gemäß § 2 Abs. 1 UStG umsatzsteuerbare Tätigkeit aus, sodass die ihr hierbei zufließenden Umsätze auch nach der ab 1.1.2021 gültigen neuen Rechtslage weiterhin nicht der Umsatzsteuer unterliegen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten.
Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.