Vandalismus ist kein Kavaliersdelikt – Politisch motivierte Kriminalität
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Antrag Stadträte Richard Progl (Fraktion Bayernpartei), Manuel Pretzl (CSU-Fraktion) und Dr. Michael Mattar (Fraktion FDP – HUT) vom 27.9.2017
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihr Antrag vom 27.9.2017 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Behandlung zugeleitet.
Ihrem Anliegen ist bereits nach der geltenden Rechtslage des StGB entsprochen.
Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftweg zu beantworten.
Mit Schreiben vom 27.9.2017 haben Sie Folgendes vorgetragen:
„Der Oberbürgermeister setzt sich an geeigneter Stelle für eine Änderung im Strafgesetzbuch ein, so dass sich eine politische Motivation von kriminellen Handlungen künftig strafverschärfend auswirkt. Dies soll auch für den massiv zunehmenden Plakatvandalismus gelten. Begründung:
Im aktuellen Bundestags-Wahlkampf hat der Plakatvandalismus über alle Parteien hinweg extreme Ausmaße angenommen. Es kann hier nicht mehr von Einzelfällen und ‚Lausbubenstreichen‘ die Rede sein, sondern von systematischer, politisch gerichteter Zerstörungswut, die ein Symptom der zunehmenden Verrohung unserer Gesellschaft ist. Eine Bewertung als geringfügige Sachbeschädigung mit nahezu sicherer Einstellung des Verfahrens entspricht nicht mehr der tatsächlichen Signifikanz dieser Taten. Wohin es führen kann, wenn dieser Entwicklung kein Einhalt geboten wird, zeigt der Brandanschlag auf ein Wahlkampf-Mobil der BAYERNPARTEI in der vergangenen Woche. Nur einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, dass in dem völlig ausgebrannten Wagen keine Menschen zu Schaden kamen. Was wäre der nächste Schritt in dieser fatalen Entwicklung?“
Für die Straßenverkehrsbehörde der Landeshauptstadt München werden die geschilderten Beschädigungen an Plakaten nur dann relevant, wenn hierdurch ggf. ein unsicherer Zustand für die Verkehrsteilnehmer entsteht, etwa weil das Plakat im Radweg liegt oder Sichtachsen verstellt werden.Zur Behandlung des Antrags wurde daher um Stellungnahmen des Polizeipräsidiums München, der Staatsanwaltschaft München I und des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz gebeten.
Das Polizeipräsidium München nimmt zum oben genannten Antrag wie folgt Stellung:
„Polizeilich bekanntgewordene Straftaten, die der ‚Politisch motivierten Kriminalität‘ zuzurechnen sind, werden zum Zwecke der Vergleichbarkeit unter bundeseinheitlich definierten Kriterien im Rahmen des ‚Kriminalpolizeilichen Meldedienstes‘ erfasst. Hierbei ist keine Kategorisierung nach dem angegriffenen Objekt vorgesehen. Insofern kann keine datenbasierte Aussage über die Entwicklung der Sachbeschädigungsdelikte an Plakatständern/Plakaten im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München auf Grundlage des geführten Meldedienstes getroffen werden.
Die Anzahl der durchgeführten Wahlen im Jahr, die variierende Anzahl und die politische Ausrichtung kandidierender Parteien, wie auch eine Veränderung im Anzeigeverhalten der einzelnen Parteien sind Faktoren, die die Entwicklung der Deliktszahlen maßgeblich beeinflussen können.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Sachbeschädigungen an Plakaten/Plakatständern politischer Parteien nicht grundsätzlich in einer politischen Motivation begründet liegen.
In den letzten drei abgeschlossenen Berichtszeiträumen von 2014 bis 2016 konnte ein Rückgang politisch motivierter Kriminalität (gesamt) im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München festgestellt werden (Quelle: Jahreslageberichte Bayern des BLKA, Präsidialübersicht PP München, 2014: - 3,38 %, 2015: - 5,32 %, 2016: -1,93 %).
Eine abschließende Aussage für den Berichtszeitraum 2017 kann erst nach Meldeschluss im Jahr 2018 getroffen werden.
Darüber hinaus darf auf den jährlichen Sicherheitsreport des Polizeipräsidiums München verwiesen werden.
Über den Strafrahmen sowie die Einstellungen von Strafverfahren wird seitens der Justiz verfügt. Insofern darf bzgl. der Verfahrensweise auf die Einlassungen seitens des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz sowieder Staatsanwaltschaft München I verwiesen werden. Eine gesonderte Statistik wird seitens des Polizeipräsidiums München nicht geführt.“
Von der Staatsanwaltschaft München I erfolgte die Mitteilung, dass bei der Beschädigung bzw. Zerstörung von Wahlplakaten grundsätzlich keine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit erfolge. Soweit der Täter ermittelt werden könne und nicht sonstige ganz besondere Umstände vorlägen, werde in aller Regel bei Gericht ein Strafbefehl gegen den Täter beantragt. Von Seiten der Staatsanwaltschaft München I erfolgte zudem der Hinweis, dass bereits nach geltender Rechtslage im Rahmen der Strafzumessung die Gesinnung, die aus der Tat spreche, sowie die Motivation des Täters Berücksichtigung fänden, insbesondere gem. § 46 Abs. 2 StGB auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonst menschenverachtende Beweggründe und Ziele.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz teilte mit, dass die Angelegenheit in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes falle und wies ebenfalls auf § 46 Abs. 2 StGB hin.
Nach den Zahlen des Polizeipräsidiums München kann also zum einen insgesamt erfreulicherweise ein Rückgang politisch motivierter Kriminalität festgestellt werden. Zudem werden entsprechende Delikte, soweit ein Täter ermittelt werden kann, auch strafrechtlich verfolgt. Des Weiteren besteht bereits nach geltender Rechtslage über § 46 Abs. 2 S. 2 StGB im Rahmen der Strafzumessung die Möglichkeit, u.a. die aus der Tat sprechende Gesinnung und den bei der Tat aufgewendeten Willen zu berücksichtigen.
Damit ist der im Antrag geäußerten Forderung nach einer strafrechtlichen Berücksichtigung der „politischen Motivation“ bei der Begehung von Straftaten bereits nach der geltenden Rechtslage des StGB entsprochen.
Ich darf Sie um Kenntnisnahme dieser Ausführungen bitten und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.