Rahmenbedingungen für weitere Planungen zur U9
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 12.7.2018
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 12.7.2018 führten Sie als Begründung aus:
„Erste Planungen für eine neue U-Bahnlinie durch die Innenstadt – U9 – sind vom Stadtrat mit großer Mehrheit in Auftrag gegeben worden. Für konkrete weitere Beschlüsse zum Bau der U9 sind jedoch nicht nur eine seriöse Kostenschätzung und ein zuverlässiges Finanzierungsmodell notwendig, sondern auch deutlich konkretere Informationen und Daten über den verkehrlichen Nutzen der U9. Wie schnell die Kosten schon im Vorfeld explodieren können, zeigt der geplante Tunnel im Rahmen des viergleisigen Ausbaus der Strecke Daglfing-Johanneskirchen (Flughafenanbindung). Die Kostenschätzungen haben sich in wenigen Jahren auf mittlerweile 2,2 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Dem Stadtrat müssen frühzeitig – mindestens 6 Wochen vor einem Beschluss – die konkreten Rahmenbedingungen für eine vertiefte Planung der U9 vorliegen.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Trifft es zu, dass die ersten Kostenschätzungen auf einer Planung beruhten, die ausschließlich ein funktionierendes Betriebskonzept der MVG zur Grundlage hatten, ohne die technische Machbarkeit von der Münchner Fachbehörde für U-Bahnbau (Baureferat Ingenieurbau) bestätigen zu lassen?
Antwort der SWM/MVG:
„Ziel der ersten Machbarkeitsstudie, die seitens der SWM/MVG 2013 in Auftrag gegeben wurde, war die Erarbeitung einer sinnvollen Linienführung für die U9. Besonderer Fokus lag dabei auf der verkehrlichen Wirkung von verschiedenen Varianten, um der Zielsetzung der U9 – der bestmöglichen Entlastung der U-Bahn-Bestandsstrecken in Nord-Süd-Richtung sowie der lnnenstadtbahnhöfe – gerecht zu werden. Dies spiegelte sich auch im Ergebnis dieser Studie wider, aus welcher die grundlegende Linienführung von der Münchner Freiheit über den Hauptbahnhof zur lmplerstraße hervorging. Belastbare Kostenberechnungen sind grundsätzlich erst im weiteren Planungsverlauf (Vorplanung samt Kostenschätzung) möglich.“
Frage 2:
Wie kommt die im Herbst 2017 veröffentlichte Kostenexplosion von 1 Mrd. auf 3 - 3,5 Mrd. Euro zustande (Münchner Merkur 27.11.2017)? Sind diese aktuell geschätzten Investitionskosten Schätzungen der MVG, oder werden diese aktuellen Kostenschätzungen auch von der Bau-Fachbehörde Baureferat mitgetragen? Wenn nein, mit welchen weiteren Steigerungen ist dann ggfs. noch zu rechnen?
Antwort der SWM/MVG:
„Die Zielsetzung der ersten Machbarkeitsstudie wurde bereits unter Ziffer 1. erläutert. Auf dieser Grundlage waren vertiefte Untersuchungen zur baulichen Machbarkeit erforderlich, bei denen das Baureferat eingebunden war. Die Ergebnisse dieser vertieften baulichen Untersuchungen wurden im Stadtratsbeschluss zur U9 vom 24.1.2018 detailliert dargestellt (Sitzungsvorlagen Nr. 14-20/V 10475). Dort wurden Planungs- und Baukosten für die Gesamtstrecke inkl. Vorhaltemaßnahmen am Hauptbahnhof für die beschriebene Vorzugsvariante mit ca. 3 Mrd. Euro angegeben. ln der ,Finanz- und lnvestitionsplanung, Große Vorhaben in kommenden Jahren‘ der Landeshauptstadt wurde die U9 mit einer Spanne von 2,5 - 3,5 Mrd. Euro vorgesehen.“
Frage 3:
Ist es richtig, dass es für ein Tunnelbauvorhaben, wie den vorgesehenen U9-Bahnhof in Tieflage (4. UG) am Hauptbahnhof in München bislang kein Vorbild gibt? Wenn ja, wie schätzt das Baureferat das Bau- und Kostenrisiko dieses Bahnhofprojektes ein?
Antwort des Baureferates:
„Mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 30.9.2015 zum Nahverkehrsplan der Landeshauptstadt München (RIS-Sitzungsvorlagen-Nr.: 14-20/V 03603) wurde das Referat für Stadtplanung und Bauordnung unter Ziffer 6 u.a. beauftragt, ,die Planung der U9 auf Basis der vorliegenden Machbarkeitsstudie (…) zusammen mit der Stadtwerke München GmbH (SWM/MVG) und dem Baureferat voranzutreiben und dem Stadtrat schnellstmöglich zum weiteren Vorgehen mit Zeitplan und notwendigen Personalbedarf zu berichten.‘
Wie in der Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 10475 (Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 24.1.2018) ausgeführt, hat das Baureferat die Machbarkeitsstudie intensiv begleitet und als Teil des Projektteams verantwortlich mitgearbeitet. Das Baureferat hat seine Erfahrungen zum U-Bahnbau eingebracht und gemeinsam mit den SWM/MVG in einer abschließenden Beurteilung die bauliche Machbarkeit zum derzeitigen Kenntnisstand bestätigt.
An der Erstellung von Kostenschätzungen oder -berechnungen hat das Baureferat nicht mitgewirkt. Auch wurden Kostenschätzungen oder -berechnungen vom Baureferat nicht geprüft.“
Frage 4:
Wie sind in diesem Zusammenhang die jüngsten Umplanungen bei der 2. S-Bahn-Stammstrecke zu beurteilen?
Antwort des Referates für Stadtplanung und Bauordnung:
„Bei den Umplanungen der DB AG bei der 2. Stammstrecke handelt es sich um Optimierungsplanungen. Die Planung und der Bau der U9 werden hierdurch nicht beeinträchtigt und bleiben weiterhin möglich.“
Frage 5:
Wie viele Umsteiger von der U3 auf die U9 werden an der Münchner Frei- heit pro Tag erwartet, wie viele an der Impler-Pocci-Straße? Sind diese prognostizierten Umsteiger problemlos zu bewältigen?
Antwort der SWM/MVG:
„Die Entlastungswirkung der U9 für die U-Bahnhöfe und lnnenstadtstrecken wurde anhand von Verkehrsprognosen nachgewiesen und im
Stadtratsbeschluss zur U9 vom 24.1.2018 vorgestellt (vgl. Ziffer 2). Unter Berücksichtigung der U5 nach Pasing und der Streckenverlängerung nach Martinsried übernimmt nach derzeitigem Planungsstand die U9 als Stammlinie die komplette Strecke Garching-Forschungszentrum – Hauptbahnhof – lmplerstraße – Klinikum Großhadern – Martinsried. Die U3 befährt weiterhin die Strecke Moosach – Fürstenried West.
Es werden dabei 25.000 U-Bahn-Umsteiger pro Werktag zwischen dem bestehenden U-Bahnhof Münchner Freiheit (U3) und dem neuen U9-Bahnhof Münchner Freiheit erwartet. Für einen neuen U-Bahnhof lmpler-/ Poccistraße werden 61.600 U-Bahn-Umsteiger pro Werktag zwischen den U-Bahn-Linien U3 und U9/U29 erwartet.
Für beide Standorte sind – wie für alle neuen U-Bahnhöfe der U9 – die o.g. Verkehrsprognosen unter Berücksichtigung des Zeitraumes der Inbetriebnahme der U9 in die Planungen der vertieften Machbarkeitsstudien v.a. hinsichtlich Treppenkapazitäten und Bahnsteigbreiten eingeflossen. Die Bewältigung der Umsteigerströme ist daher auf Basis des vorliegenden Planungsstandes gewährleistet.“
Frage 6:
Welche Betriebsstörungen auf den innerstädtischen U- und S-Bahn-Linien werden aus der Erfahrung vergangener ÖV-Tunnelmaßnahmen durch Baumaßnahmen für die U9 erwartet? Für welchen Zeitraum?
Antwort der SWM/MVG:
„Ausgehend vom derzeitigen Detaillierungsgrad der Planung sind keine belastbaren Aussagen zu Betriebseinschränkungen möglich.“
Frage 7:
Welcher Planungs- und Bau-Zeitplan für die U9 kann im best-case-, im worst-case- und im Realszenario angenommen werden, unter Berücksichtigung von Klagen? Was bedeutet das best-case-Szenario für andere notwendige U-Bahn-Projekte? Für wie viele U-Bahn-Projekte könnte maximal im Realszenario parallel in den 20er-Jahren der Bau beginnen und welche wären das?
Antwort des Referates für Stadtplanung und Bauordnung und der SWM/MVG:
„Nach Einschätzung des Referates für Stadtplanung und Bauordnung wäre es möglich, dass in den 20er-Jahren mit dem Bau der U5 Richtung Pasing und mit der U9 (zumindest Vorhaltekörper) begonnen werden könnte.
Für die Planung und den Bau von U-Bahn-Projekten gibt es aus Sicht des Referates für Stadtplanung und Bauordnung aus stadt- und verkehrsentwicklungsplanerischer Sicht sowie unter Berücksichtigung der künftigen betrieblichen Notwendigkeiten eine Reihenfolge, welche voraussichtlich Ende 2018 im Beschluss ‚Weitere U-Bahn-Planung in der Landeshauptstadt München‘ dem Stadtrat dargelegt wird.“
Die SWM/MVG teilten hierzu mit, dass der derzeitige Planungsstand nicht ausreichend sei, um fundierte Aussagen über die Planungs- und Bauzeit treffen zu können. Zudem soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass eine Einschätzung von Genehmigungsdauern bei vorliegenden Klagen grundsätzlich nicht vorgenommen werden könne. Die Auswirkungen bzw. die Abhängigkeiten für weitere U-Bahnprojekte müssen seitens des Planungsreferates benannt werden.
Frage 8:
Welche Kosten und Bauzeit würde eine Optimierung der Umsteigebezie- hungen am Odeonsplatz verursachen (U4/5 zu U3/6)? Welcher Nutzen für die Fahrgäste könnte dadurch generiert werden?
Antwort der SWM/MVG:
„Die U9 entlastet den Odeonsplatz und bildet somit einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Umsteigebeziehungen zwischen den beiden U-Bahnhöfen.
Für den Zeitraum bis zur Inbetriebnahme der U9 erfolgen unter Federführung der SWM/MVG aktuell bereits Machbarkeitsstudien zur Verbesserung der Umsteigebeziehungen am Odeonsplatz. Im Anschluss an die Studie sollen gemeinsam mit dem Baureferat und dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung die Planungen vertieft werden, um belastbare Zahlen zu Kosten, Bauzeit und verkehrlichem Nutzen liefern zu können.“
Frage 9:
Wie hoch sind die prognostizierten Verkehrsstrombelastungen 2037 (voraussichtlich frühester U9-Betrieb im best-case-Szenario) bei U3/U9 mit Neubau der U9 bzw. U3/U6 im Bestand (mit-Fall bzw. ohne-Fall)?
Antwort der SWM/MVG:
„Die unter Ziffer 5 genannte Verkehrsprognose ergibt ohne U9 die höchste Belastung auf der Bestandsstrecke der U3/U6 von knapp 240.000 Personen pro Werktag (Abschnitt Odeonsplatz – Universität). Mit der U9 verringert sich diese Streckenbelastung auf rund 160.000 Personen pro Werktag.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.