Fernwärme-Vision 2040 der Stadtwerke München
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Dominik Krause und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 16.10.2018
Antwort Referat für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 16.10.2018 führten Sie als Begründung aus: „Die Stadtwerke München haben im Jahr 2012 die Fernwärme-Vision 2040 bekannt gegeben. Dieser zufolge soll die Münchner Fernwärme im Jahr 2040 komplett CO2-neutral sein. Die Stadtwerke betonen, dieses Ziel mit dem Ausbau der Tiefen-Geothermie erreichen zu wollen, über die genaue Vorstellung des Fernwärme-Mixes und den Weg dorthin ist jedoch noch relativ wenig bekannt.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen nach Rückmeldung der Stadtwerke München GmbH Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie soll der Fernwärme-Vision 2040 zufolge der Fernwärme-Mix im Jahr 2040 aussehen? Welchen Anteil sollen prozentual (bezogen auf den durch Fernwärme gedeckten Endenergiebedarf) Müllverbrennung, erneuerbares Gas und Tiefen-Geothermie ausmachen? Wie hoch wird laut Fernwärme-Vision 2040 der durch Fernwärme gedeckte Endenergiebedarf ungefähr sein?
Antwort der SWM:
„2012 haben die SWM ihre Fernwärmevision vorgestellt, nach der bis zum Jahr 2040 die komplette Fernwärme CO2-neutral erzeugt werden soll, überwiegend aus Geothermie. Inzwischen ist aus der Fernwärmevision schon Realität geworden: In Riem, Sauerlach und Freiham stehen die ersten Geothermieanlagen und liefern Wärme in die Häuser, im Jahr 2020 kommt eine weitere Anlage in der Schäftlarnstraße hinzu.
Nach aktuellen Annahmen gehen die SWM davon aus, dass der durch
Fernwärme gedeckte Endenergiebedarf der Kunden im Jahr 2040 mit Berücksichtigung von Einflüssen des Klimawandels, von Effizienzmaßnahmen (insbesondere Gebäudewärmedämmung) und von Kundenzuwächsen im Fernwärmegebiet ca. 3.250 GWh betragen wird.
Mit dem von SWM geplanten Ausbaupfad könnten bis zum Jahr 2040 80 Prozent des Fernwärmebedarfs mit bereits errichteten und konkret geplan-ten Anlagen ohne klimaschädliche Emissionen gedeckt werden. Bei einer angenommenen Leistung der Tiefen-Geothermie von etwa 365 MW wird diese ca. 65 Prozent der benötigten Wärmearbeit bereitstellen. Etwa 15 Prozent der Wärmearbeit kommt aus der thermischen Abfallverwertung. Diese beiden Erzeugungsarten decken den Bedarf im Sommerhalbjahr (April bis September) vollständig ab. Zudem sind die Maßnahmen in diesem Zeitraum gut planbar und die Technologien in ihrer Realisierbarkeit und Effizienz gut abschätzbar.
Der verbleibende Bedarf von ca. 20 Prozent Wärmearbeit zur Spitzenlastabdeckung im Winterhalbjahr kann aus heutiger Sicht durch verschiedene Technologien bereitgestellt werden. Neben erneuerbaren Gasen (z. B. power-to-gas, p2g) können auch weitere Flexibilitätsoptionen wie beispielsweise power-to-heat (p2h), saisonale Speichertechnologien etc. in das Fernwärmesystem eingebunden werden. Die Weiterentwicklung der technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen in den nächsten zwei Jahrzehnten wird dabei entscheidend für die jeweiligen Anteile sein.“
Frage 2:
Von welchem CO2-Emissionsfaktor für die Fernwärme gehen die Stadtwerke in der Fernwärme-Vision 2040 aus (bitte mit Aufstellung für die jeweiligen Erzeugungen durch Verbrennung von Müll, Gas und Tiefen-Geothermie)? Inwiefern kann sichergestellt werden, dass lediglich erneuerbares Gas (und kein Gas-Mix) genutzt wird und somit die angestrebte CO2-Neutralität gegeben ist?
Antwort der SWM:
„Die SWM geht in der Fernwärme-Vision 2040 von einem CO2-Emissionsfaktor von Null für alle Erzeugungsarten aus. Die CO2-Neutralität von erneuerbaren Gasen wird in der Beschaffung (z. B. über entsprechende Zertifizierungen) sichergestellt.“
Frage 3:
Von wie viel zur Verfügung stehender Energie durch erneuerbares Gas gehen die Stadtwerke nach aktueller Prognose im Jahr 2040 aus? Reicht dies voraussichtlich, um sowohl die an die Fernwärme angeschlossenen großen Verbrennungsanlagen zu versorgen, als auch den CO2-Emissionsfaktor des an die Kundinnen und Kunden weitergegebenen Gases zu verringern?
Antwort der SWM:
„Die SWM gehen davon aus, dass in 2040 ausreichend erneuerbare Gase für den vergleichsweise geringen Restbedarf der Fernwärmeerzeugung (siehe auch Frage 1) am Markt zur Verfügung stehen. Ein möglicher Anteil von erneuerbaren Gasen im Erdgasnetz zur Belieferung von Endkunden ist nicht Gegenstand der Fernwärme-Vision 2040.
In der aktuellen Studie der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) ‚Wärmewende München 2040 – Handlungsempfehlungen‘ wird nur im Zielszenario von der Notwendigkeit einer Beimischung von 10 Prozent erneuerbaren Gasen im Erdgasnetz ausgegangen.“
Frage 4:
Bedarf es nach Ansicht der SWM selbst bei 100% erneuerbarer Fernwärme im Jahr 2040 höherer Energiestandards im Wohnungsbestand? Welche Sanierungsraten wären notwendig, um die vom Stadtrat beschlossenen Klimaziele zu erreichen?
Antwort der SWM:
„Nach Ansicht der SWM liegt ein entscheidender Hebel zur Erreichung der Ziele einer Wärmewende im Gebäudebestand, weniger in einer weiteren Verschärfung bereits hoher Neubaustandards, sondern in der Sanierung und CO2-neutralen Versorgung des Altbestandes. Dabei sollten die Mittel für Sanierungen von Bestandsgebäuden zielgerichtet eingesetzt werden. Außerhalb des Fernwärmegebietes tragen z. B. die Umstellung von Öl auf Gas, die Effizienzsteigerung durch Kesseltausch und Wärmepumpen für Einfamilienhäuser viel zur CO2-Einsparung bei.
Die FfE geht in ihrer oben genannten Studie davon aus, dass im Zielszenario maximal eine jährliche Sanierungsrate von 2 Prozent und eine Kesselaustauschrate von 4 Prozent p. a. realistisch erreicht werden könnte. Dafür wären jedoch erhebliche zusätzliche Anreize und Förderungen zur Sanierung sowie der Abbau von gesetzlichen Hemmnissen im Mietrecht etc. erforderlich. Im Fokus sollten nach Empfehlung der FfE die Auflösung des Mieter-Vermieter-Dilemmas stehen und weiterhin eine Überarbeitung der Mietrechtsnovelle, die die Umstellung fossil betriebener Anlagen auf erneuerbar erzeugte Fernwärme hemmt.“
Ergänzend hierzu teilte das Referat für Gesundheit und Umwelt Folgendes mit:
„Die ‚Fernwärme-Vision 2040‘ der SWM und der darin empfohlene Weg für die Versorgung des Münchner Fernwärmenetzes aus Tiefengeothermieist im Hinblick auf die Erreichung des vom Stadtrat 2017 beschlossenen Ziels der weitestgehenden Klimaneutralität im Jahr 2050 in München aus Sicht des Referats für Gesundheit und Umwelt ausdrücklich zu begrüßen.
Angesichts der dem Gutachten zugrundeliegenden Planung, nach der auch bis zum Jahr 2040 das Stadtgebiet nicht flächendeckend mit Fernwärme versorgt werden wird, bedarf es aus heutiger Sicht im überwiegenden Teil des Stadtgebiets, der außerhalb des Fernwärmegebiets liegt, ebenfalls einer klimafreundlichen Wärmeversorgung und höherer Energiestandards im Wohnungsbau und -bestand, um das Klimaschutzziel der Landeshauptstadt 2050 erreichen zu können. Dazu sind im Neubau möglichst hohe Energiestandards anzustreben, um das Einsparpotential von vornherein zu nutzen und den Sanierungsbedarf in der Zeitspanne bis 2050 möglichst gering zu halten. Unbestritten liegt das größte CO2-Einsparpotential im Bestandsbau und dabei in der energetischen Gebäudesanierung. Diesen Bereich hat die Studie des FfE nur marginal betrachtet. Aus Sicht des Referats für Gesundheit und Umwelt sind im Bestandsbau größere Anstrengungen notwendig als die im Gutachten vorgeschlagene Umstellung von Kohle- auf Gas- Versorgung.
Mit der Weiterentwicklung des ‚Förderprogramms Energieeinsparung (FES)‘ (Sitzungsvorlage 14 - 20/V 11624) hat die Landeshauptstadt bereits entsprechende Förderangebote (z. B. ‚Münchner Gebäudestandard‘ für Neubauten, ‚Münchner Sanierungsstandard 2019‘ mit gestaffelten Fördersätzen, Förderung der Sanierung nach Passivhausstandard im Bestandsbau, Photovoltaikanlagen bei Neu- und Bestandsbauten mit zusätzlicher Unterstützung bei Mieterstromkonzepten) beschlossen.“
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.