Inklusion konkret – konsequent Aufzugausfälle bei U- und S-Bahn bekämpfen
Anfrage Stadtrat Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 7.9.2018
Antwort Referat für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 7.9.2018 führten Sie als Begründung aus:
„U- und S-Bahnhöfe in München sind – mit ganz wenig Ausnahmen – für Rollstuhlfahrer/innen nur nutzbar, wenn der oder die Aufzüge funktionieren. Nichtfunktionierende Aufzüge bedeuten für diese ÖV-Nutzer nicht einfach nur Komfortverzicht, sondern das ‚Aus‘ für eine geplante Fahrt. Inklusion sieht anders aus. Leider reißen die Klagen über Aufzugausfälle bei U- und S-Bahn nicht ab. Besonders gravierend stellt sich die Situation bei einzelnen Stationen der S-Bahnstammstrecke dar, die in München bekanntlich die wichtigste Ost-West Schnellbahnverbindung ist. Die Situation des wochenlang defekten Aufzugs am Rosenheimer Platz, die ausführlich Gegen- stand der Berichterstattung war (AZ vom 10.8.2018: Von wegen barrierefrei – Kaputte Aufzüge an Münchner S-Bahnhöfen: ‚Es wird immer schlimmer‘), gibt Anlass zu grundsätzlichen Fragen, ob die Aufzugbetreiber (DB AG und SWM) im Münchner Schnellbahnsystem wirklich alles unternehmen, um insbesondere lang anhaltende Ausfälle zu verhindern, z. B. durch eine entsprechende Ersatzteilbevorratung.
Dem Störmelde-Blog des Facharbeitskreises (FAK) Mobilität des Behindertenbeirates (aufzug.buergerservice-muenchen.de) lässt sich leicht entnehmen, dass Ersatzteilmangel nicht nur am Rosenheimer Platz zu wochenlangen Ausfällen geführt hat. Nun fällt zwar die S-Bahnstammstrecke streng genommen nicht in die Zuständigkeit der LHM, aber erstens sind von den Zuständen vor allem Münchner betroffen, zweitens beteiligt sich die LHM mit einem dreistelligen Millionenbetrag freiwillig am Bau der 2. S-Bahnstammstrecke und hat daher ein gewisses Mitspracherecht, und drittens wurde von der LHM in den 1960er Jahren der Deutschen Bundesbahn die Ost-West-Trasse für die Stammstrecke mit der Maßgabe überlassen, für einen U-Bahn-ähnlichen Betrieb zu sorgen. Hierzu gehört heute selbstverständlich eine verlässliche barrierefreie Erschließung.
Es darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass die Ausrüstung von S-und U-Bahnstationen mit Aufzügen nicht von den Betreibern, sondern ausschließlich aus Steuermitteln bezahlt wurde. Insoweit hat die Politik die Pflicht, die sachgemäße Verwendung dieser Steuermittel dauerhaft zu kontrollieren.“Der um Stellungnahme gebetene Behindertenbeirat der Landeshauptstadt München begrüßt o.g. Stadtratsanfrage und teilte uns diesbezüglich Folgendes mit:
„Unzuverlässige Aufzüge (aber auch Fahrtreppen) sind in der Tat seit jeher ein Dauerärgernis für Personen mit Gehbehinderungen und Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer.
Dies wird in der Anfrage zutreffend beschrieben.
Wir vom FAK Mobilität bemühen uns seit vielen Jahren um Verbesserungen, die bisher aber nicht eingetreten sind. Vielmehr wurden Nachfragen unsererseits zum Ausfall von Aufzügen i.d. Regel mit statistischen Werten beantwortet.
Wir erwarten von dieser Stadtratsanfrage daher konkrete Ausführungen von MVG und DB, wie das unstrittige Problem systematisch und nachhaltig gelöst werden kann. Von konkreten Beispielen sehen wir ausdrücklich ab, da diese allen Beteiligten hinreichend bekannt sind. Hoffnungsfroh stimmt uns nun ein Projekt der MVG, das konkret über einen Zeitraum von 2018 bis 2022 die Erneuerungen von 45 Aufzügen plant. Wir gehen davon aus, dass die neuen Aufzüge weniger störanfällig sind und somit eine Verbesserung eintritt.
Allerdings werden somit nur die Hälfte der bestehenden U- Bahnhöfe neu ausgestattet. Das Problem der Wartung der bestehenden Aufzüge ist damit noch nicht behoben. Hierzu ist sowohl von der MVG als auch von der DB ein Verfahren zu entwickeln, das die Störungszeiten minimiert und das auch nachvollziehbar eingehalten wird. Dies bedeutet auch, dass unzuverlässige Kooperationspartner gewechselt werden müssen. Absichtserklärungen und allgemeine Aussagen sind nicht zielführend, eine öffentliche Kontrollmöglichkeit der Zuverlässigkeit eines jeden Aufzugs/einer jeden Fahrtreppe ist überfällig.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können nun wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Trifft es zu, dass manche Aufzüge im S- und U-Bahnbereich z.T. wochenlang wegen Defekten außer Betrieb sind?
Antwort der BEG:
„Uns sind einzelne Fälle lang andauernder Aufzugstörungen im S-Bahn-Bereich bekannt.“
Frage 2:
Welche maximalen Ausfallzeiten gelten für Aufzüge bei U- und S-Bahnstationen vom Gesetzgeber her, von den Fachverbänden, von den Auftraggebern (LHM), vom Besteller und Bezahler (Freistaat Bayern) und von den Betreibern (SWM und DB)?
Antwort der BEG:
„Die BEG hat rechtlich keine Möglichkeit, maximale Ausfallzeiten von Aufzügen im S-Bahn-Bereich vorzugeben. Die Verträge über die Stationsnutzung werden zwischen dem Bahnhofsbetreiber (in diesem Fall der DB Station & Service AG) und dem Eisenbahnverkersunternehmen (hier die DB Regio AG) abgeschlossen. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der DB Station & Service AG (Infrastrukturbedingungen Personenbahnhöfe – INBP) hat das Eisenbahnverkehrsunternehmen keinen Anspruch auf (funktionierende) Aufzüge. Eine Pönalisierung beim Ausfall dieser Anlagen und maximale Ausfallzeiten sind in den INBP nicht vorgesehen.“
Antwort der SWM/MVG:
„Maximale Ausfallzeiten sind nicht vorgeschrieben. Zur Gewährleistung der hohen Verfügbarkeit von über 99% hat die SWM für die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Anlagen hohe Wartungsintervalle implementiert und führt die kontinuierliche Fernüberwachung der Anlagenzustände durch. Weiter ist auf die Investitionsstrategie zur Erneuerung von besonders störanfälligen, vom Ausfall bedrohten Aufzuganlagen hinzuweisen, die für eine Minimierung der Ausfallzeiten grundlegend ist. In diesem Zusammenhang wird modernste Technik mit nachhaltig funktionierenden Standardkomponenten kombiniert. Für die Instandhaltung und Erneuerung der Aufzüge wurde darüber hinaus bereits im Jahr 2005 ein nach ISO 9001 zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem eingeführt.“
Frage 3:
Was wird von Seiten aller Verantwortlichen (Aufgabenträger, Besteller, Betreiber) an Verbesserungsmaßnahmen unternommen, um die Ausfallzeiten zu verkürzen?
Antwort der BEG:
„Die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde prüft derzeit die Infrastrukturbedingungen Personenbahnhöfe (INBP), insbesondere im Hinblick auf garantierte Mindestleistungen und Anreize zur Verringerung von Störungen. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft fordert im Rahmen des Prüfverfahrens, dass für Aufzüge eine Mindestverfügbarkeit festgelegt und Störungen pönalisiert werden.“
Antwort der SWM/MVG:
„Die Frage, ob die Stadtwerke München GmbH (SWM) als Betreiber der Aufzüge im Münchner U-Bahnbereich alles unternimmt, um lang anhaltende Ausfälle der Aufzuganlagen zu verhindern, kann definitiv mit Ja beantwortet werden. Dies spiegelt auch der Kommunikationsaustausch mit dem Facharbeitskreis Mobilität wider, dessen Anregungen als Teil der Erneuerungsprogramme veralteter Aufzuganlagen weitestgehend integriert werden. Diese Kontinuierlichen Erneuerungsprogramme sowie eine Strategie von kurzen Wartungsintervallen, ein bestmöglicher Fachkräfteeinsatz und eine optimierte Ersatzteilvorhaltung führen zu der im U-Bahnbereich sehr hohen Verfügbarkeit der Aufzuganlagen von über 99 Prozent.
Trotz all dieser Maßnahmen und einer regelmäßigen sowie gewissenhaften Instandhaltung lassen sich nicht sämtliche Schäden, Stillstände und außerplanmäßigen Reparaturen vermeiden. Ursächlich dafür sind in den wenigen Fällen, in denen es längere außerplanmäßige Stillstände bei Aufzügen gibt, immer technische Gründe.“
Antwort der DB Station & Service AG:
„Die Verfügbarkeit unserer Fördertechnik, die Aufzüge und die Fahrtreppen in unserer Zuständigkeit genießt einen sehr hohen Stellenwert in unserem Unternehmen. Wir werten täglich die Verfügbarkeit aus und klären mit unserem Dienstleister die zeitnahe Wiederinbetriebnahme einer Anlage, sollte sie gestört sein und somit nicht in Betrieb sein.
In den überwiegenden Fällen wird eine gestörte Anlage sehr kurzfristig wieder in Betrieb genommen. Die lange Ausfalldauer des Aufzuges am Rosenheimer Platz stellt hier sicher eine Ausnahme dar, da hier eine umfangreiche Grundinstandsetzung von Nöten war.
Unsere Aufzüge und Fahrtreppen unterliegen auch einer Fernüberwachung, so dass eine Störung sofort von den Verantwortlichen erfasst wird und die Entstörung bzw. Instandsetzung eingeleitet werden kann.
Wir suchen außerdem fortwährend nach Optimierungsansätzen, um die Verfügbarkeit der Anlagen zu erhöhen. Beispielsweise testen wir bald eine neue Kühlungstechnik, um die Aufzüge auch bei extremen Temperaturennoch stabiler halten zu können, da diese bei einer extremen Aufheizung aus Sicherheitsgründen (Vermeidung eines Aufzugstillstandes bei Personen im Aufzug) den Betrieb einstellen.“
Frage 4:
Wie wird insbesondere eine Lösung für das Problem langer Ersatzteillieferfristen gesucht?
Antwort der BEG:
„Hierzu liegen der BEG keine Informationen vor. Für den Betrieb der Aufzüge im S-Bahn-Bereich bzw. das Ersatzteilmanagement ist der Stationsbetreiber (DB Station & Service AG) zuständig.“
Antwort der DB Station & Service AG:
„Das angeratene Ersatzteillager existiert natürlich bereits, wir prüfen aber derzeit, in welchen Bereichen ggfs. eine Aufstockung sinnvoll sein könnte. Weiterhin haben wir die Anzahl der Erneuerungen von Aufzügen und den Fahrtreppen in den nächsten Jahren relevant angehoben; eine Verfügung der Anlagen führt sicherlich zu einer weiteren Steigerung der Verfügbarkeit.“
Frage 5:
Welche Druckmittel haben der Bund (DB-Eigentümer), der Freistaat Bayern (Besteller) und die LHM (ÖV-Aufgabenträgerin, SWM-Eigentümerin), um die Betreiber (DB bzw. SWM) zur Reduzierung von langen Ausfallzeiten bei S- und U-Bahn-Aufzügen zu zwingen?
Antwort der BEG:
„S. Antworten zu Fragen 2. und 3.“
Frage 6:
Wer ist für die systematische Qualitätskontrolle der Aufzugverfügbarkeit bei U- und S-Bahn zuständig?
Antwort der BEG:
„s. Antworten zu Fragen 2. und 3.“
Antwort der SWM/MVG:
„S. Antwort zu Frage 2.“
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten werden konnten.