„Von wegen Klarheit“! – Eckdaten für den Haushalt 2019 erläutern
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom
22.8.2018
Antwort Personal- und Organisationsreferent Dr. Alexander Dietrich:
Auf Ihre Anfrage vom 22.08.2018 nehme ich Bezug. Sie haben folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Im Juli 2018 wurde dem Stadtrat eine erste Übersicht zu den Planungen des Haushalts 2019 vorgelegt und beschlossen. Das Verfahren, die Fachreferate PERSONALempfehlungsbeschlüsse zum Haushalt 2019 einbringen zu lassen, ist gescheitert und aufgehoben wor- den. Das Prozedere hatte dazu geführt, dass die hohen StellenNEUforderungen der Referate von CSU/SPD pauschal vor Beschlussfassung im Juli 2018 von 1.881 Stellen auf jetzt 683 gekürzt wurden, um den Haushalt der Stadt nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.
Ein maßvoller Stellenmehrbedarf für die Stadtverwaltung ist unstrittig. Aber zu Recht weist die Stadtkämmerei darauf hin, dass eine Stellenausstattung in dieser Größenordnung letztlich zu einer hohen Nettoneuverschuldung führen könnte.
Im Antrag des Referenten zu Punkt 6 und 7 sind Stellenbewirtschaftungsvorgaben beschlossen worden.
Befristete Stellen, die ohne quantitative Bedarfsmessung geschaffen wurden, werden entfristet. Damit könnte eine zu hohe oder auch zu niedrige Arbeitszeitkapazität verbunden sein und die finanzielle Legitimation ist damit in Frage gestellt.
Der Zweck bestimmter (unbefristeter?) Stellen kann jetzt durch Antrag der Referenten, ohne Einbindung der Stadtkämmerei und des Personal- und Organisationsreferates in den Fachausschüssen (SB) aufgehoben werden. Zweckbestimmte Stellen sind aber in der Regel durch politische Erwartungen und Vorgaben bestimmt und es ist zu prüfen, ob die Aufhebung einer Stellenzweckbestimmung mit den dadurch möglichen Folgen der Stadtratsvollversammlung vorbehalten sein muss?
Mit o.g. Änderungen in der Aufgabenbewirtschaftung der Stadtverwaltung könnten Kapazitäten im Personal- und Organisationsreferat und/oder in der Stadtkämmerei freiwerden und/oder wird möglicherweise damit ein Mehrbedarf in den Referaten kreiert?
Der Stadtrat muss grundsätzliche Änderungen in der Personalbewirtschaftung hinterfragen und prüfen, ist er doch Verwalter der Steuergelder, die ihm von den Bürgerinnen und Bürgern vertrauensvoll gegeben werden.“Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie viele befristete Stellen, bei fehlender Stellenbemessung, stehen nun in den einzelnen Referaten zu einer möglichen Entfristung an?
Antwort:
Das Personal- und Organisationsreferat ist derzeit in Abstimmung mit den Referaten. Rund 840 Stellen wurden im Vorfeld des Eckdatenbeschlusses als befristet mit fehlender Bemessung identifiziert. Diese sind aber im Einzelfall zu überprüfen, ob die zugrunde liegende Aufgabe tatsächlich auf Dauer ausgerichtet ist. Eine abschließende Zahl gibt es daher noch nicht. Es werden aber nur Stellen entfristet, wenn sie tatsächlich wegen fehlender Bemessung befristet wurden und der entsprechende Personalbedarf dauerhaft gegeben ist.
Frage 2:
Warum war es nicht möglich, in der Vorbereitung der Stellenbedarfe bzw. der Stellenschaffungen eine Bemessung nach dem vom Personal- und Organisationsreferat vorgegebenen Leitfaden durchzuführen?
Antwort:
Die Referate wurden vom Stadtrat beauftragt, eine Stellenbemessung durchzuführen. Diese liegt auch in der organisatorischen Zuständigkeit der Referate. Die Referate sind gehalten, im Vorfeld der Stellenbemessung mit dem Personal- und Organisationsreferat ein methodisches Klärungsgespräch mit dem Ziel zu führen, die richtige Methode gemeinsam festzulegen. Entsprechend den Vorgaben aus dem Leitfaden Stellenbemessung ist das Ergebnis vom Personal- und Organisationsreferat abzunehmen, d.h. es wird geprüft, ob das vom Referat gewählte Bemessungsverfahren richtig angewandt wurde und ob die Ergebnisse nachvollziehbar sind.
Aufgrund der hohen Zahl der in den letzten Jahren vom Stadtrat beschlossenen neuen Stellen war es den Referaten teilweise nicht möglich, rechtzeitig in die Bemessung einzusteigen und diese vor allem auch abzuschließen.
Durch die anstehenden Entfristungen werden die Referate in die Lage versetzt, künftig im Regelfall nur noch Stadtratsvorlagen vorzulegen, denen eine Stellenbemessung vorausgegangen ist.
Frage 3:
Kann mit den Stellenschaffungen, ohne Stellenbemessung, ein Zuviel oder Zuwenig an Personalkapazität verbunden sein?
Antwort:
Theoretisch ja. Die von den Referaten geforderten Personalbedarfe sind aber – auch wenn keine formelle Stellenbemessung zugrunde liegt – nicht aus der Luft gegriffen, sondern erfolgen seit jeher auf der Basis von Erfahrungswerten und qualifizierten Schätzungen. Die Praxis zeigt deshalb, dass die geschätzten Personalbedarfe und formellen Bemessungsergebnisse oft übereinstimmen oder allenfalls gering voneinander abweichen. Da aber auch Bemessungsergebnisse nicht für alle Zeiten Gültigkeit beanspruchen können, ist es – mit und ohne Bemessung – laufende Führungsaufgabe aller städtischen Führungskräfte, den Personalbedarf kontinuierlich zu überprüfen und gegebenenfalls Korrekturen zu veranlassen.
Frage 4:
Wie viele befristete aufgabengebundene Stellen stehen für den Personalhaushalt 2019 in den jeweiligen Referaten zur Beendigung an?
Antwort:
Dies betrifft zunächst alle Stellen, die im Stellenplan vorgetragen sind mit Befristung spätestens zum 31.12.2019, mit Ausnahme der Stellen, die für eine befristete Aufgabe (z. B. für ein zeitlich befristetes Projekt) eingerichtet wurden.
Grundlage für eine Entfristung der o. g. Stellen ist aber eine dauerhaft anfallende Aufgabe. D. h. im Rahmen der stellenplantechnischen Umsetzung der Entscheidung des Stadtrates wird geprüft, ob die Dauerhaftigkeit der wahrzunehmenden Aufgaben (auch hinsichtlich des Umfangs) und damit eine hinreichende Geschäftsgrundlage für eine Entfristung gegeben ist. Derzeit werden rund 300 derartige Stellen mit Befristungsablauf spätestens Ende 2019 überprüft.
Frage 5:
Wird das Personal- und Organisationsreferat künftig sicherstellen, dass mit der Stellenforderung gleichzeitig eine quantitative Bedarfsermittlung bindend einhergeht?
Antwort:
Das Antragsrecht der berufsmäßigen Stadträtinnen und Stadträte umfasst auch die Beantragung einer zusätzlichen Finanzierung neu einzurichtender Stellen. Sollte ein geltend gemachter Stellenbedarf für das Personal- und Organisationsreferat nicht nachvollziehbar sein, wird der Stadtrat auf diesen Umstand hingewiesen.
Da der Stadtrat durch den Eckdatenbeschluss zum Haushalt 2019 jedoch bereits den Rahmen gesetzt hat, in welchem Umfang Stellenausweitungen je Referat möglich sein sollen, wird das Personal- und Organisationsreferat in diesen besonders gelagerten Fällen aber keine Einwendungen gemäß §59 Abs. 4 GeschO erheben, auch wird keine Befristung solcher Stellen auf drei Jahre gefordert. Die Stadtratsentscheidung, alle Stellen, die bislang aufgrund fehlender Stellenbemessung befristet waren, pauschal zu entfristen, stellt als einmalige Ausnahme für die betroffenen Referate eine erhebliche Erleichterung dar.
Das bedeutet aber nicht, dass Stellenbemessungen künftig entbehrlich wären. Es gilt weiterhin der – in den vergangenen Jahren nicht konsequent durchgesetzte – Grundsatz, dass zusätzliche Personalbedarfe erst nach erfolgter Stellenbemessung in den Stadtrat eingebracht werden dürfen. Das Personal- und Organisationsreferat wird allen Beschlüssen ab dem Jahr 2019, die ab dem Haushaltsjahr 2020 relevant werden, grundsätzlich nur noch zustimmen, wenn dem geltend gemachten Stellenbedarf eine Stellenbemessung nach den Vorgaben des Leitfadens zur Stellenbemessung zugrunde liegt und das Ergebnis nachvollzogen werden kann. Ist dies nicht der Fall, wird das Personal- und Organisationsreferat die Zustimmung nicht erteilen, auch nicht mit der Maßgabe, diese Stellen zunächst nur befristet einzurichten.
Ausnahmen sind natürlich in Notsituationen denkbar, insbesondere dann, wenn die Personalforderungen unabweisbar im haushaltsrechtlichen Sinn sind. In diesem Fall wird dann die Stellenbemessung wie bisher nachzuholen sein.
Frage 6:
Wie viele zweckbestimmte (unbefristete/befristete) Stellen werden in den verschiedenen Referaten ausgewiesen und stehen damit einer Aufhebung des Zwecks/Ziels zur Disposition?
Antwort:
Es gibt in den Referaten mehr als 2.000 Stellen, die zweckbestimmt sind. Es handelt sich dabei um Stellen, die erstmalig ab dem Haushalt 2016 finanziell veranschlagt wurden.
Die Möglichkeit, den Zweckbestimmungsvermerk per Stadtratsbeschluss aufheben zu lassen und eine neue zweckbestimmte Stelle anderweitig einzurichten, wird nach unserer Einschätzung nicht zu größeren Umschichtungen führen. Hierfür ist auch in jedem Einzelfall eine neue Entscheidung der Vollversammlung des Stadtrates erforderlich.Entsprechend dem Willen des Stadtrates ist in der standardisierten Sitzungsvorlage zu beschreiben, für welche Aufgabe die Zweckbestimmung aufgehoben und für welche Aufgabe die freiwerdende Kapazität künftig eingesetzt werden soll. Diese Stellen unterliegen somit wieder einer Zweckbestimmung. Im Nachgang wird den Stellen durch das Personal- und Organisationsreferat ein entsprechender neuer Zweckbestimmungsvermerk im Organisationsstellenplan des jeweiligen Referats beigegeben. Sollte die geplante Maßnahme nicht mit den allgemeinen Haushaltsregeln, insbesondere zur Einhaltung des Stellenplans, vereinbar sein, scheidet das Verfahren der standardisierten, vereinfachten Sitzungsvorlage aus. Alternativ ist ein gesonderter Stellenschaffungsbeschluss unter Benennung einer Gegenfinanzierung in die Vollversammlung des Stadtrats einzubringen.
Frage 7:
Wie wird mit einer in einem Fachausschuss aufgehobenen Zweckbestimmung und dem damit verbundenen Wegfall qualitativer/quantitativer Ressourcen umgegangen?
Antwort:
Für die Entscheidung ist nicht der Fachausschuss, sondern die Vollversammlung zuständig. Legt ein Referat plausibel dar, dass auf eine zweckbestimmte Stelle verzichtet werden kann und der Einsatz an anderer Stelle notwendig ist, wird die Stelle eingezogen und an anderer Stelle geschaffen.
Frage 8:
Fällt mit der Zweckbestimmung auch die Stellenkapazität weg?
Antwort
Siehe Antwort zu Frage 7.
Frage 9:
Lässt die Gemeindeordnung es zu, dass bedeutsame fachliche und finanzielle Entscheidungen in den Fachausschüssen des Stadtrates entschieden werden und damit einem Teil der Stadträtinnen und Stadträte ihrer Mitwirkung entzogen werden?
Antwort:
Die Zuständigkeit für Stellenschaffungen ist in den Kommunalgesetzen und der Geschäftsordnung des Münchner Stadtrats geregelt.
Für Stellenschaffungen ist die Vollversammlung des Stadtrats zuständig. Eine Zuständigkeit der Fachausschüsse ist in diesen Angelegenheiten nicht gegeben, da es sich auch bei der Übertragung der Zweckbestimmung um Stellenschaffungen, hier mit Finanzierungsvorschlag handelt.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.