E-Mobilität: Handlungsfeld 5 – ÖPNV
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Dominik Krause, Sabine Krieger und Sabine Nallinger (Fraktion die Grünen/Rosa Liste) vom 30.4.2015
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
Ihr Antrag nimmt Bezug auf die Elektromobilität im ÖPNV und beinhaltet hierzu drei konkrete Punkte. Gemäß Zuständigkeit wurde der Antrag an mich weitergeleitet. Wir möchten uns für die verspätete Antwort entschuldigen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag möchte ich Ihnen aufgrund der Stellungnahme der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) Folgendes mitteilen.
Im Zuge der Erarbeitung der Beschlussvorlagen zur IHFEM Mittelumschichtung sowie zur Fortschreibung des IHFEM 2018-2020 wurden Optionen für das Handlungsfeld 5 – ÖPNV intensiv erörtert. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat weitreichende Maßnahmen im Handlungsfeld 5 beschlossen (Sitzungen vom 14.12.2016 und 26.7.2017), insbesondere für eine erste E-Buslinie (Maßnahme 3.7.1 der IHFEM-Mittelumschichtung) sowie zur weiteren Elektrifizierung des Busverkehrs (Maßnahme 3.6.1.1 des IHFEM 2018). Ergänzend möchten wir zu Ihren drei Punkten Folgendes aufführen.
Punkt 1:
Den Einsatz von Hybridfahrzeugen im Fuhrpark der MVG sowie in anderen Großstädten, die hier Vorreiter sind und der damit verbunden Reduktion von Schadstoffen und Lärmemission, der Wirtschaftlichkeit und der Zuverlässigkeit.
Antwort:
Im Bereich der Antriebstechnik Bus verfolgte die MVG seit Jahrzehnten die Strategie, die jeweils bestmögliche und umweltfreundlichste Technik einzusetzen sowie Beiträge zur Weiterentwicklung zu leisten. So war München die erste Großstadt, in der ausschließlich Linienbusse mit Rußfiltern zum Einsatz kamen. Bereits im Jahre 1989 begannen Testfahrten mit Prototypen der „Diesel-Speicher-Elektro-Busse“. Diese Fahrzeuge können als Vorläufermodelle zum heutigen seriellen Hybridbus angesehen werden, nur dass als Energiespeicher damals ein magnetdynamischer Speicher (Schwungrad) fungierte. Im Jahre 2008 nahm die MVG ihr Engagement im Bereich der hybriden Antriebstechnik erneut auf. Im Rahmen der Modellre-gionen Elektromobilität erfolgten die „Praxiserprobung von Hybridbussen mit unterschiedlichen Antriebs- sowie Energiespeicherkonzepten“ sowie ein Vergleich und die Bewertung dieser Konzepte. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf den Abschlussbericht der „Plattform Innovative Antriebe Bus“, in dem auch die Ergebnisse anderer Betreiber und Städte eingeflossen sind.
Die aus dem Einsatz im täglichen Linienbetrieb gewonnenen Erkenntnisse der hybriden Fahrzeuge boten eine notwendige Grundlage, um fundierte Aussagen bezüglich dieser Antriebstechnik im Bussektor tätigen zu können. Dabei war deutlich festzustellen, dass sich nicht alle im Vorfeld getroffenen Aussagen von Entwicklern und anderen Betreibern bestätigten. Selbst nach einem langjährigen Linienbetrieb blieben die technische Stabilität und damit die Verfügbarkeit hinter der von konventionellen Dieselbussen zurück. Insbesondere bei Gelenkbussen konnten zudem nicht durchgängig die erwarteten CO2-Einsparungen erzielt werden. Eine Wirtschaftlichkeit kann unter diesen Gegebenheiten (hohe Anschaffungskosten, geringe Kraftstoffeinsparungen und Verfügbarkeit) nicht erreicht werden.
Punkt 2:
Den Einsatz der bisherigen Elektrobusse im Fuhrpark der MVG sowie ver- gleichbarer Fahrzeuge in anderen Großstädten die hier Vorreiter sind und der damit verbunden Reduktion von Schadstoffen und Lärmemission, der Wirtschaftlichkeit und der Zuverlässigkeit.
Antwort:
Auch aufgrund der Erfahrungen mit der Hybridtechnologie setzte die MVG bereits früh auf die Erprobung von Zero-Emission-Fahrzeugen. Von Anfang Dezember 2013 bis Anfang Januar 2014 fuhr in München das erste rein batterieelektrische Fahrzeug. Dabei handelte es sich um einen Solobus des chinesischen Herstellers BYD. Einen Monat später, im Februar 2014, folgte mit dem Solaris Urbino 8.9 LE electric ein Midibus für knapp drei Wochen. Mit den Fabrikaten der Hersteller EBUSCO, Bozankaya (heute Sileo), eBUS EUROPA (heute ebe EUROPA) und VDL fuhren von Februar bis Juli 2015 auf der Linie StadtBus 100 vier weitere batterieelektrische Solobusse. Der erste batterieelektrische Gelenkbus im süddeutschen Raum wurde im August 2016 auf der Linie MetroBus 52 erprobt. Die SWM testeten mit Fahrgästen und unter realen Bedingungen insgesamt nicht weniger als sieben verschiedene Elektrobusse im Linienbetrieb – so viele wie in keiner anderen deutschen Stadt.Rund 80% der Verkehrsleistung der MVG (U-Bahn und Tram) wird schon heute elektrisch erbracht, und zwar mit Ökostrom. Auch der Busverkehr soll komplett elektrifiziert werden. Wie schnell das geht, wird maßgeblich von der weiteren technologischen Entwicklung, der Wirtschaftlichkeit sowie der Verfügbarkeit passender Fahrzeuge abhängen. Wir treiben die diesbezüglichen Bemühungen der Hersteller durch Testeinsätze und Entwicklungspartnerschaften z.B. mit MAN und Ebusco aktiv voran und nutzen Fördergelder für die Beschaffung weiterer Elektrobusse. Die Fahrzeuge sind aktuell noch rund doppelt so teuer wie herkömmliche Busse.
Bereits Ende 2015 erfolgte die Ausschreibung für die ersten beiden Elektrobusse für den Linienbetrieb. Beide zwölf Meter langen Solobusse des niederländischen Herstellers Ebusco sind mittlerweile im Fahrgastbetrieb auf der Linie 100 unterwegs. Die Solobusse nutzen Lithium-Eisen-Phosphat-Akkumulatoren mit einer Kapazität von rund 300 Kilowattstunden als Energiespeicher. Die Ladung der Batterien erfolgt über Nacht im Betriebshof. Die Reichweite der Busse soll bei vollem Energiespeicher mindestens 250 Kilometer betragen. Da beide Busse erst seit wenigen Monaten im Einsatz sind, wäre eine aktuelle Bewertung der Batteriefahrzeuge verfrüht. Ziel ist ein Langzeiteinsatz mit begleitender Evaluation. Ende 2019 sollen genügend Fahrzeuge zur Verfügung stehen, um eine erste E-Buslinie zu betreiben. Eine Ausschreibung für die Beschaffung von weiteren E-Bussen wurde daher bereits angestoßen, darunter auch erstmals größere Fahrzeuge – Gelenkbusse mit 18 Meter Länge für 100 Fahrgäste.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Anteil des Busverkehrs unter 1 Prozent der Gesamtverkehrsleistung in München beträgt. Die „Brücke“ zwischen „alter“ Dieseltechnologie und „neuer“ E-Technologie stellt der konventionelle Euro 6 Bus dar. Die MVG und ihre Kooperationspartner beschaffen schon seit Jahren nur noch Euro 6 Busse. Bei diesen Bussen beträgt der reale durchschnittliche NOx-Ausstoß bei einer durchschnittlichen Auslastung nur noch ca. 30 mg pro Personenkilometer. Beim PKW beträgt dieser Durchschnittswert ca. 414 mg pro Personenkilometer. Entscheidend ist der massive Ausbau des ÖPNV, um noch mehr Autofahrer zu Bus- und Bahnkunden zu machen. Das ist im Übrigen im Kern der Metropolregion München auch aus Gründen der Flächeneffizienz unumgänglich.
Punkt 3:
Die Erfahrungen anderer (vornehmlich asiatischer) Großstädte mit dem Einsatz von Elektrobussen basierend auf Energiespeicherung durch Supercaps und somit der Aufladung durch an den Haltestellen eingelassenen Induktionsschleifen. Außerdem wird darum gebeten, diese im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus in Bezug auf Wirtschaftlichkeit darzustellen.
Antwort:
Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass eine Praxiserprobung neuer Technologien in der eigenen Flotte in München für die Bewertung von Entwicklungen im Fahrzeugbereich essentiell bleibt. Beispiele aus anderen Ländern und Städten sind leider nur eingeschränkt auf München übertragbar aufgrund teils sehr unterschiedlicher Rahmenbedingungen wie Topographie und Klima. Die kühlen Wintermonate in München lassen den Energiebedarf steigen und können zu einer deutlichen Reduktion der Reichweite bei Elektrobussen führen.
Doppelschichtkondensatoren (Supercaps) können aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte schnell Energie aufnehmen und abgeben. Daher werden sie u.a. zur Unterstützung beim Anfahren eingesetzt. Als Energiespeicher sind sie weniger geeignet, da sie im Vergleich zu Akkumulatoren gleichen Gewichts über eine wesentlich geringere Energiedichte verfügen. Supercaps sind bereits bei der MVG im Einsatz. 2016 gingen die ersten Niederflur-Gelenkbusse von Mercedes-Benz in Betrieb, die dank Bremsenergierückgewinnung besonders energieeffizient sind. Die Gelenkbusse vom Typ „Citaro 2“ haben ein sogenannten Rekuperationsmodul eingebaut, mit dem beim Bremsen Energie zurückgewonnen und in Hochleistungskondensatoren (Supercaps) zwischengespeichert wird. Genutzt wird diese kostenlose Energie dann zum Beispiel beim Anfahren. Der Kraftstoffverbrauch konnte dadurch um rund 3% gesenkt werden. Mittlerweile sind 20 dieser Fahrzeuge im Einsatz und 15 weitere gehen in Kürze in den Fahrbetrieb.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass wir in München jeweils die umweltfreundlichste Technik verwenden, die auch die Anforderungen im regulären Linienbetrieb erfüllen. Wir sind trotzdem bemüht, alle neuen Technologien zu testen, und werden, sobald die Einsatzreife gegeben ist, selbstverständlich unseren Fuhrpark entsprechend umstellen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.