Wirtshaus-Sterben in den Außenbezirken der Stadt München?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider und Tobias Ruff (ÖDP) vom 23.1.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihrer Anfrage vom 23.1.2018 zur Frage eines möglichen Wirtshaus-Sterbens in den Außenbezirken der Stadt München führten Sie zunächst aus: „Nachdem bereits im Herbst 2017 das Wirtshaus Weyprechthof im Stadtteil Harthof geschlossen hat, wurde nun zum Jahresende mit dem seit 1876 bestehenden Gasthaus Spiegl in Moosach die zweite Traditionsgaststätte im Münchner Norden geschlossen.
In beiden Fällen war für die Öffentlichkeit bisher nicht zu erfahren, ob es sich nur um eine vorübergehende Schließung wegen Renovierungsarbeiten handelt oder ob eine dauerhafte Schließung aufgrund einer geplanten anderweitigen Nutzung des Grundstückes beabsichtigt ist. Nachdem bisher vor allem ländliche Gemeinden vom Wirtshaus-Sterben betroffen waren, stellt sich die Frage, ob dieses nun auch die Münchner Außenbezirke erreicht.
Unbestritten ist die Bedeutung einer Gastwirtschaft als Zentrum sozialen und kulturellen Lebens, von der Familienfeier bis zum Vereinstreffen. Lokale Gastwirtschaften tragen daher erheblich zur Wahrung und Weiterentwicklung der Identität der Münchner Stadtteile bei. Im Übrigen dienen Gastwirtschaften außerhalb der Münchner Innenstadt auch den stadtentwicklungspolitischen Zielen der Entzerrung und Verkehrsvermeidung durch Dezentralität.“
Ihre in diesem Zusammenhang an Herrn Oberbürgermeister Reiter gerichteten Fragen darf ich in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister nachfolgend beantworten:
Frage 1:
Was ist der Stadtverwaltung hinsichtlich der Zukunft der Gastwirtschaften Weyprechthof und Gasthaus Spiegl bekannt? Wird nach Kenntnis der Stadtverwaltung die gastronomische Nutzung für breite Bevölkerungsschichten in naher Zukunft wieder aufgenommen?
Antwort:
Die Betreiberin der Gaststätte „Weyprechthof“ hat den Betrieb aus Altersgründen aufgegeben.
Über künftige Pläne ist dem Kreisverwaltungsreferat nichts bekannt.Der Pachtvertrag für die Gaststätte „Spiegl“ wurde offensichtlich nicht mehr verlängert.
Auch in diesem Fall besitzt das Kreisverwaltungsreferat keine Erkenntnisse über die künftigen Absichten der Eigentümer.
Frage 2:
Erfolgten im Jahr 2017 weitere Schließungen von großen Gastwirtschaften in Gebieten außerhalb des Mittleren Rings, bei denen eine Wiedereröffnung unklar oder evtl. sogar ausgeschlossen ist?
Antwort:
Ein Wirtshaus-Sterben außerhalb des Mittleren Rings ist seitens der Münchner Gaststättenbehörde bislang noch nicht wahrgenommen worden. Es sind auch keine Fälle aus 2017 bekannt, die in diesem Zusammenhang beispielhaft genannt werden könnten.
Aktuell war allerdings der Tagespresse zu entnehmen, dass die Gaststätte „Dobmann‘s“ im Oktober 2018 schließen wird und daraus eine Kindertagesstätte entstehen soll.
Frage 3:
Hat die Stadt eine Möglichkeit, die Nutzung von Räumlichkeiten für Gastronomie nicht nur über das öffentliche Baurecht zu ermöglichen, sondern auch rechtlich vorzuschreiben?
Antwort:
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung teilte hierzu Folgendes mit:
„Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens können wir Gaststätten nicht vorschreiben, sondern lediglich prüfen, ob beantragte Nutzungen planungs- und bauordnungsrechtlich zulässig sind.“
Daneben kann auch mit Mitteln des Gaststättenrechts keine Nutzung eines Immobilienobjektes als Gaststätte vorgeschrieben werden.
Frage 4:
Was unternimmt die Stadt derzeit, um in den Gebieten außerhalb des Mittleren Rings dauerhaft ein gutes Angebot an vollwertigen Gastwirtschaften für breite Bevölkerungsschichten sicherzustellen?
Antwort:
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat Folgendes mitgeteilt:„Das Referat für Arbeit und Wirtschaft kennt die Bedeutung von Gastwirtschaften als Zentrum des sozialen und kulturellen Lebens in den Stadtbezirken und teilt die Ansicht der Antragstellerin und des Antragstellers, dass Gastronomiebetriebe zur Wahrung und Weiterentwicklung der Identität der Stadtteile beitragen. Über die Gründe für die Schließung des Gasthauses ‚Weyprechthof‘ sowie des Wirtshauses ‚Spiegl‘ in Moosach liegen dem Referat für Arbeit und Wirtschaft keine Erkenntnisse vor.
Die Handlungsmöglichkeiten der Stadt München, einen Gastronomiebetrieb zu erhalten, sind sehr begrenzt, wenn sie nicht selbst als Vermieterin auftritt. Gastronomieflächen werden fast immer von privaten Eigentümern oder Investoren angeboten, die in der Regel ein wirtschaftliches Interesse verfolgen. Oft führen die Umnutzung eines Grundstücks durch den Eigentümer (beispielsweise in Wohnungsbau), ein zu hoher Pachtzins bei zu geringen Einnahmen, ein nicht zeitgemäßes Gastronomiekonzept oder auch Konflikte mit Anwohnern aufgrund von Lärmemissionen zur Schließung von Gastronomiebetrieben. Vermieter von Gastronomieflächen informieren in der Regel auch die Stadt nicht vorab, wenn z. B. eine Gaststätte oder ein Wirtshaus geschlossen wird. Insofern liegen auch keine Informationen über weitere Schließungen vor.
Auch aus Gründen der Verkehrsvermeidung wäre es natürlich wünschenswert, wenn Bürgerinnen und Bürger stadtweit vor Ort ein gastronomisches Angebot vorfinden würden, um dort Familienfeiern oder Vereinstreffen wohnortnah abhalten zu können. Deshalb sollte die Stadt im Rahmen der Bauleitplanung und der Baurechtschaffung weiterhin Möglichkeiten für die Errichtung von attraktiven Gastronomieflächen vorsehen.“
Das Kreisverwaltungsreferat sieht zusammenfassend leider keine Möglichkeit einen evtl. auftretenden „Strukturwandel“ durch Umnutzung von Gaststätten rechtlich zu unterbinden.
Es besteht ein Recht und bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ein Anspruch, eine Gaststätte zu betreiben, aber man kann daraus keine Pflicht konstruieren, diese Nutzung dauerhaft aufrecht zu erhalten.