Mobile Unterstützung für Seniorinnen und Senioren
Antrag Stadtrats-Mitglieder Kathrin Abele, Verena Dietl, Anne Hübner, Haimo Liebich, Gerhard Mayer, Christian Müller und Dr. Constanze Söllner-Schaar (SPD-Fraktion) vom 16.3.2018
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Sie beauftragen die Stadtverwaltung, sich über technische Assistenzsysteme zur Förderung der Mobilität älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu informieren und Projektvorschläge für eine an München angepasste Umsetzung zu entwickeln und dem Stadtrat vorzustellen.
Ihr Verständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Der Antrag konnte nicht innerhalb der geschäftsordnungsgemäßen Frist bis zum 16.9.2018 erledigt werden, da für diese Thematik referatsübergreifende Abstimmungen erforderlich waren. Dem Antrag auf Fristverlängerung bis zum 15.10.2018. haben Sie zugestimmt.
Zu Ihrem Antrag vom 16.3.2018 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Für alle Menschen ist Mobilität eine entscheidende Voraussetzung für Lebensqualität. Im Alter gewinnt Mobilität jedoch noch an Bedeutung: Mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entfallen beruflich bedingte Kontakte und häufig muss der Verlust des Lebenspartners bewältigt werden. Diese Veränderungen machen ein erhöhtes Maß an Mobilität notwendig, wenn soziale Teilhabe und Selbstbestimmung sowie weitestgehende Unabhängigkeit erhalten werden sollen.
Zugleich nehmen mit dem Alter jedoch körperliche Beeinträchtigungen zu und sensorische Fähigkeiten ab, womit eine Einschränkung von Mobilität verbunden ist. Außerhalb der Wohnung wird älteren Menschen die Fortbewegung zusätzlich durch äußere Umstände erschwert:
- Das Wohnumfeld, öffentliche Gebäude und Versorgungseinrichtungen sind häufig nicht barrierefrei zugänglich.
- Verkehrsmittel sind in vielen Fällen nicht in ausreichendem Maße barrierefrei gestaltet oder fehlen ganz.
- Die Komplexität des Verkehrsgeschehens kann für Ältere so beängstigend sein, dass sie ihren Aktionsradius von sich aus einschränken.Wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, können technische Assistenzsysteme Seniorinnen und Senioren helfen, sich zu orientieren und sicherer zu bewegen – sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Raum. Das von Ihnen beispielhaft genannte Projekt „UrbanLife+“ in Mönchengladbach entwickelt in diesem Sinne „smarte“ Technologien für mobilitätseingeschränkte Menschen für den öffentlichen Raum. Anwohnerbefragungen und Interviews mit Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere älteren Menschen sowie Bewohnerinnen und Bewohnern von Altenheimen, sollen dabei
zunächst klären, welche Technologien konkret gebraucht und wie sie am besten in die Praxis umgesetzt werden.
Das Projekt startete im November 2015 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für fünf Jahre (BMBF) gefördert. Die Fördersumme beträgt 6,19 Millionen Euro (davon 78% Förderanteil durch BMBF).
In die Praxis umgesetzt wurde bisher lediglich ein Informationsbildschirm in einer Altenhilfeeinrichtung, der barrierefrei ist und den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern unterschiedliche Informationen zur Verfügung stellt, wie z.B. das Wetter, den schnellsten Weg zum nächsten Supermarkt oder auch eine Route zu einem gewünschten Ziel.
Weitere technische Maßnahmen befinden sich noch in der Entwicklungsphase in Universitäten oder Firmen, wie z.B. die „smarte“ Parkbank, die sich an die speziellen Bedürfnisse der jeweiligen Benutzerinnen und Benutzer einstellt, Straßenlaternen, die ihre Helligkeit dem Sehvermögen der Passanten anpassen, Gehwege, die Fußgänger mit Handicap sicher an Gefahrenstellen vorbeileiten, oder Systeme, die ihre Benutzerinnen und Benutzer bei Schwäche- oder Schwindelanfällen zur nächsten freien Sitzmöglichkeit führen.
Am Ende des Projekts, also im Jahr 2020, wird es einen Bericht geben, der Empfehlungen für andere Kommunen in Bezug auf die Einführung von technischen Assistenzsystemen geben wird.
Das Sozialreferat sieht die Einführung von technischen Assistenzsystemen als wichtigen und zukunftsweisenden Weg, um die Mobilität älterer Menschen im öffentlichen Raum zu verbessern. Allerdings ist es aus der Sicht des Sozialreferates wichtig, vor der Einführung von fortgeschrittenen Technologien zunächst einige grundlegende Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität älterer Menschen in München zu verwirklichen: Hierzu gehören beispielsweise die flächendeckende Absenkung von Bordsteinen, die Verlängerung von Grünphasen bei Ampeln und die weitere Verbesserung der Barrierefreiheit des öffentlichen Personennahverkehrs.Die Realisierung dieser Maßnahmen liegt jedoch nicht im Verantwortungsbereich des Sozialreferats, sondern in dem des Referates für Stadtplanung und Bauordnung, des Bau- und des Kreisverwaltungsreferats.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wurde mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 25.7.2018 beauftragt, einen „Mobilitätsplan“ für München zu erarbeiten (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 11704). In diesem werden u.a. die Mobilitätsbedürfnisse älterer Menschen Berücksichtigung finden. Teil der Erarbeitung des Plans ist eine Partizipationsphase, die voraussichtlich im zweiten Quartal 2019 beginnen wird. Im Rahmen der Partizipationsphase ist u.a. die Beteiligung der Senioren- und Behindertenbeiräte vorgesehen, die die Bedürfnisse mobilitätseingeschränkter Menschen einbringen werden. Zusätzlich ist beim geplanten Dialog (Befragung, Veranstaltungen) mit den Bürgerinnen und Bürger eine möglichst breite Stichprobe vorgesehen, um auch die Interessen älterer Menschen erfassen zu können.
Das Sozialreferat hält den Mobilitätsplan für eine geeignete Grundlage, um daraus konkrete Projekte zur weiteren Verbesserung der Mobilität älterer Menschen abzuleiten.
Auch das Referat für Arbeit und Wirtschaft ist in diesem Bereich mit dem „Bus & Bahn-Begleitservice“ aktiv. Seit 15. September 2015 besteht dieses Angebot, betrieben vom Katholischen Männerfürsorgeverein und gefördert vom Referat für Arbeit und Wirtschaft im Rahmen des Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms (MBQ). Langzeitarbeitslose Menschen begleiten in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen bei Fahrten mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Das Angebot ist für die Nutzerinnen und Nutzer kostenlos. Die Inanspruchnahme ist steigend. So wurden im Jahr 2017 rund 4.700 Begleitfahrten durchgeführt; für das Jahr 2018 geht der Träger von gut 6.000 Begleitungen aus.
Das Sozialreferat hat in seinen Einrichtungen der offenen Altenhilfe ältere Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Fokus, dabei insbesondere die zunehmende Anzahl älterer Menschen, die personelle Unterstützung benötigen, um mobil zu bleiben und am sozialen Leben teilnehmen zu können. Seit vielen Jahren sind in den Alten- und Service-Zentren, den Beratungsstellen für ältere Menschen und Angehörige und weiteren Projekten der offenen Altenarbeit Seniorenbegleiterinnen und Seniorenbegleiter aktiv, die ältere Menschen beim Einkaufen, zum Arzt, zu Veranstaltungen etc. begleiten. In einzelnen Stadtteilen bestehen Initiativen, die Fahrdienste für diejenigen älteren Menschen anbieten, die auch mit Begleitung den öffent-lichen Verkehr nicht mehr nutzen können. In der Beschlussvorlage „Innovative Konzepte in der offenen Altenarbeit“, die am 18.10.2018 dem Stadtrat vorgelegt wird, schlägt das Sozialreferat eine stadtweite sozialregionsbezogene Förderung für freie Träger vor, die regionale Fahrdienste organisieren, vermitteln und koordinieren.
Darüber hinaus beobachtet und unterstützt die Fachabteilung „Zeitgemäße Wohnformen Älterer“ die Entwicklung von technischen Assistenzsystemen im häuslichen Bereich.
Das Sozialreferat wird sich selbstverständlich weiterhin für die Unterstützung älterer Menschen mit eingeschränkter Mobilität einsetzen, damit diese am sozialen Leben teilhaben können.
Dieses Schreiben wurde mit der Gleichstellungsstelle für Frauen abgestimmt.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.