Gefährliche Chemikalien minimieren III – Münchner Kinder in Kindergärten und Schulen vor gefährlichen Chemikalien schützen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff (ÖDP), Herbert Danner, Gülseren Demirel, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) und Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) vom 27.9.2017
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine Beantwortung auf diesem Weg erfolgt.
Sie haben in Ihrem Antrag darum gebeten, dass die Stadtverwaltung und die Leitungen von Schulen, Kindergärten und Krippen, Einrichtungsgegenstände, Möbel, Spielsachen etc. nach ökologischen Kriterien beschaffen und gefährliche Chemikalien als Inhaltsstoffe vermeiden.
Zu Ihrem Antrag teile ich Ihnen Folgendes mit:
Durch die Beschaffungsordnung der LHM mit dem Verweis auf die Umweltrichtlinien der Bayerischen Staatsregierung ist festgelegt, dass dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes besonders Rechnung getragen wird. Es sind, soweit wirtschaftlich vertretbar, umweltfreundliche Produkte zu beschaffen.
Die zu beschaffenden Produkte sind unter anderem im Hinblick auf Vermeidung von Emissionen, Reduzierung von Gefahrstoffen, Verhalten im Brandfall sowie auf Wirkung auf Menschen, Tiere, Pflanzen und Materialien zu prüfen und vergleichend zu bewerten.
Durch die Abgabe eines Angebotes verpflichtet sich der Bieter, dass die ausgelieferten Artikel den neuesten einschlägigen Vorschriften, wie zum Beispiel Umwelt- und Gesundheitsvorschriften, entsprechen.
Die Beschaffungsordnung (BeschO) regelt die Zuständigkeiten zwischen den Bedarfsstellen und den zentralen Vergabestellen bei der Beschaffung von Leistungen. Danach ist die Vergabestelle 1 für die Beschaffung von Möbeln und Einrichtungsgegenständen für Schulen, Kindergärten und Krippen zuständig.Unter 1.5 der BeschO sind die Gesichtspunkte des Umweltschutzes geregelt. Die „Richtlinien der Bayer. Staatsregierung über die Berücksichtigung von Umweltgesichtspunkten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ (Umweltrichtlinien) sind dabei zu beachten.
Diese sieht u.a. die Beschaffung emissionsarmer Polstermöbel, Holzwerkstoffplatten, Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen sowie textile Bodenbeläge vor.
Die „Liste der Stoffe, deren Verwendung durch Stadtratsbeschlüsse (über bestehende gesetzliche Vorgaben hinaus) verboten oder auf besondere Ausnahmefälle beschränkt ist“, sieht u.a. bei Beschaffungen vor:
- Verbot von FCKW
- Verwendung von Holzwerkstoffen E 1 oder emissionsärmer (Formaldehyd)
- Verzicht auf Lindan (Holzschutzmittel)
- Keine Verwendung von Lösungsmitteln in städt. Gebäuden
- Verbot von PVC
- Verbot von Tropenholz
Der „Bauleitfaden für städtische Hochbauprojekte“ vom Baureferat sieht u.a. bei Beschaffungen vor:
-analog der oben genannten Einschränkungen/Verbote zusätzlich zur Vermeidung von Butanonoxim im Innenraum sind oximvernetzende bzw. -haltige Produkte auszuschließen.
Durch diese Vorgaben werden beim Beschaffungsvorgang gefährliche Chemikalien als Inhaltsstoffe vermieden bzw. ausgeschlossen.
Darüber hinaus wird basierend auf dem Stadtrats-Beschluss „Bericht zur Weiterentwicklung der nachhaltigen Beschaffung der Landeshauptstadt München und zur Förderung des fairen Handels in München. Vorschlag für das weitere Vorgehen.“ (14-20/V 04519) vom 20.1.2016 das erreichte, hohe Niveau bei der nachhaltigen Beschaffung stetig weiter ausgebaut. Neben Bewusstseinsbildung, z. B. in Form von Schulungen, werden verstärkt ökologische und soziale Kriterien bei Ausschreibungen berücksichtigt.
Die EU-Kommission hat eine neue Bemessungsgrundlage eingeführt. Bisher setzten die Grenzwerte beim Menschen an (Bioverfügbarkeitsgrenzwerte in µg/Tag). Neu ist nun, dass die Richtlinien beim Produkt ansetzen und somit den Migrationsgrenzwert (in mg/kg) definieren.
Ferner, wahrt Deutschland, wie bisher, im Gegensatz zur EU-Spielzeug- richtlinie, höhere Schutzstandards bei: Blei, Arsen, Quecksilber, Barium, Antimon und Nitrosaminen.Bei KITA gelten darüber hinaus für die Beschaffung von Spielzeug- und Beschäftigungsmaterial unter anderem folgende Normen zur Spielzeugsicherheit:
-DIN EN 71-2: Entflammbarkeit
-DIN EN 71-3: Migration der Elemente Aluminium, Antimon, Arsen,
Barium, Bor, Cadmium, Chrom(III), Chrom(VI), Cobalt, Kupfer, Blei, Mangan, Quecksilber, Nickel, Selen, Strontium, Zinn, Organozinnverbindungen und Zink aus Spielzeugmaterialien und Spielzeugteilen
-DIN EN 71-7 Anforderungen an Fingermalfarben
-DIN 53160: Speichel- und Schweißechtheit, zwei wichtige Kriterien bei der Beurteilung, ob ein Spielzeug aus Holz für Kinder geeignet ist -keine Weichmacher gemäß REACH Verordnung
Die genannten Anforderungen werden den Rahmenverträgen zu Grunde gelegt.
Benötigt eine städtische Kindertageseinrichtung oder Schule darüber hinaus Materialien, die nicht im Rahmenvertrag gelistet sind, so wird zunächst überprüft, warum die Rahmenvertragsartikel unzureichend sind. Gibt es eine plausible Notwendigkeit, so wird die Unbedenklichkeit überprüft. Natürlich müssen die oben beschriebenen Vorschriften auch für die Beschaffung von Produkten außerhalb des Rahmenvertrages erfüllt sein. Im Zweifelsfall wird zum Beispiel die Emissionsberatungsstelle des Referates für Umwelt und Gesundheit hinzugezogen, bevor das gewünschte Produkt bestellt wird. Mitunter werden auch Gutachten bei den Herstellerfirmen angefragt. Bestätigen diese die Unbedenklichkeit der Produkte für die angedachte Nutzung, so können auch diese bestellt werden.
Ansonsten muss ein Alternativprodukt gefunden werden.
Zusätzliche Informationen über unsichere Produkte und gefährliche Spielsachen werden regelmäßig über das sog. Rapid Alert System (europäisches Schnellwarnsystem) eingeholt.
Es ist dem Referat für Bildung und Sport ein sehr großes Anliegen, dass die Kinder nicht nur in den städtischen, sondern in allen Kindertageseinrichtungen und Schulen gesund aufwachsen können. Daher ist es wichtig, dass bereits bei der Beschaffung von Einrichtungsgegenständen, Möbeln und Spielsachen auf ökologische Aspekte und möglichste Schadstofffreiheit geachtet wird.
Fragwürdig erscheint die Nutzung der benannten App „Tox Fox“ des BUND. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. ist eine nichtstaatliche Umwelt- und Naturschutzorganisation, die ihrem Wertekanon getreu entsprechend unabhängig und neutral agiert. So wird davon ausgegangen, dass jeder Nutzer ein IOS-System (ab 8.0 oder höher) zur Verfügung hat, denn nur mit diesem System ist die App kompatibel. Entscheidender ist jedoch die Tatsache, dass sich die Warnung der App auf gerade einmal 16 hormonell wirksame Stoffe bezieht, alle anderen potentiellen Giftstoffe werden bei „Tox Fox“ außer Acht gelassen. Auch die direkte „Giftanfrage“ beim Hersteller (der bis zu 45 Tage Zeit für eine Rückmeldung hat) erscheint wenig hilfreich.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.