Eigenbedarfskündigung: Sozialreferat fordert Gesetzesverschärfung Archiv
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Rathaus Umschau 224 / 2018, veröffentlicht am 23.11.2018
Das Sozialreferat der Landeshauptstadt München sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Regelung der Eigenbedarfskündigung. Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Die Erfahrungen unserer Mietberatungsstelle zeigen, dass bei vielen Mieterinnen und Mietern in München die Befürchtung besteht, die Wohnung wegen Eigenbedarfs zu verlieren. Das führt dazu, dass Mieterinnen und Mieter in zunehmendem Ausmaß mietrechtliche Ansprüche wie Instandsetzungsarbeiten in der Wohnung, für die der Vermieter zuständig ist, nicht geltend machen. Auch unwirksame oder zu hohe Mietforderungen werden aus Sorge um den Erhalt der Wohnung akzeptiert. Das ist für uns eine äußerst beunruhigende Entwicklung. Denn gesetzlich festgelegte Rechte für Mieterinnen und Mieter helfen natürlich nur, wenn diese auch wahrgenommen werden.“
Hintergrund für die zunehmenden Ängste vor einer Eigenbedarfskündigung sind der äußerst angespannte Wohnungsmarkt in München und die Rechtsprechung zum Thema.
Aus Sicht des Sozialreferates München sind dringend gesetzliche Verschärfungen notwendig, die diese Tendenz im Sinne der Mieterinnen und Mieter verändern.
Schiwy: „Eigenbedarf sollte nur für Verwandte in ‚gerader Linie‘, also Vater, Mutter, Kinder oder Enkel ausgesprochen werden dürfen. Bisher ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs auch für weitere Familienangehörige und (nicht verwandte) Haushaltsangehörige möglich. Außerdem fordern wir die Einführung eines Bußgeldtatbestandes für einen nachgewiesenen vorgetäuschten Eigenbedarf, vergleichbar dem im aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung geplanten Bußgeld, das bei ‚Hinausmodernisierung‘ der Mieterin beziehungsweise des Mieters verhängt werden kann. Die Hürden für Mieterinnen und Mieter, Schadensersatz wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs geltend zu machen, sind in der Praxis sehr hoch. Hier könnten Erleichterungen hinsichtlich der Beweislast der Mieterinnen und Mieter dazu beitragen, Vermieterinnen und Vermieter von vorgetäuschten Eigenbedarfskündigungen besser als bisher abzuhalten.“
Weiter fordert das Sozialreferat, dass die Möglichkeit, Eigenbedarf für eine Zweitwohnung anzumelden, ausgeschlossen oder zumindest sehr eingeschränkt wird. Auch sollten die Mieterin beziehungsweise der Mieter besser gegen einen absehbaren Eigenbedarf, der bald nach Vertragsschluss geltend gemacht wird, geschützt und die Anforderungen an einen „überhöhten Wohnbedarf“, aufgrund dessen die Eigenbedarfskündigung unzulässig ist, gesenkt werden. Die Anforderungen an die Begründungspflicht für eine Eigenbedarfskündigung sollten ausgeweitet werden. Sämtliche Tatsachen, die für den Eigenbedarf von Bedeutung sind, sollten bereits im Kündigungsschreiben und nicht erst im Rechtsstreit von den Vermieterinnen und Vermietern vorgetragen werden müssen, zum Beispiel Aussagen über den bisherigen Wohnraum der Bedarfsperson oder über Alternativwohnungen. Eine umfassende Information der Mieterinnen und Mietern würde diesen die Entscheidung erleichtern, ob sie sich gegen eine Eigenbedarfskündigung notfalls gerichtlich verteidigen sollten.