Wer definiert im Mietspiegel die „Ausstattungsmerkmale“ zur Charakterisierung der Haustypen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 11.10.2018
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 11.10.2018 führen Sie Folgendes aus:
„Im Vorfeld der Einwertung eines Hauses im Rahmen des Mietspiegels kommt es immer wieder zu merkwürdigen ‚Schnellmodernisierungen‘ insbesondere bei Gebäuden, deren Eigentümer große Investoren oder Fonds sind.
Dies betrifft besonders die Ziff. 3.11 in der Tabelle 3 des Mietspiegels für München 2017, ‚besondere Ausstattung‘: so werden auf die Schnelle Videogegensprechanlagen installiert, die kein Bewohner will oder braucht, damit werden aber Mieterhöhungen begründet.
Damit der Mietspiegel auch bei gerichtlichen Auseinandersetzungen Bestand hat, muss er bestimmten methodischen Anforderungen genügen, die ihn als ‚qualifiziert‘ im Sinne des § 558 BGB ausweisen. Fraglich ist jedoch, ob dieser gesetzliche Rahmen bis in die einzelnen Ausstattungsmerkmale hinein verbindliche Bestimmungen setzt.“
Zu Ihrer Anfrage vom 11.10.2018 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Gibt es Vorgaben, die die Ausstattungsmerkmale definieren?
Antwort:
In der vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung herausgegebenen Broschüre „Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln“ findet sich eine Auflistung von Kriterien, die das Wohnwertmerkmal „Ausstattung“ konkretisieren. In der genannten Broschüre wird jedoch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Auflistung um einen Beispielkatalog handelt und die „konkrete Ausgestaltung des Hauptfragebogens“, der der Mietspiegelerstellung zu Grunde liegt, „in Abhängigkeit von den Strukturen des jeweiligen Wohnungsmarkts vorzunehmen“ ist (a.a.O., Seite 39).
Frage 2:
Sind diese Vorgaben auf bundesgesetzlicher Ebene - BGB und/oder nachgeordnete Gesetze bzw. Verordnungen – festgeschrieben?
Antwort:
Eine bundesgesetzliche Vorgabe zur Ermittlung von Ausstattungsmerkmalen im Rahmen einer Mietspiegelerstellung besteht nicht. Das BGB legt lediglich fest, dass in einem Mietspiegel die „ortsübliche Vergleichsmiete“ wiederzugeben ist und diese ortsübliche Vergleichsmiete aus „den üblichen Entgelten“ gebildet wird, „die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten 4 Jahren vereinbart oder (…) geändert worden sind.“ Eine „Mietspiegelverordnung“, die die zu untersuchenden Wohnwertmerkmale wie die Ausstattung einer Wohnung allgemein verbindlich regelt, existiert bislang nicht. Orientierungsmaßstäbe zur Erarbeitung eines Mietspiegels bieten die in der Antwort zu Frage 1) erwähnten „Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln“, die erstmals 2002 vom damaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen herausgegeben wurden.
Frage 3:
Wenn nein: welche Handlungsspielräume bei der Ausgestaltung des Mietspiegels hat die Landeshauptstadt?
Antwort:
Ziel der Mietspiegelerstellung ist die Veröffentlichung eines „qualifizierten Mietspiegels“ i.S.v. § 558d BGB, der wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht und vom Stadtrat anerkannt wird. Der Mietspiegel für München 2017 wurde in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Kantar TNS und dem Lehrstuhl für Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität München (Prof. Dr. Kauermann) erstellt. Basis des Mietspiegels ist der Mieterfragebogen (vgl. www.mietspiegel-muenchen.de/2017/dokumen- tation.php), der in detaillierter Weise nach Ausstattungsmerkmalen der jeweiligen Wohnung fragt und von ca. 3.000 Mieterinnen und Mietern beantwortet wurde. In Abstimmung mit den beteiligten Instituten ist das Sozialreferat der Landeshauptstadt München bestrebt, den Fragebogen zu aktualisieren und zu optimieren. In den Fragebogen für den Mietspiegel für München 2019 wurde beispielsweise die Frage nach einer von Vermieterinnen und Vermietern zur Verfügung gestellten „E-Ladestation für Elektromobile“ aufgenommen. In diesem Zusammenhang wurde den Verbänden (Mietervereine, Haus- und Grundbesitzervereine) sowie den Fraktionen und Gruppierungen des Stadtrats Gelegenheit gegeben, Vorschläge und Anregungen zur Gestaltung der Fragebögen (Fragebogen für Mieterinnen und Mieter, Vermieterfragebogen) einzubringen.Die vom Marktforschungsinstitut Kantar TNS erhobenen Daten für den Mietspiegel für München 2017 wurden vom Lehrstuhl für Statistik im Rahmen einer Regressionsanalyse ausgewertet. Aus der Datenanalyse ergeben sich die signifikanten, d.h. mietpreisbeeinflussenden Wohnwertmerkmale, die als „Grundpreis“ (Tabelle 2 des Mietspiegels) sowie als Zu- und Abschläge (Tabelle 3) ausgewiesen werden. Auf die Höhe des Grundpreises und der Zu- und Abschläge sowie auf die Frage, welche Ausstattungsmerkmale „signifikant“ sind, darf die Landeshauptstadt München keinen Einfluss nehmen, um die Wissenschaftlichkeit des Mietspiegels nicht zu gefährden und um die gerichtliche Akzeptanz des qualifizierten Mietspiegels nicht in Frage zu stellen. Die Handlungsspielräume der Landeshauptstadt München beschränken sich daher auf die Erarbeitung möglichst umfassender Fragebögen, um sämtliche Ausstattungsmerkmale einer Wohnung mit signifikantem Einfluss auf den Mietpreis zu erfassen und möglichst kompetente und vertrauenswürdige Kooperationspartner mit der Datenerhebung und Datenanalyse zu beauftragen.